Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. - 16.07.2015
Die verborgene Kraft im Schilf
Natürliche Silikatstrukturen in Schilfpflanzen können zu Elektrodenmaterialien für Lithiumionenakkumulatoren umgewandelt werden.
Seit Urzeiten nutzt der Mensch Schilf als Material für den Bau und als Dachdeckmaterial wegen seiner stabilen Struktur und der stark wasserabweisenden Eigenschaften. Das Schilfblatt enthält einen großen Anteil an mikro- und nanostrukturiertem Silikat. Wie dieses auf relativ einfache Weise in hoch effiziente Anodenmaterialien für Lithiumionenakkumulatoren umgewandelt werden kann, haben chinesische und deutsche Wissenschaftler jetzt erforscht und in der Zeitschrift Angewandte Chemie publiziert.
Viele halten nanoporöses Silizium für das Anodenmaterial der Zukunft, denn
im Vergleich zu graphitischem Kohlenstoff, der bislang das meistgenutzte
Anodenmaterial ist, hat es eine viel höhere theoretische Kapazität und
eine geringere Arbeitsspannung. Die große Herausforderung sind jedoch noch
die Kosten für die Herstellung von nanostrukturiertem Silizium. Bislang
wurden hierfür einfache Silicate chemisch und physikalisch aufwändig
umgewandelt, oder teures Silizum-Ausgangsmaterial modifiziert. Einen ganz
anderen Weg schlagen Yan Yu und ihre Kollegen vom Max-Planck-Institut für
Festkörperforschung in Stuttgart, von der University of Science and
Technology of China und der South China University of Technology ein. Nach
der Vorstellung der Wissenschaftler sollte es möglich sein, die
hierarchische Architektur der Silicatkristalle in den Schilfblättern
auszunutzen, um sie in eine ebenso geordnete Mikro- und Nanoporosität von
Silizium zu bringen. "Schilfblätter weisen eine definierte
dreidimensionale hierarchische Blatt-Mikrostruktur auf", argumentieren die
Wissenschaftler. "Diese lässt sich durch Magnesiothermie in eine
dreidimensionale, überaus poröse hierarchische Siliciumarchitektur
umwandeln". Durch einfache Beschichtung mit Kohlenstoff als letztem
Schritt erhielten die Autoren dann ein Anodenmaterial, das mit hoher
spezifischer Kapazität und einer sehr guten Aufladerate und
Zyklusstabilität, wie sie für moderne Lithiumionenakkumulatoren gefordert
sind, aufwartet.
Besonders bemerkenswert an dieser Studie ist die Tatsache, dass die ursprüngliche Architektur der Silicate aus der Pflanze trotz der chemischen und physikalischen Behandlung so außerordentlich gut erhalten bleibt. Während der Aufreinigung aus den trockenen Schilfblättern schrumpft die dreidimensionale Struktur stark zusammen, behält aber ihr mesoporöses Netzwerk. Selbst während der Reduktion zur carbonisierten Silizium-Endstruktur ändert sich die Architektur nicht wesentlich. Aus diesem Grund sollte sich das Schilf-Silicat als nachhaltiges Ausgangsmaterial für Batterieelektroden sehr gut eignen. Schilf wächst in Form großer Monokulturen an Wasserläufen und um Seen herum in gemäßigten Regionen weltweit.
Angewandte Chemie: Presseinfo 28/2015
Autor: Yan Yu, University of Science and Technology of China (China),
http://en.scms.ustc.edu.cn/faculty/professors/201204/t20120413_132735.html
Permalink to the original article:
http://dx.doi.org/10.1002/ange.201503150
Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V., Dr. Renate Hoer, 16.07.2015
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E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juli 2015
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