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LABOR/060: Das Gold der Alchimisten (SB)


SCHABERNACK UND EXPERIMENTE FÜR HOBBYALCHIMISTEN

Spaß & Experimente

Achtung, daß der Schabernack nicht nach hinten losgeht!


Was immer über Alchimisten erzählt wird, ist falsch. Denn die Praktizierenden dieser alten Kunst pflegten über das, was sie wirklich bewegte und ihrem eigentlichen Ziel näher brachte, traditionell keine Aufzeichnungen zu machen. Finden sich doch auf vergilbten Papieren oder Pergamenten chemische Rezepte aus dieser Zeit, dann waren es Nebenprodukte ihrer Forschungstätigkeit, mit deren praktischen Nutzanwendung sie sich möglicherweise ein wenig Geld oder Anerkennung zu beschaffen gedachten. Auch das Gerücht, Alchimisten hätten nach dem Stein der Weisen gesucht, um damit die Transmutation von unedlen Metallen wie Blei oder Eisen in Gold zu bewirken, bleibt ein Gerücht. Sicherlich nutzten manche jener Suchenden die Profitgier herrschender Fürsten aus, die an ihrem Hof gerne einen Alchimisten beschäftigten, der ihnen Gold und Wohlstand für neue Waffen und Kriegsgüter aus "Nichts" beschaffen und herstellen sollte.

Um sich die guten Pfründe und ungestörte Forschung zu sichern und um neue an weitere Subventionen für die "große Verwandlung" zu erhalten, mußten sie die Gier ihres Herrn von Zeit zu Zeit mit scheinbaren Teilergebnissen oder anderen lukrativ erscheinenen Produkten befriedigen. So führten sie beispielsweise Experimente vor, bei denen sich tatsächlich auf einem wertlosen Eisenblech das Halbedelmetall Kupfer bildete, was ihre Geldgeber davon überzeugte, daß die Herstellung reinen Goldes wohl nur eine Frage der Zeit und der richtigen Rezeptur sei.

Wir können diese Versuche leicht wiederholen. Dazu stellen wir einen Eisennagel oder ein nicht rostfreies, also rostendes Eisenmesser in ein Becherglas mit einer 10%igen Kupfersulfatlösung, d.h. 10 Gramm Kupfersulfat werden in 100 ml Wasser gelöst. Schon nach kurzer Zeit glänzt der Nagel oder die Messerschneide in blankem Kupfergold. Doch wurde hier Eisen in Kupfer verwandelt?

Oh, nein. Die Alchimisten nutzten hierbei ihr Wissen für einen Trick, der wohl jeden Ahnungslosen und Nicht-Chemieversierten auch heute noch täuschen könnte:

Der Trick daran ist das gelöste Kupfersulfat, das man dem hochverehrten Publikum als blaugefärbtes Wasser oder ein besonderes Oleum präsentierte. Kurz gesagt: das Kupfer ist schon von vornherein vorhanden, man sieht die gelösten Kupferionen nur nicht.

Im Wasserglas lösen sich auch einige Eisenatome von der Oberfläche des Metallgegenstandes und gehen in Lösung, dafür scheidet sich elementares Kupfer an der Oberfläche ab. Die chemische Gleichung dafür sieht folgendermaßen aus:

CuSO4 + Fe
−−−−−−>
FeSO4 + Cu

oder in Ionen-Schreibweise:

Cu(2+) + Fe
−−−−−−>
Fe(2+) + Cu

Das Kupfer hat seine elektrische Ladung an das Eisen abgegeben. Der Chemiker erklärt sich das heute anhand der modernen Atomtheorie:

Die Kupferionen besaßen in ihrer äußersten Elektronenschale zwei Elektronen weniger als neutrale Atome, nämlich 27 statt 29, so daß die 29 positiven Ladungsteilchen (Protonen) des Atomkerns überwiegen und das Ion 2 positive Ladungen aufweist.

Das elektrisch neutrale Eisenatom hingegen hat im Kern und in den Schalen je 26 Ladungsteilchen. Während der Verkupferung des Nagels oder der Messerschneide haben nun die beteiligten Eisenatome ihre beiden "einsamen" Elektronen in der äußersten Schale an die Kupferionen abgegeben. Dadurch wurden die Eisenatome zu gelösten Eisenionen, die Kupferionen zu elektrisch neutralen Kupferatomen.

Fe

Cu(2+) + 2e(-)
−−−−−−>

−−−−−−>
Fe(2+) + 2e(-)

Cu
Elektronenabgabe (Oxidation)

Elektronenaufnahme (Reduktion)

e(-) ist das Symbol für ein Elektron.

Wenn wir anstelle des Eisennagels ein Stück Zinkblech verwenden und in die Kupfersulfatlösung stellen, so verläuft hier eine ähnliche Reaktion. Das Zinkblech wird rasch verkupfert.

Gleichung:

Zn + CuSO4

Cu(2+) + Zn

−−−−−−>

−−−−−−>

ZnSO4 + Cu

Zn(2+) + Cu

Allerdings ist die Kupferabscheidung auf dem Eisen oder Zink nicht deckend, sondern ziemlich porös, so daß kein wirklicher Schutzüberzug entsteht.

Und umgekehrt würde ein Stück Kupfermetall, in eine Zinksulfat- oder Eisensulfatlösung getaucht, überhaupt nicht reagieren oder mit einem anderen Metall überzogen. Das liegt daran, daß die verschiedenen Metalle in verschiedenem Maß die Tendenz besitzen, in Form von positiv geladenen Ionen aufzutreten. Je schwerer sich Metalle lösen lassen, d.h. je geringer diese Tendenz ist, um so edler ist das Metall. Treffen unterschiedlich edle Metalle aufeinander, so gibt das unedlere seine Außenelektronen gerne an das edlere ab und geht selbst dafür in Lösung.

Das ist die moderne Erklärung für die Herstellung des
Katzengoldes der alten Alchimisten.

Hier noch einmal alle Zutaten für den Versuch in Kürze:

Verkupferung eines Eisennagels

Geräte:
- Becherglas oder Glas mit 150-200 ml Fassungsvermögen

Chemikalien/Stoffe:
- Eisennagel
- Wasser
- 10 Gramm Kupfersulfat (CuSO4)

Erstveröffentlichung 2003

28. Dezember 2007