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ENERGIE/1339: Graphen als Frontkontakt für Silizium-Perowskit-Tandem-Solarzellen (idw)


Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH - 02.10.2015

Graphen als Frontkontakt für Silizium-Perowskit-Tandem-Solarzellen


HZB-Team entwickelt raffiniertes Verfahren, um die empfindliche Perowskit-Schicht erstmals mit Graphen zu beschichten. Anschließende Messungen belegen, dass Graphen ideal als Frontkontakt geeignet ist.


Grafik: © F. Lang / HZB

Die Tandem-Solarzelle besteht (von unten nach oben, wie der Lichteinfall) aus der Perowskit-Schicht (schwarz, 200-300 nm), Spiro.OMeTAD (beige, 200-300 nm), Graphen (am Rand mit Gold kontaktiert), einem Glasträger sowie der aSi-cSi-Schicht (lila).
Grafik: © F. Lang / HZB

Siliziumschichten wandeln vor allem die roten Spektralanteile des Sonnenlichts sehr effektiv in elektrische Energie um, während die blauen Anteile teilweise als Wärme "verloren" gehen. Um diesen Verlust zu reduzieren, kann man die Siliziumzelle mit einer weiteren Solarzelle, die vor allem die blauen Anteile umwandelt, kombinieren. Mit solchen Tandemzellen haben Teams am HZB bereits ausgiebig Erfahrung gesammelt. Eine besonders gute Ergänzung zum etablierten Silizium ist das hybride Material Perowskit: Es besteht sowohl aus organischen als auch anorganischen Komponenten und besitzt eine Bandlücke von 1,6 Elektronenvolt. Allerdings ist es sehr schwierig, die Perowskit-Schicht mit einem transparenten Frontkontakt zu versehen. Konventionelle Lösungen wie das Aufsputtern von Indium-Zinn-Oxid (ITO) zerstören die empfindliche Perowskit-Schicht.


Graphen als transparenter Frontkontakt:

Nun hat eine Gruppe um Prof. Norbert Nickel eine neue Lösung vorgestellt: Dr. Marc Gluba und Doktorand Felix Lang haben ein Verfahren entwickelt, um die Perowskit-Schicht gleichmäßig mit Graphen zu bedecken; Graphen besteht aus Kohlenstoffatomen, die sich zu einem zweidimensionalen Netz aus "Bienenwaben" anordnen und einen extrem dünnen Film bilden, der hoch leitfähig und vollkommen transparent ist.


Mehrstufiger Prozess:

Im ersten Schritt lassen die Wissenschaftler das Graphen aus einer Methanatmosphäre bei etwa 1000 Grad Celsius auf einer Kupferfolie aufwachsen. Für das weitere Vorgehen stabilisieren sie die empfindliche Schicht mit einem Lack, der das Graphen vor Zerreißen schützt. Denn im folgenden Schritt ätzt Felix Lang die Kupferfolie weg. So kann er im Anschluss die nun freistehende Graphen/Lack Schicht auf das Perovskit übertragen. "Dies wird normalerweise in Wasser gemacht, die Solarzelle fischt dann sozusagen die auf der Oberfläche schwimmende Graphenfolie auf. In diesem Fall ging das aber nicht, denn Perowskit ist höchst wasserempfindlich. Wir mußten daher eine andere Flüssigkeit finden, die das Perowskit nicht angreift und dennoch möglichst wasserähnlich ist", erklärt Gluba.


Graphen ideal geeignet:

Dass die Graphenschicht in mehreren Hinsichten ein idealer Frontkontakt ist, zeigten die anschließenden Messungen: Wegen der nahezu vollständigen Transparenz geht kein Sonnenlicht für die Energieumwandlung verloren. Vor allem aber gibt es keine Einbußen bei der Leerlaufspannung, wie es beim Aufsputtern von ITO der Fall ist. "Diese Lösung ist in der Handhabung vergleichsweise einfach und günstig", sagt Norbert Nickel. "Uns ist es damit gelungen, zum ersten Mal Graphen direkt auf eine Perowskit-Solarzelle zu übertragen und so eine hoch effiziente Tandemzelle mit einem transparenten Frontkontakt aus Graphen zu realisieren."


Journal of Physical Chemistry Letters:
Perovskite Solar Cells with Large-Area CVD-Graphene for Tandem Solar Cells;
Felix Lang, Marc A. Gluba, Steve Albrecht, Jörg Rappich, Lars Korte, Bernd Rech, and Norbert H. Nickel
J. Phys. Chem. Lett., 2015, 6 (14), pp 2745-2750
DOI: 10.1021/acs.jpclett.5b01177


Weitere Informationen unter:
http://www.helmholtz-berlin.de/pubbin/news_seite?nid=14324&sprache=de&typoid=5272
http://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/acs.jpclett.5b01177

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution111

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH,
Dr. Ina Helms, 02.10.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Oktober 2015

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