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RATGEBER/214: Wenn Chips nach Salz und Essig schmecken ... (SB)


VON APFELESSIG BIS ZITRONE - Bewährte Hausmittel einfach erklärt

Natriumacetat, die Würze für den gehobenen Chipsgeschmack...

und was der menschliche Magen mit unverwüstlichen Betonoberflächen gemein hat


Kartoffelchips sind Kult, zumindest in Großbritannien und den USA, aber auch hierzulande machen sich zahlreiche neue und teilweise skurrile Geschmacksrichtungen breit, die sich erst in den letzten zehn bis zwanzig Jahren allmählich durchsetzen konnten, während sie im angelsächsischen Raum schon zu den Klassikern gehören: chicken flavoured (mit Brathühnchengeschmack), salt-and-vinegar flavoured (Essig und Salz), cheese-and-onion flavoured (Käse und Zwiebel) und vieles mehr.

Bleiben wir zum Beispiel bei der hierzulande noch nicht so populären, scheinbar simplen Geschmacksrichtung "salt-and-vinegar". Zunächst einmal wird sie grundsätzlich nicht ins Deutsche übersetzt, weil "salt- and-vinegar" ja soviel cooler klingt als das profane "Essig und Salz". Dabei würde auch der deutsche Name nicht schaden, wer nämlich keinen Essig mag, sollte auch lieber keinen "Vinegar" versuchen, denn das Salzgebäck schmeckt so scharf sauer nach Essig, als hätte man es tagelang darin getränkt. Man gewöhnt sich allerdings sehr schnell an den scharfen Beigeschmack und läuft dann wiederum Gefahr, ihn nach kurzer Zeit regelrecht zu vermissen, wenn man eine andere Geschmacksrichtung probiert. Es geht einem damit in etwa so, wie mit scharfen Lakritz. "Salt-and-vinegar" hat einen nach kurzer Zeit derart in Bann gezogen, so daß man ein Knabberdefizit erleidet, sobald die Tüte leer ist und darüber freuen sich die Salzgebäck- und Chipshersteller.

Doch, fragt sich der Fan sofort, wie kommt der Essig eigentlich in die Tüte, ohne daß die Chips dabei ganz labberig werden. Werden die Kartoffeln vielleicht vor dem Fritieren oder Backen in Essig eingelegt?

Nein ganz falsch, eine bestimmte als Zusatzstoff zugelassene Chemikalie, das Natriumsalz der Essigsäure nämlich, läßt sich wie ein Gewürz darüber streuen und fertig ist das Knabbervergnügen. Lange Zeit war das ein Geheimnis, doch inzwischen wurde es in einer Pressemitteilung der Amerikanischen Chemical Society der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht, um wohl in erster Linie zu verdeutlichen, wie harmlos und unschädlich die Substanz ist.

Wie in der Ausgabe 2619 des New Scientist Magazins vom 1. September 2007 auf Seite 84 zu lesen ist, wird genau der gleiche Stoff dort nämlich als Schlüsselsubstanz für den Beton- oder Zementschutz vorgestellt. Mit einem Mantel aus Natriumacetat könnte man Beton vor Wasserschäden bewahren.

Die flüssige Lösung dringt tief in die Poren des Beton- oder Zementfundaments ein, und härtet dort in Form fester Kristalle aus, die nachdringendem Wasser schlicht den Weg versperren. Indem es die Wasserabsorption verhindere, würde der neue Schutzsanstrich das Lebensalter und die Haltbarkeit des Betons um ein Vielfaches verlängern.

Daß Natriumacetat aber parallel dazu auch das Lebensalter oder die Haltbarkeit unserer Magenoberfläche verlängere, läßt sich leider nicht bestätigen. Da Essigsäure wesentlich schwächer ist als die Magensäure, schadet es auch nicht.

3. September 2007