Schattenblick →INFOPOOL →NATURWISSENSCHAFTEN → GEOWISSENSCHAFTEN

BERICHT/069: Studenten der Kartographie - Sieben Wochen in Nepal (TU Dresden)


Dresdner UniversitätsJournal Nr. 19 vom 25. November 2008

Sieben Wochen in Nepal
TUD-Studenten der Kartographie aktualisieren im Himalaja zwei Hochgebirgskarten

Von Juliane Peters, Katharina Lorenz, Jeremias Uffmann und Tino Pieczonka


Für ihre von Professor Manfred Buchroithner und Dr. Tobias Bolch betreuten Diplomarbeiten reisten die Studenten Katharina Lorenz, Juliane Peters, Jeremias Uffmann und Tino Pieczonka vom Institut für Kartographie der Technischen Universität sowie André Mischo von der Universität Jena im September und Oktober sieben Wochen durch den Himalaja in Nepal. Ziel der Forschungsreise war es, Daten für die Aktualisierung zweier Karten zu gewinnen. Finanziell gefördert wurde diese Expedition durch die Gesellschaft von Freunden und Förderern der TU Dresden e.V.

Ein Teilprojekt der Expedition waren Datenaufnahmen in den Tälern Shorong und Hinku, welche sich etwa 20 bis 30 km südlich des Mount Everest (nepalesisch: Sagarmatha, tibetisch: Chomolangma) befinden. Die neu aufgenommenen Daten werden für die Aktualisierung einer bestehenden Karte benötigt. Diese Karte Nr. 5 aus dem Nepal-Kartenwerk der Arbeitsgemeinschaft für vergleichende Hochgebirgsforschung in München wurde zuletzt 1987 überarbeitet. Drastische Gletscherveränderungen und ein starker Ausbau der touristischen Infrastruktur machen eine Neuauflage also dringend erforderlich.

Das zweite Projekt bestand aus der Messung von Passpunkten am Fuße des Mount Everest. Passpunkte sind Geländepunkte, deren Koordinaten bekannt sind. Gemessen wurden sie vor Ort mit GPS-Geräten. Bevorzugt wurden sie auf markanten Geländepunkten, zum Beispiel Berggipfel oder Brücken, gesetzt, um sie später eindeutig in den Karten identifizieren zu können.

Bis in Höhen von 5800 m sollte die Expedition gehen, Ausgangspunkt war aber zunächst Kathmandu auf lediglich 1350 m. In der Hauptstadt Nepals fand nämlich vom 8. bis zum 11. September das 10. Internationale Symposium zu High Mountain Remote Sensing Cartography (HMRSC) statt. Ausgerichtet wurde es zu Themen der Hochgebirgskartographie vom International Centre for Integrated Mountain Development (ICIMOD), einer Organisation, die die Länder des Hindukush und Himalaja bei der Entwicklung nachhaltiger Lebensbedingungen unterstützt. Die HMRSC-Symposiumsreihe wurde im Jahr 1990 von Prof. Manfred F. Buchroithner, Inhaber der TUD-Professur für Kartographie, gegründet. Auf der diesjährigen Tagung wurden in drei Vorträgen von Prof. Manfred Buchroithner, Tino Pieczonka und Juliane Peters Ergebnisse zu Gletscherveränderungen in der Region um den Mount Everest vorgestellt. Die beiden Letzteren präsentierten die Resultate ihrer Studienarbeiten. Alle Vorträge stießen auf große Resonanz.

Die anschließende Expedition sollte in das gleiche Gebiet führen. Am 16. September früh morgens ging es mit einer Twin Otter nach Lukla im Khumbu Himal, dem Ausgangspunkt für die fünfwöchige Geländeaufnahme. Der Flughafen Lukla, in einer Höhe von 2800 m gelegen, gehört zu den gefährlichsten Flughäfen weltweit und machte erst vor wenigen Wochen durch einen Flugzeugabsturz Schlagzeilen. Der Flughafen ist zudem Ausgangspunkt zahlreicher Versorgungswege. Da es keine Straßen gibt, werden Lebensmittel und andere Waren von Trägern und Lasttieren wie Maulesel und Yaks in mehrtägigen Fußmärschen in die entlegensten Orte befördert.

Von Lukla aus führte die Expedition für zwei Wochen in das Gebiet westlich, dabei ging es hoch bis auf den auf 4600 m gelegenen heiligen See "Dudh Kund". Leider waren diese Tage durch heftige Niederschläge des noch anhaltenden Monsuns geprägt, so dass es meist nicht schnell vorangehen konnte. Wege glichen großteils kleinen Flüssen und Blutegel machten die Nächte im Zelt unvergesslich.

Nach diesen zwei Wochen teilte sich die Gruppe. Für Jeremias Uffmann und André Mischo ging es nun in das östlich gelegene Hinku-Tal bis hoch zum High Camp des Mera Peaks auf 5800 m. Während der Feldarbeit wurden die Hauptwege des Gebietes mittels GPS aufgenommen und als sogenannte Tracks gespeichert. Weiterhin wurden von interessanten Objekten entlang des Weges, wie zum Beispiel von Häuseransammlungen und Flussquerungen, die Koordinaten bestimmt. Photographische Geländeaufnahmen ergänzten die gewonnenen Daten. Spezielle terrestrische Stereoaufnahmen von Gletschern sollen es ermöglich, auch den Rückgang der Gletscher in die neue Karte einzutragen.

Währendessen ging es für Katharina Lorenz, Juliane Peters und Tino Pieczonka entlang der Haupttouristenroute nach Norden. Ziel war das Imjatal im Norden des Sagarmatha Nationalparks am Fuße des Mount Everest. Mit Höhen zwischen 3900 m und 8850 m stellt dieser Teil des Nationalparks eine der höchstgelegenen Regionen der Welt dar. Prägend für diese Region und auch Forschungsgegenstand der Expedition waren der Khumbu-, der Nuptse-, der Imja- und der Lhotse-Gletscher. Der Weg dorthin führte durch Namche Bazaar und Tengboche, wo auch das Kloster besucht wurde, zunächst nach Chukhung. Anschließend ging es von dort aus zurück und dann entlang der westlichen Seite des Khumbu Gletschers bis nach Gorak Shep. Dort erfolgte der Aufstieg zum Kala Patthar, der mit 5610 m den höchsten Punkt der Geländeaufnahme des zweiten Projekts bildete. Ein Ausflug zum Everest Base Camp war der Höhepunkt der Expedition. Der Rückweg nach Lukla führte mit einem Umweg über den 5368 m hohen, schneebedeckten Cho-La-Pass.

Insgesamt wurden während der Feldarbeit an diesem Projekt 30 Passpunkte in Höhen zwischen 3900 m und 5600 m, verteilt über ein Gebiet von 15x10 km2 gemessen. Dieses Gebiet reichte im Osten bis zum Amphu-Laptse-Pass, im Westen bis zum Cho-La-Pass, im Süden bis zur Ortschaft Pangboche und im Norden bis zum Everest Base Camp.

Sämtliche gewonnenen Daten werden im Rahmen der anstehenden Diplomarbeiten in den kommenden Wochen ausgewertet und weiter verarbeitet.


*


Quelle:
Dresdner UniversitätsJournal, 19. Jg., Nr. 19 vom 25.11.2008, S. 7
Herausgeber: Der Rektor der Technischen Universität Dresden
Nöthnitzer Str. 43, 01187 Dresden
Telefon: 0351/463-328 82
Telefax: 0351/463-371 65
E-Mail: uj@tu-dresden.de
Internet: www.tu-dresden.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2008