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KOMMENTAR/092: Schadstoffe in der Ernährung vermeiden - um jeden Preis (SB)


Das neue Mittelalter -

Wer arm ist muß früher sterben


Essen, d.h. die Zuführung von Nahrung, ist heutzutage nichts anderes mehr als Streß und körperliche Belastung. Wer hat angesichts saisonal immer wiederkehrender Lebensmittelskandale wie Maul- und Klauenseuche oder BSE bei Rindern, Antibiotika in Shrimps und Honig, Hormonen in Schweinefleisch, Acrylamid in Knäcke, Chips und Pommes, Nitrofen in Ökoweizen, Dioxin und Tetracyclinen in Eiern und all den anderen Schweinereien noch Lust auf ein erlesenes Menü? Wer von Freund oder Freundin zu einem romantischen Dinner bei Kerzenlicht eingeladen wird, muß inzwischen damit rechnen, daß es sich um die eigene Henkersmalzeit handelt. Lebensmittel sind nicht nur zu einem unkalkulierbaren Risiko, sie sind biologische Waffen geworden. So stellt es sich jedenfalls beim Studium der Medien über die Jahre dar.

Da aber jeder Mensch auf eine regelmäßige Zufuhr von Nährstoffen angewiesen ist, wird er inzwischen dazu gezwungen, giftige, verseuchte oder mit Krankheitserregern belastete Lebensmittel zu essen, zumindest, wenn er nicht über eine entsprechend ausgestattete Geldbörse verfügt und entsprechend überwachte hochwertige Bio-Nahrung erwerben kann. So wurde zwar schon in einer Pressemitteilung der Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. vom 7. Oktober 2002 behauptet:

Das Risiko ist aber objektiv gesehen eher gering, und Lebensmittel bieten eine große Chance: Nichts und niemand hindert uns daran, das Angebot von hochwertigen und gesunden Lebensmitteln zu nutzen und mehr mit Verstand zu essen. Dazu ist notwendig, dass wir als Verbraucher unsere Einstellung zum Thema Lebensmittel und Essen überdenken.
(idw, 7. Oktober 2002)

Konsequent zuende gedacht werden mit diesem scheinbar gutgemeinten Rat und der wiederholten Versicherung, daß die meisten preiswerten Lebensmittel inzwischen ungenießbar seien, gezielte Maßnahmen eingeleitet und es wird von längst bestehenden Entwicklungen abgelenkt, die nichts mehr mit einer Chance für den einzelnen Menschen zu tun haben. Im folgenden ein paar Gedanken dazu:

Fakt ist, daß die nachweislich einzig hochwertigen und gesunden Lebensmittel für die meisten Menschen inzwischen unbezahlbar geworden sind. Die große Chance Gesundheit ist somit nur noch einer wohlhabenden Minderheit zugänglich.

Wer nicht über entsprechende Mittel verfügt, nur kontrollierte Qualitätsware einzukaufen, aber wie jeder Mensch Tod und Sterben fürchtet, ist natürlich entsprechenden Ratschlägen oder Informationen, wie er dennoch beispielsweise durch ein verändertes Verhalten den gefürchteten Schaden minimieren kann, viel leichter zugänglich.

Nun sollen aber viele vermeintlich krebserregende oder mutagene Substanzen in den Lebensmitteln erst bei entsprechend "unsachgemäßer" Zubereitung entstehen, z.B.:

- Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe beim Grillen,

- heterozyklische aromatische Amine beim scharfen Anbraten von Fleisch,

- Nitrosamine beim Erhitzen von gepökelten Lebensmitteln und

- Acrylamid beim starken Erhitzen und Fritieren von stärke- und fetthaltigen Produkten über 170°Celsius.

Da der Mensch aber an diese "unsachgemäße" Art der Essenszubereitung seit Erfindung des Feuers und damit auch an die dabei entstehenden Gifte gewöhnt ist, und zudem niemand mit Sicherheit eine Erkrankung (beispielsweise Krebs) auf ein kräftig bzw. gut durchgebratenes Steak, das er vor 20 Jahren gegessen hat, zurückführen kann (so lange ist nämlich letztlich die Latenzzeit), ist ein Plädoyer für schonend gegarte Krankenkost, um bestimmte chemische Reaktionen zu vermeiden, letztlich nicht nur kalter Kaffee, wie viele glauben, sondern eiskaltes Kalkül.

Es ist kaum anzunehmen, daß es der Gesundheit eines Menschen wirklich zuträglich ist, wenn ihm die Freude am Essen auch noch durch eine aufgedrängte, naturgemäß wenig schmackhafte Zubereitungsform genommen wird, zumal die Toxizität oder Cancerogenität der oben erwähnten Schadstoffe für den Menschen keinesfalls feststeht. Der Verdacht auf cancerogene Stoffe wird ausschließlich mit unverhältnismäßig hohen Dosen synthetisch erzeugter Vergleichssubstanzen an bestimmten Ratten und Mäusen getestet, die ohnehin eine genetische Disposition für diese Erkrankung besitzen, die ihnen außerdem meist noch künstlich durch Gentransfer beigebracht oder angezüchtet wurde. Auf diese Weise läßt sich beinahe mit jedem Stoff in entsprechender Dosierung ein Verdacht auf Cancerogenität wissenschaftlich bestätigten (wenn auch diese Versuche offiziell nicht als Beweis für die Gefährlichkeit der Substanz gelten).

So sollte man wohl eher vermuten, daß auf dem unlauteren Weg der verdeckten Androhung von Krankheit und Siechtum eine Kontrolle über die Nahrungszubereitung bzw. geringere Garzeiten und letztlich also über den Energieverbrauch in den Haushalten erreicht werden soll.

Auch die weiteren Tips, die immer wieder durch Pressemitteilungen zur öffentlichen Verbreitung nahegelegt und von braven Journalisten wunschgemäß aufgebauscht und veröffentlicht werden, lassen andere Gründe als den eigenen Schutz vor Krankheit vermuten, zumal eine konsequente Befolgung dieser Ratschläge gesamtwirtschaftliche Nachteile mit sich brächte. Hier ein Beispiel:

Die Aufnahme von Pestiziden und Fungiziden verringert, wer sich auf Obst und Gemüse der Saison beschränkt, das dann auch meist von regionalen Anbietern bezogen werden kann. Produkte aus ökologischem Anbau sind hier von Vorteil, denn lange Transportwege, Exklusivität und Makellosigkeit haben ihren Preis.
(idw, 7. Oktober 2002)

Auch hier wird mit einem hohen Preis, sprich Krankheit und Siechtum gedroht, um - wie man nur vermuten kann - von dem ohnedies sinkenden Nahrungsmittelangebot abzulenken sowie den Verbraucher auf die unausweichlich steigenden Unterhaltungskosten vorzubereiten. Denn so heißt es weiter:

Eine gesunde Ernährung basierend auf gesunden und schmackhaften Lebensmitteln ist nicht zum Nulltarif zu bekommen.
(idw, 7. Oktober 2002)

Nun werden aber andererseits Forschungen und Nachweise angestrebt, wie sich über eine entsprechende Spezialernährung das Risiko von Herz- Kreislauf- und Krebserkrankungen senken läßt, worüber beispielsweise Hans Steinhart, Professor für Lebensmittelchemie in Hamburg, und Sabine Kulling von der Karlsruher Bundesforschungsanstalt für Ernährung in der Zeitschrift "Nachrichten aus der Chemie" (Nachr. Chem. 2002, 50, 1103) berichteten. Der Zugriff der Behörden unter dem Deckmantel von Gesundheit und Verbraucherschutz auf die Ernährung des Menschen einschließlich seiner Kochgewohnheiten scheint somit unumgänglich zu sein.

Die Teilung unserer Gesellschaft in zwei Klassen hinsichtlich medizinischer Versorgung ist darüber hinaus offenbar nicht nur geduldet, sondern erwünschtes Ziel: logisch zuende gedacht ergibt sich daraus in Zukunft eine Kategorie Menschen, die es verdient haben, medizinisch versorgt und unterstützt zu werden, weil sie nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen alles dafür getan haben, sich gesund zu erhalten.

Die zweite Kategorie, die an ihrem Dilemma in jeder Hinsicht selbst schuld ist, weil sie sich Gesundheit im Grunde einfach nicht leisten kann, darf dann auch nicht mehr auf staatliche oder soziale bzw. versicherungstechnische Unterstützung zählen. Wie man derzeit schon an den offensichtlichen Bestrebungen der Gesundheitspolitik ablesen kann, wären konsequenterweise, wie bei anderen Versicherungsfällen auch, derart selbstverschuldete Krankheiten dann von der optimalen medizinischen Versorgung ausgeschlossen und die Betroffenen dazu gezwungen, ihre selbstverschuldeten Ausgaben allein zu tragen. Und hier schließt sich der Teufelskreis, der die weniger Bemittelten zu einem früheren Lebensende verurteilt.

27. Januar 2009