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INTERVIEW/030: Forschungstechnik neu - sicher, präzise und verständlich ...     Beschleunigerexperte Dr. Winfried Decking im Gespräch (SB)



Ausschnitt eines im XFEL Hauptgebäude ausgestellten Modells der Anlage. Die XFEL GmbH gibt an, daß einige Veränderungen des Lebensraums von Tieren und Pflanzen in Kauf genommen werden mußten. - Foto: © 2017 by Schattenblick

"Wir haben also tatsächlich mit dem XFEL so etwas wie einen Grünen Beschleuniger."
Die neue Überdeckung der Anlage durch die Hamburger Stadtteile Bahrenfeld, Osdorf und Schenefeld sieht zumindest im Modell bereits sehr grün aus.
Foto: © 2017 by Schattenblick

Recherche-Reise "European XFEL und DESY" der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) am 7. und 8. August 2017 in Hamburg

In einem sechs bis 38 Meter tiefen, 3,4 Kilometer langen, aus unzähligen Betonplatten zusammengesteckten, fest verschraubten Tunnel, der unter Straßen, Häusern, Gärten, Teichen und Äckern verläuft, wurde vor kurzem das gewaltigste Mikroskop der Welt fertiggestellt, das je für die Wissenschaft gebaut wurde. Im September soll die gigantische Anlage in Betrieb genommen werden, die zunächst einmal mit Laserlicht Milliarden und Milliarden von Elektronen aus einer Metallplatte (eine Cäsium-Tellurlegierung) schlägt, dann beschleunigt und mit nahezu Lichtgeschwindigkeit vom Gelände des DESY in Hamburg in Richtung Schenefeld (Schleswig-Holstein) schießt, um daraus unterwegs mit einem technischen Kniff Röntgenstrahlung für die Forschung herzustellen. [1] Dr. Winfried Decking oder "Winni", wie ihn seine Teamkollegen nennen, ist ein Hamburger Physiker, der als Maschinenkoordinator des Projekts quasi von der Pike auf am Entwurf und Bau der "Hardware" des Europäischen Freien Elektronenlasers im Röntgenbereich (European X-Ray Free Electron Laser), kurz EU-XFEL, entscheidend mitgewirkt hat. In seinem Vortrag und einer Führung durch die "XFEL-Kommando-Brücke" und jene Werkhalle des DESY, in der alle 96 supraleitenden Resonatoren, mit welchen man den Elektronen Beine machen will, auf Herz und Nieren geprüft wurden, erklärte er, was mit den 10 mal 2.700 Elektronenpaketen pro Sekunde, die ihrerseits jeweils aus 6 Milliarden Elektronen bestehen, in den großen gelben Röhren passiert und warum der lange European XFEL der größte, leistungsfähigste und effizienteste von weltweit fünf Röntgenlasern ist, die in der Lage sind, hartes Röntgenlicht erzeugen zu können. [2]

Im Rahmen der Veranstaltung war der Beschleuniger-Experte darüber hinaus bereit, in seinem Büro einige Fragen der Schattenblick-Redaktion zu beantworten, die auf der Strecke entstanden waren.


Foto: © 2017 by Schattenblick

Dr. Winfried Decking vor der Kommandobrücke des Röntgenbeschleunigers.
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Schattenblick (SB): Herr Dr. Decking, Sie haben heute den Freie-Elektronen-Laser XFEL vorgestellt. Ohne Freie Elektronen, die am DESY erzeugt werden, können die XFEL-Instrumente nicht arbeiten. Wo wird Ihr Platz oder Ihr Einsatzkommando sein, wenn dieses gewaltige Experimentiergerät seine Arbeit aufnimmt?

Dr Winfried Decking (WD): Im Prinzip werde ich überall dort anzutreffen sein, wo Koordinierungsaufgaben anfallen. Wir sind ein sehr großes Team, das natürlich auch orchestriert sein möchte. Das heißt, man findet mich vermutlich häufiger in Büros von anderen Leuten oder in Meetings, als hier, in meinem Büro. Gesteuert wird die Anlage hier im DESY vom Steuer- und Kontrollraum, der keine 50 Meter von meinem Arbeitsplatz, also schräg gegenüber liegt. Und das ist der Ort, wo die eigentliche und meiste "Action" abgeht.


Der Kontrollraum des DESY. Hochqualifizierte Physiker warten gespannt auf Veränderungen der Daten, die im Bildschirm zu sehen sind. - Foto: © 2017 by Schattenblick

Für Außenstehende manchmal nur schwer zu erkennen. Dies ist der Raum, in dem sich die eigentliche "Action" abspielt.
Foto: © 2017 by Schattenblick

SB: In den Vorträgen war vor allem von Elektronenpaketen die Rede, die sich wiederum aus Milliarden von Elektronen zusammensetzen sollen. Schließlich wird aber von einem Elektronenstrahl gesprochen. Wie läßt sich für einen Laien dieser Widerspruch zwischen Teilchen, Paket und Strahl erklären?

WD: Da muß ich ein bißchen weiter ausholen. Elektronenstrahl nennt die Physik eigentlich jede beschleunigte Anzahl von Elektronen, ob es sich um Pakete oder Einzelteilchen handelt. Ich könnte auch einen Elektronenstrahl aus einzelnen Elektronen machen, wenn ich möchte. Der Begriff Elektron bezieht sich tatsächlich nur auf ein einzelnes Teilchen. Ein Elektronenpaket - wir nennen es, da wir hier viel Englisch sprechen, "bunch" - ist ein kleines Paket, in dem mehrere Milliarden von Elektronen zusammengefaßt sind. Es wird an sich durch die Hochfrequenzwelle geformt, die zeitlich variabel ist. Das heißt, die Elektronen sind nicht alle gleich, sie bekommen unterschiedliche Energien ab, manche sind schneller, andere langsamer. Wenn wir sie anschließend durch eine Magnetstruktur schleusen, dann laufen sie wieder zusammen oder auch auseinander und formieren sich wieder neu. Alle Elektronen, die über diese Hochfrequenzwelle in einem einzigen - wir nennen das "Bucket" - landen, in dem sie sich stabil bewegen können, bilden dann ein Teilchenpaket. Wenn mehrere dieser Pakete beschleunigt worden sind und in eine bestimmte Richtung fliegen, dann ist das ein Teilchenstrahl. Also im Beschleunigerjargon ist das einfach alles, was nicht auf dem Tisch sitzen bleibt, sondern sich in eine bestimmte Richtung bewegt.

SB: In einer XFEL Pressemitteilung wurde erwähnt, daß es gar nicht so einfach ist, die spezifische Qualität herzustellen, die für den Strahl gefordert ist. 'Kleine Unregelmäßigkeiten zu Beginn könnten sich über die Strecke verstärken', hieß es darin. Was macht denn die Qualität eines Elektronenstrahls aus?

WD: Wie Sie schon andeuten, ist der Elektronenstrahl tatsächlich äußerst störanfällig. Wenn die Elektronen erzeugt werden, dann sind sie in einem sogenannten Regime beziehungsweise in einem Bereich, der raumladungsbegrenzt ist - Elektronen tragen eine elektrische Ladung und stoßen sich bekanntlich gegenseitig ab - und dies versucht man dadurch zu verhindern, daß man ihnen möglichst schnell Energie zuführt. Wenn man das nicht schnell genug oder in ausreichender Menge schafft, dann wirkt sich das auf die Qualität des Strahls aus. Darunter verstehen wir so etwas wie die räumliche Ausdehnung - also tatsächlich die Breite oder den räumlichen Durchmesser - dieses Strahls. Diese kann zu schlecht sein, um in dem gewünschten Prozeß, den wir als sogenanntes "Lasing" vorgestellt haben, dann auch die komprimierten, intensiven Röntgenblitze zu erzeugen, die Eigenschaften von Laserlicht bekommen sollen. Diese räumliche Qualität kann man direkt bei der Erzeugung beeinflussen, aber auch auf dem langen Weg der Elektronen bis zum Undulator. Der befindet sich etwa zwei Kilometer von der Quelle entfernt. Auf dieser langen Strecke können immer wieder Störeinflüsse dazu führen, daß sich die räumliche Ausdehnung des Elektronenstrahls verändert und in der Qualität nicht mehr ausreicht. So fliegen die Elektronen beispielsweise durch eine metallische Vakuumröhre, in der sie Spiegelströme erzeugen. Und diese wirken dann auf die Elektronen zurück. Wenn man in diesem langen Strahltransport die ganzen technischen Übergänge, die Schraubverbindungen und andere Details, nicht anforderungsgemäß designed hat, dann können diese Rückwirkungen so störend werden, daß sie die Strahlqualität mindern. Sie merken vielleicht, viele der Effekte, die wir alle unter Kontrolle halten müssen, heben sich teilweise gegenseitig auf. Diese Einstellungen müssen ständig korrigiert werden, denn zum Beispiel Temperatur und Feuchtigkeit ändern auch die Parameter.

SB: Sie erzeugen mit dem XFEL verschiedene Arten von Röntgenlicht. Je nach Wellenlänge, Frequenz und Energie unterscheidet man weiche (atomare Auflösung), harte (besonders intensive Röntgenblitze) oder sogar ultrakurze (zum Filmen biochemischer Reaktionen) Röntgenlichtqualitäten, die beim "Durchleuchten" der unterschiedlichen Objekte des Supermikroskops gebraucht werden. Wie werden diese unterschiedlichen Ansprüche gewährleistet? Kann man die Quelle wunschgemäß "kalibrieren" oder sorgen Filter oder ähnliches dafür, daß in den einzelnen Laboren genau die Röntgenstrahlung ankommt, die dort gebraucht wird?

WD: Wir können die Härte des Röntgenlichts ändern, indem wir die Energie des Beschleunigers ändern. Ich hatte im Vortrag erwähnt, daß 96 Module darin arbeiten. Es müssen aber nicht alle gleichzeitig laufen. Wenn ich nur die Hälfte benutze, dann habe ich am Ende auch nur die Hälfte der Strahlungsenergie. Der Wert nimmt sogar quadratisch ab, so daß letztendlich die Energie, die der Röntgenstrahl erhält, geviertelt ist. Das wäre aber nur eine Möglichkeit. Die andere besteht darin, in den Undulatoren den Abstand der Magnete zu ändern. Damit ändert sich das Magnetfeld und dadurch die Resonanzbedingungen und so kann jedes Experiment individuell eingestellt werden. Das ist aber noch der einfache Teil. Darüber hinaus gibt es zahlreiche andere Dinge, die wir bei jedem Experiment individuell einstellen müssen, und da sind wir dann schon etwas länger am Grübeln, um das Gewünschte zu liefern. Denn manche Experimentatoren wollen einen kurzen Strahl, andere einen langen, einige wollen möglichst viele Photonen oder auch möglichst viele Photonen innerhalb eines ganz kurzen Zeitraums. Wir müssen teilweise noch lernen, diese ganzen Wünsche letztendlich befriedigend zu bedienen. Wir fangen ja eigentlich erst an.

SB: Verstehe ich das richtig, daß quasi die Nutzer der verschiedenen Instrumente und Meßgeräte ganz besondere Versuchsbedingungen in Auftrag geben, die Sie dann gewissermaßen von Seiten der Strahlungsquelle "liefern"?

WD: Richtig. Es geht dann um die jeweilige Physik, die im Instrument stattfinden soll, sowohl was die Meßgeräte betrifft als auch den Prozeß, den man sich damit anschauen will. Es gibt Prozesse, die brauchen besonders viel Röntgenstrahlung oder auch kohärente Strahlung in einem möglichst kurzen Bereich. Wie das alles herzustellen ist, müssen wir noch herausfinden. Und die Experimentatoren müssen vielleicht auch noch lernen, die richtigen Anforderungen zu stellen. Denn wir befinden uns oftmals sprachlich in zwei Welten. Die Experimentatoren sind vielleicht nur fünf Tage vor Ort. In dieser Zeit muß man ihnen ein bißchen erläutern, welche Möglichkeiten leicht zu realisieren sind und welche schwer. Da gibt es häufiger ganz unterschiedliche Vorstellungen. So ist das Ändern der Wellenlänge für uns eine einfache Sache. Doch viele andere Bedingungen sind durchaus komplizierter umzusetzen. Das können viele Experimentatoren nicht einschätzen. Da eine andere Wellenlänge für ihre Forschung oft ein ganz anderes Regime oder eine ganz andere neue Welt eröffnet, glauben sie, das wäre auch technisch ein Riesenschritt. Das sind alles Dinge, über die man noch viel miteinander reden muß, um dann tatsächlich auf eine Wellenlänge zu kommen.

SB: Im Sinne des Wortes. Wie muß man sich das Ändern der Wellenlänge vorstellen, werden also praktisch die weichen Röntgenstrahlen vorher abgezapft, ehe der Strahl so richtig beschleunigt wird?

WD: Nein, das machen wir genau andersrum. Erst nehmen wir die harten Röntgenstrahlen, weil es leichter ist, anschließend noch die weichen Röntgenstrahlen zu erzeugen. Anders gesagt hat der Strahl, der harte Röntgenstrahlen erzeugt, schon etwas Qualität verloren. Denn ich entziehe dem Elektron in diesem Slalomparcour immer etwas Energie. Die Röntgenstrahlung muß ja irgendwo geblieben sein. Anschließend haben die einzelnen Elektronen in dem Teilchenpaket tatsächlich alle ein bißchen unterschiedlich viel Energie; wir sagen, daß die Energiebreite größer geworden ist, und das bedeutet, harte Röntgenstrahlung könnte man damit nicht mehr machen. Dafür reicht es aber noch für weiche Röntgenstrahlung. Die Bedingungen dafür sind nicht ganz so scharf.

SB: Ist diese intensive, ionisierende Röntgenstrahlung nicht eigentlich - aufgrund der Nähe zur Gammastrahlung - schon radioaktive Strahlung?

WD: Da muß ich erst einmal ein Mißverständnis aufklären. Wir reden von weicher oder harter Röntgenstrahlung. Das ist im Prinzip tatsächlich das gleiche wie Gammastrahlung. Für viele Experimente wird diese harte Röntgenstrahlung des elektromagnetischen Spektrums benötigt, weil man mit Wellenlängen im Bereich von Bruchteilen von Nanometern wesentlich kleinere Strukturen auflösen kann. Andere Röntgenstrahlexperimente kommen mit weicheren Röntgenstrahlen bis 10 Nanometer aus. Wir erzeugen diese Röntgenstrahlung allerdings mit Elektronen. Wenn wir den Begriff Teilchenpaket verwenden, sind das Elektronenpakete. Den gleichen Jargon benutzt man in der Physik aber auch für Photonen, denn ein Lichtquant ist letztlich auch ein Teilchen. Das mag für Außenstehende einer babylonischen Sprachverwirrung gleichkommen, weil wir halt immer von Paketen reden.

Das Elektronenpaket erzeugt dann diesen Xray-Puls oder Röntgenpuls, deshalb haben wir das Ding auch XRay-Free-Electron-Laser (XFEL) genannt.

Je nachdem wieviel Teilchenenergie die Elektronen besitzen, ist der Röntgenpuls entweder im Bereich weicher Strahlung von 10 bis 8 Nanometer - eine scharfe Grenze gibt es da nicht - und wird dann irgendwo bei noch kürzeren Wellenlängen harte Röntgenstrahlung. Auch in der Nähe von Gammastrahlung - ich muß direkt mal überlegen, wo genau sie im elektromagnetischen Spektrum einzuordnen ist - könnte man dann natürlich landen.

Radioaktive oder ionisierende Strahlung ist im Grunde ein Überbegriff für viele unterschiedliche Prozesse, die wir berücksichtigen müssen. Die Hutches, in denen die unterschiedlichen Instrumente arbeiten, sind während des Experiments abgeschirmt. Die ionisierende Strahlung ist für den Menschen gefährlich, deshalb müssen dann alle raus. Viele Instrumente können ferngelenkt werden.

Darüber hinaus haben wir im Beschleuniger eine Absuchprozedur. Der Beschleunigerraum kann während des Betriebes nicht betreten werden, weil auch dort Synchronstrahlung, also Röntgenstrahlung, entstehen kann, die für den Menschen gefährlich wäre. Es gibt auch klassisch radioaktive Strahlung, wenn wir zum Beispiel Teilchen in der Vakuumkammerwand verlieren. Je nachdem, auf welches Material sie treffen, können einzelne Atome, die davon angeregt werden, in einen radioaktiven Zerfallsprozeß übergehen, um den Ruhezustand wieder herzustellen. Meist sind das aber nur sehr kurzlebige Isotope mit so geringen Zerfallszeiten, daß die radioaktive Strahlung schon nicht mehr meßbar ist, wenn man die Stelle erreicht hat. Aber auch in einem solchen Fall würde man von radioaktiver Strahlung sprechen.

SB: Mußten Sie beim Bau der Anlage oder insbesondere der Röhren darauf achten, daß solche leicht anregbaren Stoffe wie Betonarten oder Metalllegierungen vermieden werden, wie es beispielsweise beim Bau des Fusionsreaktors Wendelstein 7X der Fall gewesen ist?

WD: Ich glaube, Wendelstein spielt tatsächlich in einer anderen Liga. Er hat ein deutlich größeres Verlustpotential. Dort verlieren sie sehr viel mehr Teilchen in ihrem Material als es im XFEL der Fall ist. Wir sind in solchen Fällen angehalten, möglichst vernünftig zu agieren. Denn im Prinzip erfüllen die Edelstahl und Kupferlegierungen, die wir benutzen, sämtliche Ansprüche. Wir versuchen natürlich, ohne bestimmte Materialien - etwa leicht anzuregendes Kobalt - auszukommen, damit wir uns keine langlebigen Isotope einhandeln, falls es mal zu einem Teilchenverlust kommen sollte. Aufaktivierungen bei Strahlverlusten lassen sich nicht ausschließen. Es gibt auch einige heikle Stellen wie den Bereich um das Strahlrohr herum, denn alles was da drin ist im Beschleunigerraum, kann nicht einfach rausgenommen und in den Müll geschmissen werden. In der Regel ist es bedenkenlos frei meßbar. Aber wir sind auch darauf eingestellt, daß eventuell Stellen entstehen, die speziell entsorgt werden müssen.

SB: Das "Freimessen" wurde während des Rundgangs im XFEL mehrfach erwähnt. Den Begriff verbindet man natürlich schnell mit dem häufig in die Kritik geratenen "Freimessen von Atommüll", der so lange verdünnt wird, bis er unter den bedenklichen Grenzwerten liegt und dann im Straßenbau verwendet werden kann. Was heißt denn "frei meßbar" für das XFEL?

WD: Freimessen gehört eigentlich zu der im Strahlenschutzgesetz verankerten Überprüfung der Radioaktivität von Materialien, bei der nachgemessen wird, ob bestimmte Dosisgrenzwerte eingehalten wurden. Es ist letztlich immer das gleiche Gesetz, das das Ganze regelt, ob es sich um strahlende Abfälle der Atomindustrie handelt oder um Materialien von Teilchenbeschleunigern. Das muß man auch gar nicht verheimlichen. Wir betreiben unsere Anlage in einem Sperrbereich, einem Kontrollbereich. Alle Einrichtungen sind genau nach dem Strahlenschutzgesetz ausgelegt. Nur die Menge an strahlendem Material, das wir kreieren, bleibt relativ klein. Wenn wir tatsächlich radioaktive Isotope erzeugen würden, die länger aktiv bleiben, dann müßte das Material - sofern es nicht ohnehin im Beschleunigertunnel verbleibt - irgendwie speziell gelagert werden. Es kommt allerdings selten vor, daß wir etwas ausbauen wollen. Doch wenn jemand im Tunnel staubsaugt, dann muß der Staub natürlich vermessen werden, ehe er entsorgt werden kann.

SB: Röntgenstrahlen sind ionisierende Strahlen, die - Sie sprachen es bereits an - das Einhalten vorgeschriebener Sicherheitsbedingungen beim Betrieb der Anlage und der Experimente erfordern, um das Betriebspersonal und die Wissenschaftler, die hier arbeiten, nicht zu gefährden. Mußten eigentlich noch weitere Vorkehrungen getroffen werden, damit keine ionisierende Strahlung das Gelände verläßt? Oder geht man davon aus, daß für die umliegende Bevölkerung keine Gefahr besteht, weil die Anlage unterirdisch verläuft und das Erdreich alle Strahlung ausreichend abschirmt?

WD: Das ist genau der Grund. Natürlich erzeugt die Anlage, wenn sie in Betrieb ist, ionisierende Strahlung. Über das Ausmaß haben wir natürlich zunächst einmal selbst Rechnungen und Betrachtungen angestellt. Es ist aber auch noch einmal unabhängig davon durch ein Freiburger Institut begutachtet worden. Es gibt ein Planfeststellungsverfahren, das sich genau damit beschäftigt. Fazit des Ganzen ist, daß sich die gesamte Anlage in einer Betonröhre mit einer Wand von etwa 30 Zentimetern Dicke befindet. Darin bleibt schon eine Menge der Strahlung stecken. Dazu kommt eine vorgeschriebene Mindestüberdeckung mit Erdreich. Ich glaube, das sind in unserem Fall ungefähr immer noch sechs Meter Überdeckung an der niedrigsten Stelle, der Düpenau, die den Beschleunigertunnel kurz vor dem Experimentiergelände in Schenefeld kreuzt. Da aber jede größere Tiefe des Tunnels den Schacht noch um einiges teuerer gemacht hätte, haben wir versucht, ein sinnvolles Minimum zu finden. Das waren nach der Vorgabe, daß jemand oben auf dem Beschleuniger wohnen und sein ganzes Leben verbringen kann, ohne letztendlich durch den Beschleuniger mehr als die ohnehin natürliche Strahlung abzubekommen, etwa diese sechs Meter.

SB: Das war die Bedingung für die Anlage? Das heißt, die Anwohner oder Einwohner im Einzugsgebiet des Tunnels müssen mit keiner weiteren Strahlung rechnen?

WD: Genau. So ist das ausgelegt. Das Ding ist da oben für die Öffentlichkeit vollkommen frei und gefahrlos begehbar. Wenn das nicht so wäre, müßte das Gelände komplett eingezäunt sein und die Zugänge kontrolliert werden. Doch bei Strahlung zählt vor allem auch die Zeit, in der man exponiert ist. Man hätte also ständig messen müssen, wer wieviel Strahlung ausgesetzt wurde und wie lange, um die Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. So finde ich das an sich sehr sinnvoll.

SB: Alles ist frei zugänglich? Gibt es keinen Bereich auf dem Gelände, in dem man sich besser nicht aufhalten sollte, wenn der Beschleuniger arbeitet?

WD: Also im Beschleunigerbereich selbst kann man sich aufgrund der ionisierenden Strahlung gar nicht aufhalten. Das betrifft den Beschleunigerraum an sich, aber auch den Injektorbereich auf dem DESY-Gelände zwischen dem 5. und dem 7. Untergeschoß, je nachdem, wo man dann letztendlich die Strahlenschutzdecken eingezogen hat. Ansonsten ist das gesamte Gelände hier auf dem DESY genauso wie jeder öffentliche Raum frei begehbar. Sie können sich überall frei bewegen, es sei denn, es ist abgeschlossen. Wenn wir aber einen Zugang zum Beschleunigerbereich brauchen, weil wir aufgrund von Teilchenverlusten überprüfen wollen, inwieweit zum Beispiel Teile aufaktiviert wurden, dann betrifft das den sogenannten Kontrollbereich. Den dürfen nur bestimmte Personen unter besonderen Bedingungen betreten, die beispielsweise ein Dosimeter mitnehmen müssen, um die jeweilige Personendosis zu messen.

SB: In Ihrem Vortrag haben Sie davon gesprochen, daß die Elektronen quasi nach dem Gebrauch in so etwas wie einen Mülleimer geworfen werden. Gibt es darüber hinaus noch weitere Abfälle, die auf spezielle Weise entsorgt werden müssen?

WD: Wir nennen das "dump". Die Elektronen werden dort in einem Strahlfänger absorbiert, der gewissermaßen die Lebensdauer an Elektronen aufnimmt. Das heißt, die Elektronen landen in diesem Material und da bleiben sie. Mehr, als daß sich das Material erwärmt, passiert nicht. Die Anzahl der Elektronen, die wir hier beschleunigen, ist aber immer noch verschwindend gering zu dem, was an sich in Materie drin ist. Man muß sie nur abbremsen, damit sie nicht irgendwo unkontrolliert im Erdreich rumschwirren. Ansonsten haben wir, abgesehen von den üblichen Emissionen, welche die Energieerzeugung mit sich bringt, keine Abfälle. Die 15 Megawatt, die wir brauchen - das kann man ja nicht verschweigen - sind möglicherweise nicht CO2 neutral und stammen vielleicht auch aus Atomkraftwerken.

Unser Heliumkreislauf ist auch nicht hundertprozent dicht, geringe Mengen werden immer wieder entweichen. Doch Helium ist ein natürlicher Bestandteil der Atmosphäre, also das wäre keine nennenswerte Umweltbelastung. Auch die Luft, die wir da immer mal durch den Tunnel pusten und die auf der anderen Seite wieder verschwindet, ist nur insgesamt ein bißchen wärmer und trockener. Ansonsten - da müßte ich direkt nachdenken - produzieren wir außer dem üblichen Müll, den Menschen auf einer Baustelle erzeugen, keine erwähnenswerten Abfälle.

SB: Hat man schon mal überlegt, die in den Dumps entstehende Wärme oder die dort ausgemusterten Elektronen noch zu nutzen?

WD: Also im Prinzip brauchen wir von den schätzungsweise 15 Megawatt, also dem Stromverbrauch der gesamten Facility, vom Experimentiergebäude auf dem Schenefeld-Gelände bis zum DESY - nur ungefähr einen Megawatt wirklich für den Strahl. Das hört sich zwar anders an, ist aber für so ein gewaltiges, technisches Instrument ein großer und guter Konvertierungsfaktor. Wir haben also tatsächlich mit dem XFEL so etwas wie einen "Grünen Beschleuniger", das klingt nur leicht bescheuert. Aber wenn Sie sich mal das Ding in Standford genauer ansehen, wo damit wirklich nur warmes Wasser erzeugt wird, ist das deutlich ineffizienter. Ob es an der kryotechnischen Anlage liegt, wir also die Kühlanlage viel verwenden oder nicht, im Grunde kommt am Ende von allen technischen Umwandlungsprozessen immer warmes Wasser heraus. Das wird teilweise auf dem DESY-Gelände wieder verwendet. Das Problem mit dem Fernwärmekonzept war bei unseren Überlegungen dazu, daß wir regelmäßig im Winter einen Shut-down machen, das heißt wir würden gerade dann, wenn die Wärme gebraucht wird, keine anbieten können. Das war einer der Gründe, weswegen das nie so richtig in Betracht gezogen worden ist. Aber es gibt immer noch eine Arbeitsgruppe "Klima und Kraft", die sich mit diesen Themen beschäftigt und sich eigentlich auch über sinnvolle und nachhaltige technische Verbesserungen für den gesamten Campus Gedanken macht. Die hat das Thema Abwärmenutzung noch nicht aufgegeben. Ehrlich gesagt, auch wenn der XFEL wohl einer der effizientesten Beschleuniger ist, die je gebaut wurden, würde man vermutlich heute ein größeres Augenmerk in Richtung Nachhaltigkeit lenken, wenn man noch einmal mit der Planung und dem Bau beginnen würde. Und sicherlich wäre da auch noch Einsparpotential.

SB: Angesichts des zunehmend spürbar werdenden Klimawandels ist Energieeffizienz vermutlich in jeder Forschungseinrichtung inzwischen ein Thema, das nicht mehr umgangen werden kann.

WD: Ganz klar, ein sehr gutes Beispiel ist auf jeden Fall das European Spallation Source (ESS) in Schweden. Die arbeiten komplett CO2-frei

Die Energie der Anlage wird dort durch Solarpanel und Windkraftanlagen geliefert, die gemeinsam mit diesem Projekt geplant und gebaut worden sind. Doch dieser Ansatz kam entsprechend auch einige Jahre später. Als wir XFEL geplant haben, hatte man sich in Deutschland noch nicht dafür entschieden, aus der Atomkraft auszusteigen. Seitdem hat sich schon einiges geändert.

SB: Können die verschiedenen Hütten oder Experimentierkammern eigentlich gleichzeitig mit genug Röntgenlicht versorgt werden oder kann immer nur einer am "Mikroskop" arbeiten?

WD: Also, im Prinzip schicken wir hier im DESY zehnmal pro Sekunde so einen Elektronenzug, das sind dann 2.700 Pakete, die hintereinander aufgereiht sind, in die Richtung Schenefeld los. Dann gibt es eine Weiche, die den Zug einmal in der Mitte in zwei Hälften teilt. Das können wir einstellen, wie wir es wollen. Der eine Zug fährt dann in den Südfächer, wo SASE 2 steht, der andere geht in Nordfächer, da wo SASE 1 und 3 stehen. Das heißt, jedes dieser Instrumente kann 10 mal pro Sekunde mit der gewünschten Anzahl an Teilchenpaketen versorgt werden, um damit zu experimentieren.

SB: Am 1. Juli hat das DESY eine Pressemitteilung herausgegeben, in der davon die Rede ist, daß Forscher ein einzelnes Atom in einem Molekül mit einem ultraintensiven Röntgenblitz in eine Art elektromagnetisches Schwarzes Loch verwandelt hatten. [3] Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß etwas ähnlich Ungeplantes mit den ultraintensiven Röntgenblitzen passiert, die das XFEL erzeugt? Daß mal Teilchen in der Wand verloren gehen können, hatten Sie ja schon erwähnt.

WD: Also zunächst hoffen wir alle, daß bei den Experimenten etwas Unerwartetes passiert, allein aus Neugier. Diese Frage sollte man eher den Experimente-Wissenschaftlern stellen, was sie deren Vorstellung nach hinter den Türen erwartet, die sie öffnen wollen.

SB: Was wäre denn auf Ihrer Seite, gewissermaßen als Scotty im Maschinenraum, das Worst Case Szenario? Könnte auch mal ein ultraintensiver Strahl auf die schiefe Bahn geraten?

WD: Ja, unsere größte Sorge ist immer, daß bei den Heliumprozeßleitungen, die wir zusammengeschweißt haben, mal irgend etwas schief geht. Diese Module enthalten bei Minus 271 Grad Celsius flüssiges Helium, das in ein Isoliervakuum sicher eingepackt wird. Und wenn nun zum Beispiel aus irgendwelchem Grund das Isoliervakuum zusammenbrechen würde, dann würde das flüssige Helium ganz plötzlich verdampfen und muß dann ja irgendwo hin. Es wird sich also einen Weg nach draußen bahnen. Dafür gibt es besondere Ablaßventile an den Modulen, von da aus wird sich das Gas in den Tunneln verteilen und wäre dann quasi von einem zum anderen Moment "futsch". Dazu käme aber noch, daß dies mit gravierenden Beschädigungen der Anlage verbunden wäre, an denen wir eine gute Weile reparieren müßten. Für diesen Fall haben wir uns einiges überlegt, was man dagegen tun kann und was dann passieren würde, aber erleben wollen wir es nicht.

Für andere Veränderungen durch den Röntgenstrahl fehlt mir allerdings momentan die Phantasie. Der Verlust des Isoliervakuums und damit ein Austritt von Helium wären für uns tatsächlich der schlimmste Fall.


Ein Fenster im Modul zeigt das heikle Innenleben mit Wärmeabschirmung, Vakuum und Niobresonator - Foto: © 2017 by Schattenblick

Die größte Sorge - Ein Leck in der Kühlanlage.
Foto: © 2017 by Schattenblick

SB: Die Schwierigkeit, diese 96 Niobmodule mit Titanschweißnähten zu versehen, hatten Sie bereits im Vortrag erwähnt. Sind die Schweißer des XFEL inzwischen gefragte Spezialisten für diese Technologie?

WD: Naja, das klingt zwar ein wenig nach Eigenlob, aber tatsächlich sind wir derzeit die Spezialisten dafür. Zum einen haben wir einen Technologietransfer zur Industrie und zum anderen zu einem französischen Partner durchgeführt und die haben unheimlich lange gebraucht, um ihre Schweißer so zu qualifizieren, daß sie diese Schweißnaht machen konnten. Manchmal sind es ganz kleine Dinge, die man wissen muß, die einen Unterschied in der Qualität ausmachen, etwa wie man das Ding ansetzt, ob ich dann durch meinen Atemschutz darauf geatmet und Wassertröpfchen hinterlassen habe oder ob ich darauf achte, nur seitwärts zu atmen, kann schon Einschlüsse oder Kontaminationen in der Naht nach sich ziehen. Das ist etwas, was sich in der Theorie schwer vermitteln läßt. Es hat wirklich lange gedauert, die Fachkräfte dafür zu trainieren. Und da gibt es eine Menge an Expertenwissen, das mir einen Riesenrespekt einflößt, wenn ich denke, was sich die Leute über die Jahre angeeignet haben mußten, um das alles genau so hin zu bekommen, damit das funktioniert.

SB: Da steckt auch sehr viel handwerkliche Kunst in so einer Technologie.

WD: Absolut, teilweise auch Nischenkenntnisse, die man sich damit angeeignet hat, aber die Arbeit mit "Gott, das ist doch einfach bloß schweißen" zu beurteilen, wäre, sie völlig zu unterschätzen. Das sind wirklich echte Experten, die auch sicherlich stolz darauf waren, daß sie das so perfekt zusammengefügt haben. Das ist schon etwas Besonderes. Da muß ich schon sagen, wir stehen auf den Schultern der Techniker und Ingenieure, die das machen. Drei Jahre lang immer jeden Morgen in diesen Tunnel runter zu gehen und diese Qualität abzuliefern: Hut ab! Fand ich wirklich toll.

SB: Ist das Qualitätsarbeit für die Ewigkeit gewesen oder verbrauchen sich die Module, müssen sie häufiger ausgewechselt werden?

WD: Nein, die verbrauchen sich nicht. Der kleinere Röntgenlaser FLASH läuft ja schon sehr lange. Das ist bei uns anders als bei großen Installationen in den USA. Der Jefferson [Beschleunigerjargon für: Thomas Jefferson National Accelerator Facility (TJNAF), Anm. d. SB-Red.] ist auch ein Beispiel, in dem supraleitende Cavities verwendet werden. Anders als bei uns degradieren dort die Cavities tatsächlich, so daß sie das Modul auseinandernehmen, mit Hochdruckspülen zu säubern versuchen und dann wieder zusammenbauen.

Bei FLASH haben wir das an sich nie beobachtet. Und das liegt auch daran, daß wir wirklich penibelst drauf achten, daß der gesamte Bereich ringsherum unter Ultrahochvakuumbedingungen zusammengebaut wird. Das sind Reinraumbedingungen, die aus der Raumforschung stammen. Die dort arbeiten, stecken in einem Astronautenanzug, die ganze Zeit bläst saubere Luft auf diese Stelle. 24 Stunden bevor man anfängt beginnt das Gebläse, damit auch wirklich aller Staub beseitigt ist. Und das scheint sich zu bewähren. Das ist auch etwas, das unsere Mitarbeiter von anderen Instituten lernen mußten, daß es offensichtlich Sinn macht, so penibel zu sein. Bei FLASH hat sich das die letzten 14 Jahre schon ausgezahlt. Die Module sind noch genau so, wie sie zu Anfang eingebaut worden sind. Wir schätzen, daß die Anlage noch mindestens 30, aber möglicherweise auch noch 45 Jahre so weiterlaufen wird.

SB: War das ein Jugendtraum von Ihnen, oder was hat Sie zum DESY gebracht?

WD: Ich bin aus Zufall Physiker geworden. Eigentlich wollte ich Landvermesser werden, weil mein Großvater das war. Aber dann stellte ich beim Praktikum fest, daß man in diesem Beruf sehr früh aufstehen muß. Das wollte ich nicht und so bin ich Physiker geworden. Ich habe am DESY meine Diplomarbeit gemacht und die Atmosphäre hier war unheimlich faszinierend. Einfach diese Internationalität, die Zusammenarbeit mit vielen Leuten gemeinsam an einem Projekt, die Kommunikation im Extrem, das alles ist schon wirklich toll und eine spannende Herausforderung für jeden hier.

SB: Man hat auch irgendwie das Gefühl - wenn ich das mal ketzerisch anmerken darf - daß hier am DESY auch große Träume wahr werden, während andere Forschung oft über die ausbleibende Finanzierung klagt. Am DESY und XFEL scheint Geld keine große Rolle zu spielen.

WD: Es ist schon eine sehr teure Forschung, das ist ja klar. Wir drehen im Vergleich zu anderen Wissenschaften sicherlich an einem großen Rad. Das ist einfach so. Ich denke, daß der Forschungsstandort Deutschland oder Europa sich das leisten kann. Aber natürlich ist es auch so, daß ich insgesamt mehr Kapital in die Hand nehmen muß, um so etwas überhaupt durchzuziehen. Das heißt, wir mußten auch erst lernen, mit Bestellungen umzugehen, die eine Finanzierung von 5 Millionen Euro erfordern, das kann man nicht mit Leuten, die nur Kleinbeträge wie 100 Euro zu verwalten gewöhnt sind. Man muß in der Lage sein, so ein Großprojekt zu managen. Das erfordert eine gewisse Erfahrung auch in der Art, wie man so etwas händelt. Dazu kommt, daß wir in den letzten Jahren die richtigen Projekte vorgeschlagen haben. Wir bekommen das Geld ja nicht einfach so, wir überlegen uns diese Projekte, die auch sehr genau geprüft werden.

Und diese Forschungsprojekte sind auch nicht im luftleeren Raum entstanden, sondern letztendlich auf ein konkretes Bedürfnis hin, mehr über die Materie zu erfahren. Das Erforschen der Materie in dieser Form ist momentan sehr relevant und damit kann man dann natürlich halt offensichtlich auch genug Leute selbst in der strengen Wissenschafts-Community überzeugen, hier Gelder reinfließen zu lassen, die möglicherweise auch 10 Jahre woanders fehlen. Aber man ist überzeugt davon, daß man nach 10 Jahren mit diesem Projekt ganz tolle Forschung machen wird. Dafür ist das DESY eine überzeugende Garantie, mit der wir bereits PETRA III umbauen und FLASH ausbauen konnten. Das sind eigentlich ausreichende Beweise dafür, daß wir hier von der Wissenschaftsgemeinschaft wie auch von der Politik als etwas wahrgenommen werden, wo wirklich relevante Spitzenforschung gemacht wird. So sehe ich das, aber das muß ich natürlich auch.

SB: Das ist ein schönes Schlußwort, haben Sie vielen Dank, Herr Dr. Decking.


Anmerkungen:


[1] Mehr dazu im Eingangsbericht zur DPG-Recherchereise:
BERICHT/008: Forschungstechnik neu - Rechnung ohne den Wirt? (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/natur/report/nrbe0008.html

[2] http://www.xfel.eu/ueberblick/funktionsweise/

[3] http://www.desy.de/aktuelles/news_suche/index_ger.html?openDirectAnchor=1232


Bisher zur DPG-Recherchereise 2017 im Schattenblick unter INFOPOOL → NATURWISSENSCHAFTEN → REPORT erschienen:

BERICHT/008: Forschungstechnik neu - Rechnung ohne den Wirt? (SB)
BERICHT/009: Forschungstechnik neu - weit in die Zukunft planen ... (SB)

INTERVIEW/029: Forschungstechnik neu - Vakuum und mehr ...     Prof. Ralf Röhlsberger im Gespräch (SB)


16. August 2017


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