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MELDUNG/090: Wie Pflanzen ihre Abwehrkräfte stärken (idw)


Universität Bielefeld - 12.06.2013

Wie Pflanzen ihre Abwehrkräfte stärken

Biologen der Universität Bielefeld entdecken Wirkmechanismus



Nicht nur Menschen, auch Pflanzen leiden unter Stress. Lichtüberschuss, Wassermangel, Hitze und Schädlinge sind Beispiele von Umweltfaktoren, die oft zeitgleich auf Pflanzen einwirken, ihre Fitness beeinträchtigen und den landwirtschaftlichen Ertrag verringern. Pflanzen erkennen diese Umweltfaktoren und starten Reaktionsprogramme, um zu überleben und ihre Fitness zurückzugewinnen. Kontrolliert werden diese Programme von Pflanzenhormonen. Nun haben die Bielefelder Biologen Professor Dr. Karl-Josef Dietz und Dr. Andrea Viehhauser innerhalb eines internationalen Forschungsprojekts einen bislang unbekannten Mechanismus entdeckt: Sie konnten nachweisen, wie Pflanzen nach Verwundung und unter ungünstigen Umweltbedingungen ihre Abwehrkraft mithilfe des Pflanzenhormons Oxophytodiensäure stärken. Die Befunde wurden am 4. Juni in der Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America" veröffentlicht.

Oxophytodiensäure ist die Vorstufe des Pflanzenhormons Jasmonsäure. Bereits seit Anfang der Achtzigerjahre ist bekannt, dass Jasmonsäure, der Grundstoff des Jasmindufts, Abwehrreaktionen nach Verwundung und gegen Fressfeinde steuert. Und seit 1993 wurde vermutet, dass Oxophytodiensäure ebenfalls derartige Signale aussendet. Diesen Verdacht konnten Dietz und Viehhauser nun bestätigen und den molekularen Mechanismus aufklären: Oxophytodiensäure bindet in den Chloroplasten, dem Ort der Photosynthese, an das Protein Cyclophilin 20-3 und fördert den Aufbau von Antioxidantien. Die Antioxidantien aktivieren in diesem Fall die Abwehrgene im Zellkern und steigern so die Widerstandskräfte der Pflanze. Die Entdeckung ermöglicht innovative Ansätze zur Erhöhung der Toleranz von Pflanzen gegenüber Umweltstress. Dadurch könnten beispielsweise Ernteerträge von Pflanzen gesteigert werden. Karl-Josef Dietz und Andrea Viehhauser, beide tätig am Lehrstuhl für Biochemie und Physiologie der Pflanzen der Universität Bielefeld, beschäftigen sich seit etwa sechs Jahren mit diesem Thema.

"Interessant ist, dass Oxophytodiensäure an die Proteinklasse der Cyclophiline bindet. Denn in der Biologie waren Cyclophiline bislang vor allem in einem anderen Kontext bekannt", sagt Professor Dietz. "Ursprünglich waren sie im menschlichen Organismus gefunden worden, wo sie unter anderem an Abstoßungsreaktionen nach Organtransplantationen beteiligt sind." Das menschliche Cyclophilin A und das pflanzliche Cyclophilin 20-3 sind verwandt und haben ähnliche Wirkmechanismen. Der neue Befund ist aber ein Beispiel dafür, wie unterschiedlich die Funktionen zweier verwandter Proteine sein können: Während das pflanzliche Protein in Verbindung mit dem Pflanzenhormon für die Abwehrkräfte der Pflanze förderlich ist, hat das menschliche Protein eine nach Organtransplantationen und bei der Tumorentwicklung unerwünschte Wirkung.

Originalveröffentlichung:
Sang-Wook Park, Wei Li, Andrea Viehhauser, Bin He, Soonok Kim, Anders K. Nilsson, Mats X. Andersson, Joshua D. Kittle, Madana M. R. Ambavaram, Sheng Luan, Alan R. Esker, Dorothea Tholl, Daniela Cimini, Mats Ellerström, Gitta Coaker, Thomas K. Mitchell, Andy Pereira, Karl-Josef Dietz, Christopher B. Lawrence,
"Cyclophilin 20-3 relays a 12-oxo-phytodienoic acid signal during stress responsive regulation of cellular redox homeostasis".
Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 110: 9559-9564, 4. Juni 2013:
http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1218872110

Weitere Informationen unter:
http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1218872110

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Bielefeld, Ingo Lohuis, 12.06.2013
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juni 2013