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FORSCHUNG/1191: Verbesserte Stabilität von Elektronenspins in Qubits (idw)


Universität Basel - 07.09.2015

Verbesserte Stabilität von Elektronenspins in Qubits


Das Rechnen mit Elektronenspins im Quantencomputer setzt voraus, dass die Spinzustände ausreichend lange andauern. Physiker der Universität Basel und des Swiss Nanoscience Institute konnten nun zeigen, dass ein Austausch von Elektronen in Quantenpunkten die Stabilität dieser Information grundlegend beschränkt. Die Kontrolle dieses Austauschprozesses ebnet den Weg, um bei der Kohärenz der fragilen Quantenzustände weitere Fortschritte zu erzielen. Dies berichten die Basler Forscher in der Fachzeitschrift «Physical Review Letters».


Abbildung: © Universität Basel

Doppelter Quantenpunkt: Die die drei oberen und unteren Kontakte halten bis zu zwei einzelne Elektronen gefangen, deren Spinzustände die quantenmechanische Informationseinheit bilden.
Abbildung: © Universität Basel


Die Grundidee des Quantencomputers besteht darin, die Nullen und Einsen der heutigen Bits durch Quantenzustände, kurz Qubits, zu ersetzen. Qubits sind Informationseinheiten, die nicht nur die Werte null und eins annehmen können, sondern bei denen null und eins gleichzeitig und in beliebiger Mischung in einer Quanten-Überlagerung möglich sind. Qubits lassen sich zum Beispiel mit den Spins einzelner Elektronen realisieren, die in nanometergrossen Strukturen aus Halbleitermaterial, sogenannten Quantenpunkten, festgehalten werden. Durch Ausnutzung quantenmechanischer Prinzipien wie der Überlagerung kann ein Quantencomputer enorme Rechengeschwindigkeiten erreichen - aber nur, wenn die Elektronenspins ausreichend lange andauern.

In den vergangenen Jahren liess sich diese sogenannte Kohärenzzeit auf über eine Millisekunde ausdehnen, indem es gelang, durch Kernspins verursachte Störung zu reduzieren. Damit gewann die Frage an Bedeutung, welche weiteren Ursachen die Stabilität der Elektronenspins beeinträchtigen.


Austausch von Elektronen entdeckt

Physiker der Universität Basel und des Swiss Nanoscience Institute haben nun festgestellt, dass die Kohärenz der Qubits durch einen Vorgang beschränkt wird, bei dem einzelne Elektronen zwischen einem Quantenpunkt und einem externen Reservoir ausgetauscht werden. Das Reservoir stellt eine Art Elektrode dar, die mit dem Quantenpunkt in Kontakt steht und für die Messungen benötigt wird.

Die Forscher um Professor Dominik Zumbühl beobachteten im Experiment, dass ausgelöst durch eine thermische Anregung ein Elektron aus dem Quantenpunkt ins Reservoir springt und kurz darauf ein anderes Elektron aus dem Reservoir in den Quantenpunkt wechselt.

Durch den Austausch entsteht ein kurzlebiger Ladungszustand, den die Basler Forscher nun erstmals mit einem Ladungssensor nachweisen konnten. Der Austauschprozess führt auch dazu, dass die Elektronenspins regellos angeordnet werden, wodurch die Quanteninformation verlorengeht.


Grundlegender Prozess für Kohärenz

Aufgrund der experimentellen Beobachtungen konnten die Forscher die bisherige theoretische Beschreibung von doppelten Quantenpunkten, die zwei Elektronen aufweisen können, entscheidend erweitern. Zudem gelang es, die Intensität des temperaturabhängigen Austauschprozesses zu beeinflussen, indem sie die Elektronen auf 60 Millikelvin herunterkühlten. Zugleich liess sich der Prozess verlangsamen und die Stabilität der Spins ausdehnen, indem sie die Spannungen an den Zugängen des Quantenpunktes, den sogenannten Gates, veränderten.

Das Verständnis und die Kontrolle dieses für Quantenpunkte grundlegenden Austauschprozesses ebnet den Weg, um bei der Kohärenz von Qubits weitere Fortschritte zu erzielen. Gleichzeitig eröffnet sich damit eine Möglichkeit, um in den Quantenpunkten schnell die gewünschten Spinzustände zu erzeugen.


Umsetzung eines theoretischen Konzepts mit Basler Wurzeln

Der Ansatz, Quantenpunkte in Halbleitern zu verwenden, um den Spin eines einzelnen Elektrons als Qubit zu nutzen, geht auf Prof. Daniel Loss von der Universität Basel und den amerikanische Physiker David DiVincenzo zurück. Ihr Konzept, das sie 1998 vorgelegt hatten, verfügt auch über das Potenzial, Quantencomputer mit vielen verbundenen Spin-Qubits zu realisieren. Die aktuelle Studie entstand in Zusammenarbeit mit Forschern der University of St Andrews (GB) und der University of California, Santa Barbara (USA).


Originalbeitrag
D. E. F. Biesinger, C. P. Scheller, B. Braunecker, J. Zimmerman, A. C. Gossard, D. M. Zumbühl
Intrinsic Metastabilities in the Charge Configuration of a Double Quantum Dot
Physical Review Letters 115 (2015),
doi: 10.1103/PhysRevLett.115.106804


Weitere Informationen unter:
https://www.unibas.ch/de/Aktuell/News/Uni-Research/Verbesserte-Stabilitaet-von-Elektronenspins-in-Qubits.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution74

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Basel, Yannik Sprecher, 07.09.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. September 2015

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