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RATGEBER/251: Die Halogenlampe, ein chemisches Perpetuum Mobile? (SB)


Recyclingverfahren im Glaskolben


Vermutlich würde heute wohl niemand mehr die inzwischen von der LED- Technik überflügelte Halogenbirne schwärmerisch mit einem Perpetuum Mobile vergleichen, sondern bestenfalls von einem Recyclingverfahren im Glaskolben sprechen. Denn die sich selbst erneuernde Lichtquelle, die länger leuchtet als jede herkömmliche Glühbirne, hält längst nicht das, was ein Perpetuum Mobile verspricht und muß nach Tausenden von Betriebsstunden schließlich doch ausgewechselt werden.

Ursprünglich wollten die Forscher des amerikanischen Unternehmens General Electric eigentlich nur eine leistungsstarke, aber sehr kleine Glühlampe entwickeln, die sich für den Einbau in die Positionslichter von Flugzeugen eignen sollte. Denn Positionslichter müssen für die extrem dünnen Flügelenden von Überschallverkehrsflugzeugen sehr klein sein und sehr hell strahlen.

Zunächst wurde versucht, die Betriebstemperatur des Wolframdrahtes zu erhöhen, um die Lichtausbeute zu verbessern. Doch erwartungsgemäß verdampfte das Metall bei hohen Temperaturen wesentlich schneller, die Glaskolben wurden schwarz und der Glühdraht, der zu schnell an Substanz verlor und brüchig wurde, hatte eine viel zu kurze Lebensdauer.

Schließlich versuchten die Forscher es mit einem Trick. Anstatt den Kolben, wie bei normalen Glühbirnen üblich, mit Edelgas zu füllen, benutzten sie das sehr reaktionsfreudige Element Jod aus der Gruppe der Halogene, später auch Brom. Aus diesen Experimenten ging in den fünfziger Jahren eine ganze Reihe von Lichtquellen hervor, die heute wegen der verwendeten Füllgase als Halogenlampen bekannt sind. Allerdings eigneten sich außer Jod und Brom keine anderen Halogene, wie die Elemente der 7. Hauptgruppe des Periodensystems, zu denen außerdem Chlor, Fluor und Astat gehören, genannt werden.

Aus alt mach neu

Zunächst leuchtet der Wolframglühfaden in der Halogenlampe wie auch in herkömmlichen Glühbirnen, wenn er durch elektrischen Strom erhitzt wird. Dabei schmilzt und verdampft ständig etwas elementares Wolframmetall. In der Nähe des Glühfadens geht das verdampfte Wolfram keine chemische Verbindung mit dem Halogen ein - bei etwa 3.000 Grad Celsius ist es dafür schlicht zu heiß.

Auf der Innenseite des Glaskolbens kühlen die atomaren Tröpfchen jedoch auf weniger als 800 Grad Celsius herunter und reagieren spontan mit dem eingebrachten Halogengas zu gasförmigem Wolframbromid oder -jodid. Das entstandene Halogenid wandert zu dem erodierenden Glühfaden, zerfällt bei den an der Wendel herrschenden Temperaturen aber sofort wieder in seine elementaren Einzelteile: Wolfram schlägt sich auf den Glühfaden nieder und repariert kurzfristig die Erosion. Das Halogengas wird wieder freigesetzt.

Der Vorteil der Halogenleuchten ist jedoch nicht nur eine längere Lebensdauer, weil Wolfram in einem Kreisprozeß wieder auf den Glühdraht zurückgeführt wird, sondern auch eine höhere Lichtausbeute, weil das verdampfende Wolfram nicht den Kolben schwärzt.

Neuerdings sollen Xenonlampen (gefüllt mit dem viertschwersten der Edelgase) ihnen jedoch den Rang streitig machen: Statt eines Glühfadens wird in diesen eine Lichtbogenentladung zwischen zwei Elektroden in einer Atmosphäre aus Xenon und dampfförmigen Metallsalzen genutzt.

Erstveröffentlichung 2000

1. August 2008