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FORSCHUNG/469: Wo klassische und Quantenmechanik Pingpong spielen (idw)


Julius-Maximilians-Universität Würzburg - 30.10.2007

Wo klassische und Quantenmechanik Pingpong spielen


Deutlich größer als ein Atom, aber mindestens ebenso deutlich kleiner als die Gegenstände, mit denen Menschen in ihrem Alltag zu tun haben: Das ist der Bereich, in dem sich Björn Trauzettel bewegt. Der Physiker ist seit Oktober Professor für Theoretische Festkörperphysik an der Universität Würzburg.

"Mesoskopische Physik" heißt das Gebiet, in dem Björn Trauzettel seinen Forschungsschwerpunkt hat. Was das bedeutet? "Das ist diejenige Physik, die zwischen der Beschreibung der mikroskopischen und der makroskopischen Welt einzuordnen ist", erklärt der Physiker - oder anders gesagt: zwischen einem milliardstel Millimeter und einem Zentimeter. Eine Welt, in der Manches anders abläuft als in der gewohnten Umgebung.

Trauzettels Spezialgebiet sind die Gesetze in Systemen der Nanophysik. Ein typisches Beispiel für solch ein System ist eine so genannte Kohlenstoff-Nanoröhre; eine Röhre, die etwa einen tausendstel Millimeter lang ist und einen Durchmesser von nur einem millionstel Millimeter besitzt. Ein anderes Beispiel wäre Graphen, die zweidimensionale Modifikation des Kohlenstoffs, die erst seit 2004 experimentell untersucht wird. Auf dem Gebiet der Theorie der physikalischen Eigenschaften von Graphen ist Björn Trauzettel einer der führenden Experten.

Systeme dieser Größenordnung faszinieren den Physiker aus einem besonderen Grund: "In diesem Bereich spielen die klassische und die Quantenmechanik Pingpong", sagt Trauzettel. Dort finden auch die üblichen Beschreibungen zum Beispiel der Eigenschaften von Elektronen sowie ihrer Wechselwirkungen ihre Grenzen. "Es passieren ganz andere Dinge als in großen Systemen mit gravierenden Auswirkungen auf eine mögliche Anwendung", sagt Trauzettel.

Welche Dinge das sind, untersucht Trauzettel - allerdings nicht im Labor, sondern hauptsächlich in der Theorie. "Ich mache keine Experimente", sagt er. "Ich modelliere Systeme, berechne Eigenschaften und versuche Vorhersagen zu machen." Mathematik nimmt in seinem Arbeitsalltag deshalb breiten Raum ein. Natürlich benötigt er dafür auch Daten, die aus Experimenten stammen. Diese erhält er in Würzburg vor allem aus der Arbeitsgruppe von Professor Laurens Molenkamp, dem Inhaber des Lehrstuhls für Experimentelle Physik III.

Auch wenn Trauzettel, wie er sagt, "in erster Linie Grundlagenforschung" betreibt, hat er die möglichen Anwendungen der von ihm untersuchten Systeme trotzdem nicht aus den Augen verloren. Die Computer-Industrie steht dabei an oberster Stelle: "Damit Rechner schneller und leistungsfähiger werden, müssen die Strukturen auf den Chips immer kleiner werden", sagt Trauzettel. Dabei würden in absehbarer Zeit schon Dimensionen erreicht, in denen die Gesetze der mesoskopischen Physik zur Geltung gelangen. "Und dann ist es notwendig, dass man die Physik solcher Systeme versteht, damit nicht ganz andere Dinge als die Erwünschten passieren", so der Physiker.

In der Lehre plant Trauzettel zum Einen, den Vorlesungskanon durch Spezialvorlesungen aus dem Bereich der Theoretischen Festkörperphysik zu ergänzen. Zum Anderen will er versuchen, durch eine intensive Betreuung von Bachelor- und Masterarbeiten möglichst viele interessierte Studentinnen und Studenten an die Theoretische Nanophysik heranzuführen. Unterstützen soll ihn dabei seine eigene Arbeitsgruppe, für die momentan eine Juniorprofessur ausgeschrieben ist. "Mein Ziel ist es, eine schlagkräftige Truppe aufzubauen, mit deren Hilfe ich Studierende dazu motivieren kann, in meinem Fachgebiet zu promovieren", sagt Trauzettel.

Björn Trauzettel wurde 1973 in Mannheim geboren. An der Universität Freiburg studierte er Physik und promovierte zum Thema "Current noise in metallic nanostructures". Von 2003 an arbeitete er als PostDoc in Freiburg, Orsay und Leiden; 2006/07 hatte er eine Habilitationsstelle an der Universität Basel inne. Forschungsaufenthalte führten ihn nach Israel, Italien, Österreich und in die Niederlande.

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Robert Emmerich, 30.10.2007
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. November 2007