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WETTER/154: 100 Jahre Meteorologie in Leipzig (idw)


Universität Leipzig - 10.07.2013

100 Jahre Meteorologie in Leipzig

von Sven Eichstädt


Das Institut für Meteorologie der Universität Leipzig richtet in der kommenden Woche aus Anlass der 100-jährigen Geschichte der Leipziger Meteorologie ein Festkolloquium aus. Zu der Veranstaltung, die am 18. Juli stattfindet, werden fünf prominente Gastredner - allesamt Leipziger Absolventen - und rund 150 Teilnehmer erwartet.

Termin:
18.07.2013, 9 Uhr bis 13 Uhr

Ort:
Hörsaalgebäude, Hörsaal 8
Campus Augustusplatz
04109 Leipzig

"Wir können mit Stolz auf 100 Jahre meteorologische Lehre und Forschung in Leipzig zurückblicken", sagt Prof. Dr. Manfred Wendisch, Direktor des Instituts, das zur Fakultät für Physik und Geowissenschaften der Universität Leipzig gehört. Er verweist darauf, dass mit der Gründung des damaligen Geophysikalischen Instituts am 1. Januar 1913 seinerzeit die erste wissenschaftliche Einrichtung in Deutschland entstanden war, die sich mit der Erforschung der Physik der Atmosphäre beschäftigte.

Noch weiter zurück, fast ein ganzes Jahrhundert, reichen die Wurzeln der Wetterkunde in Leipzig, als Heinrich Wilhelm Brandes (1777-1834) im Jahr 1826 in Leipzig die erste Wetterkarte der Welt gezeichnet hat. Die theoretischen Arbeiten des ersten Institutsleiters, des Norwegers Vilhelm Bjerknes (1862-1951), der dem Institut bis 1917 vorstand, zu Tiefdruckgebieten gelten noch heute als grundlegend in der Meteorologie. Bjerknes ging während des Ersten Weltkriegs, als sich die Forschungsbedingungen in Leipzig stark verschlechtert hatten, nach Norwegen zurück und gründete in Bergen das Geophysikalische Institut.

Einer der Nachfolger von Bjerknes, Ludwig Weickmann (1882-1961), der das Institut von 1923 bis 1945 leitete, nahm 1931 an einer Forschungsfahrt mit einem Luftschiff in der Arktis teil. Diese erregte damals großes Aufsehen. Die zwei Jahrzehnte, in denen Weickmann das Institut geführt hatte, werden oft als die Blütezeit der Leipziger Meteorologie angesehen.

Das 1932 auf dem Collm bei Oschatz errichtete Observatorium, das der Universität Leipzig unter anderem zum Erforschen von Erdbeben dient, wird seit 1956 bis heute auch für Messungen zur Hochatmosphäre genutzt. Ebenfalls noch heute Verwendung findet bei den Meteorologen das Maritime Observatorium auf der Halbinsel Zingst an der Ostsee, das sich seit 1957 der Erforschung von Wechselwirkungen zwischen Meer und Atmosphäre widmet. Hier absolvieren die Leipziger Meteorologie-Studenten zum Abschluss ihres Bachelor-Studiums ihr Fortgeschrittenenpraktikum.

Eine Zäsur in der Geschichte der Leipziger Meteorologie markiert das Jahr 1968: Damals wurde bei der dritten Hochschulreform der DDR die Meteorologie-Ausbildung eingestellt. Sie wurde für die DDR an der Humboldt-Universität in Berlin konzentriert. Allerdings wurden in Leipzig dann trotzdem noch meteorologische Forschungen und die Ausbildung im Nebenfach fortgeführt. Nachdem das Leipziger meteorologische Institut 1993 wieder gegründet worden war, ist es inzwischen neben dem der Freien Universität Berlin das einzige Institut in Ostdeutschland, an dem Meteorologie studiert werden kann. "In der gesamten Bundesrepublik sind es rund zehn Institute", sagt Wendisch, der die Professur für Atmosphärische Strahlung seit 2009 inne hat und zuvor am Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig (TROPOS) und an der Universität Mainz tätig war.

Mit dem TROPOS, das 1992 gegründet worden ist, unterhalten die Meteorologen der Universität auch sonst enge Beziehungen. Drei Professoren sind gemeinsam berufen worden. Zusammen wird zum Thema Wolken geforscht, und Studenten können am TROPOS Wahlfächer belegen. Im Jahr 2006 wurden die Diplomstudiengänge auf Bachelor und Master umgestellt. Seitdem sind es jährlich jeweils rund 20 Absolventen in den beiden Studiengängen. "Die meisten Studenten promovieren anschließend. Die Arbeitslosenquote unter Meteorologen ist verschwindend gering", berichtet Wendisch. Neben Tätigkeiten in der Forschung finden sie etwa Anstellungen bei Wetterdiensten oder inzwischen zunehmend als Berater bei Unternehmen in der Wind- und Solarenergie. "Die Industrie ist auf sehr präzise Wettervorhersagen angewiesen", erläutert Wendisch, "Versorger von Fernwärme müssen zum Beispiel auf ein Grad Celsius genau wissen, welche Temperatur am nächsten Tag herrschen wird."

Das Leipziger Institut, an dem neben Wendisch mit Johannes Quaas, Christoph Jacobi und Bernhard Pospichal drei weitere Professoren und insgesamt 35 Mitarbeiter beschäftigt sind, kann auf beachtliche Erfolge beim Einwerben von Forschungsgeldern verweisen. Leipziger Wissenschaftler koordinieren etwa das Schwerpunktprogramm HALO der Deutschen Forschungsgemeinschaft, bei dem ein Forschungsflugzeug in Höhen von bis zu 15,5 Kilometern das Erdsystem erforscht. Darüber hinaus bearbeiten Meteorologen des Instituts Projekte der Grundlagenforschung, die mit dem Forschungspreis des Europäischen Forschungsrats, dem ERC Research Grant, gefördert werden.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution232

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Leipzig, Dipl.-Journ. Carsten Heckmann, 10.07.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juli 2013

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