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MELDUNG/029: Dresdner Kameliensammlung unter Denkmalschutz (DMG)


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Dresdner Kameliensammlung unter Denkmalschutz

- Die Pillnitzer Kamelie öffnet im Februar ihre 35.000 Blüten
- Seidelsche Sammlung in Pirna-Zuschendorf


Geschichte einer deutschen Kamelien-Gärtnerei im Dresdner Sandstein Verlag erschienen Weltberühmt wurde die "Kamelie" durch die Literatur: In Alexandre Dumas "Die Kameliendame" trägt die morbidschöne Heldin den Namen der prächtigen Blume. Die Kamelie (Camellia japonica), auch als "Chinarose" bezeichnet, ist eine Pflanzenart in der Familie der Teestrauchgewächse und in Ostasien beheimatet. Die ersten Pflanzen gelangten vermutlich im 16. Jahrhundert durch portugiesische Seefahrer nach Europa. Seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts breiteten sich Kameliensorten in Schlossgärten (London, Uppsala, Neapel) aus und zwischen 1770 und 1790 gelangten sie nach Deutschland. Eines der damals berühmtesten Exemplare, die sogenannte Pillnitzer Kamelie ist eine Wildform und soll durch Karl Peter Thunberg von seiner Reise aus Japan nach Kew Gardens, London mitgebracht worden sein. Von dort gelangte sie als fürstliches Geschenk nach Dresden und wurde im Park von Schloss Pillnitz im Jahre 1801 ausgepflanzt.


Dresden war das führende Anbauzentrum in Europa

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Dresden zum führenden Anbauzentrum für Kamelien in Europa. Das ist der berühmten sächsischen Gärtnerfamilie Seidel zuzuschreiben. Der Dresdner Gartenbau war einst weltberühmt. Der königliche Hofgärtner Johann Heinrich Seidel beherbergte 1806 im Herzogin-Garten 4.300 Pflanzenarten und -sorten, eine der größten Sammlungen seiner Zeit. Bei ihm blühte nicht nur die erste Dahlie in Deutschland, auch wird bereits 1792 eine blühende Kamelie erwähnt. Gemeinsam mit Johann Wolfgang von Goethe arbeitete er zur "Metamorphose der Pflanzen".

Einer der vier Söhne des Dresdner Hofgärtners Johann Heinrich Seidel, Jacob Friedrich, hatte während seiner Ausbildungszeit im "Jardin des Plantes" in Paris den Wert der Kamelie, die bisher nur in botanischen Gärten gehalten wurde, als winterblühende Pflanze erkannt und brachte sie 1812 mit nach Dresden. Jacob Friedrich Seidel gründete gemeinsam mit seinem Bruder Traugott Leberecht in der Kleinen Plauenschen Gasse eine Gärtnerei, die sich zunehmend auf Kamelien spezialisierte. Es entstand nicht nur die erste Spezialkultur des deutschen Zierpflanzenbaus unter Glas; Seidel leitete damit auch generell die Ablösung der bis dahin üblichen "Nutzgärtnereien" durch die sogenannten "Kunst- und Handelsgärtnereien" ein, die nur von der Ziergärtnerei lebten. Seidels Kameliensortiment stieg von 19 Sorten im Jahre 1824 auf 1.100 Sorten im Jahre 1842 bei einem Produktionsumfang von jährlich 100.000 Stück.


Weltruf von Seidels Gärtnerei

Seidels Gärtnerei wurde Anziehungspunkt für zahlreiche Besucher im Frühjahr, da der Seidelsche Kamelienflor den Ruf einer europäischen Sehenswürdigkeit genoss. Zahlreiche hochstehende Persönlichkeiten aus Russland und Österreich-Ungarn pflegten auf der Durchreise nach Paris in Dresden Station zu machen, um die Kamelien zu besichtigen und Einkäufe zu tätigen. Zum Weltruf, den Dresdner Kamelien damals erlangten, trugen auch zahlreiche in- und ausländische Ausstellungen, z.B. der Gartenbaugesellschaft "Flora" bei, auf denen Pflanzen von "Kamellien-Seidel" nicht fehlen durften und zu deren maßgeblichen Initiatoren er und sein Sohn Herrmann Seidel gehörten. Das von Seidel ausgewählte Sortiment blieb im 20. Jahrhundert weitestgehend erhalten und konnte durch das verantwortungsvolle Handeln der Gärtner über den Zweiten Weltkrieg hinweg gerettet werden. 1946 wurde der Seidelsche Betrieb enteignet. In der nun staatlichen Gärtnerei wurden die Züchtungsarbeiten fortgesetzt. Kamelien wurden in Dresden vorwiegend in den Sorten "Chandlers Elegans" und "Lady Campbell" bis 1989 produziert und exportiert.

Nach dem politischen Umbruch liquidierte die Treuhandgesellschaft die ehemalige Seidelsche Gärtnerei und wandelte das Gelände in einen Wohnbaustandort um. Dank der Fürsorge der mit der Sortensammlung betrauten Gärtner des damaligen VEG Saatzucht Zierpflanzen Dresden konnte das Seidelsche Sortiment erhalten und in das Landschloss Pirna-Zuschendorf überführt werden.

1993 wurde die Seidelsche Kameliensammlung unter Denkmalschutz gestellt und ist heute Eigentum des Freistaates Sachsen. Im Vergleich zu anderen Sammlungen, die meist das gesamte Spektrum der Vielfalt bei Kamelienarten und -sorten zeigen, stellt sie einen kleinen, historisch bedeutsamen Ausschnitt aus der Geschichte der Kamelienzüchtung und der Produktionsgeschichte Sachsens dar. Sie liefert auf Grund des relativ reinen, unverfälschten Sortenmaterials einen wertvollen Genpool für die Züchtung. Durch die Unterzeichnung der Übereinkommen der UN-Konferenz "Umwelt und Entwicklung" von 1992 in Rio de Janeiro hat sich Deutschland verpflichtet, genetisch wertvolle Schutzsammlungen wie die in Zuschendorf zu erhalten. Auf einer Glasfläche von 1.500 Quadratmetern präsentiert sich die Sammlung von etwa 220 Sorten und Arten jährlich ab März den Besuchern.


Die Pillnitzer Kamelie

Die mehr als 220 Jahre alte Pillnitzer Kamelie beginnt Mitte Februar an zu blühen. Besucher können die "Grande Dame" des Schlossparks Pillnitz täglich in all ihrer Pracht im Schutzhaus bewundern. Das Kamelienhaus, das im Winter Schutz vor Frost und Schnee garantiert, öffnet dann für zwei Monate seine Türen. Die Pflanze misst etwa 8,60 Meter in der Höhe und elf Meter im Durchmesser. Bis zur vollen Blüte könnten es bis zu 35.000 wunderschöne Blumen werden. Seit 1992 hat die Kamelie in Pillnitz ein bewegliches Schutzhaus mit Klimacomputer, in dem sie von Oktober bis Mai bei Temperaturen von vier bis sechs Grad überwintert. Nach den Eisheiligen wird das fahrbare Glashaus zur Seite gerollt.


Die Kamelien im Königsbrücker Schloss

Auch in Königsbrück bei Dresden gibt es ein "Kamelienhaus". Im Staatsarchiv Dresden befinden sich Akten, die belegen, dass von 1728 bis 1746 die Standesherrschaft des Grafen von Friesen umfangreiche Renovierungsarbeiten am Schlossgarten und der schönen und göttlichen Orangerie, nebst dem Bau zwei neuer massiven Gewächshäusern in Königsbrück, durchführen ließ. Dort wurde 1846 das Kamelienhaus eingerichtet. Dazu gab es ein Dampfkesselhaus mit Blumenzuchtgebäude. 1996 befanden sich die Königsbrücker Kamelien in akuter Gefahr. Durch Baumaßnahmen am Schloss entfiel die Wärmeversorgung des Gewächshauses. Ein Ausgraben der Pflanzen war durch die Größe und der starken Verwachsungen im Mauerwerk nicht möglich. Für die Bezahlung eines Gärtners war kein Geld vorhanden. Eine mobile Ölheizung wurde installiert, deren Finanzierung sich zu einem Drittel der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) und zu zwei Dritteln das Kamenzer Landratsamt teilten. Der Hausmeister des ASB schaute in der Woche nach dem Rechten und für die Wochenenden fanden sich Mitglieder des Heimatvereins. Inzwischen hat sich viel getan im Königsbrücker "Kamelienhaus". Die Heizungsanlage wurde zurückgebaut, eine automatische Beschattungsanlage installiert, das Hochbeet abgerissen und viele neue Kamelien gepflanzt.

Jetzt stehen in Königsbrück fünfzehn siebenjährige Spalierkamelien, neun 50- und 90-jährige sowie drei über 180-jährige Stämme. Eine Zusammenstellung dieser Art soll es in Deutschland kein zweites Mal geben. Jedes Jahr immer sonntags von Ende Januar bis Anfang April ist die Vielfältigkeit und Farbenpracht der Kamelien im Gewächshaus des Königsbrücker Schlosses zu bewundern.

Die Geschichte der Dresdner Gärtnerei Seidel mit umfangreichen Informationen zum Weg der Kamelie nach Europa ist ein dem Buch "Der Kamelienwald" von Mustafa Haikal im Dresdner Sandsten Verlag erschienen (ISBN-978-3-942422-17-8).

Weitere Informationen im Internet unter:
www.schloesser-dresden.de/index.php?entry_id=10
www.kamelienschloss.de/kamelien.html
www.heimatverein.westlausitz-net.de/kamelien/geschichte.html
www.sandstein-verlag.de


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Quelle:
Dresden Infoservice Januar 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Februar 2011