Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie - 01.12.2015
Ein Quantum Licht für die Materialwissenschaften
Bisher wurde in Computersimulationen zur Vorhersage des Einflusses elektromagnetischer Strahlung auf Moleküle, Nanostrukturen oder Festkörper angenommen, dass Licht sich klassisch verhält. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie am CFEL in Hamburg und des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin haben nun gezeigt, wie man in solchen Simulationen die Quantennatur des Lichts berücksichtigt. Die heute in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichte Methode könnte in Zukunft dafür genutzt werden, Materialeigenschaften gezielt mit Photonen zu verändern.
Die Ladungsdichte eines Elektrons (in blau) verändert sich durch die
Wechselwirkung mit Photonen (in rot).
Grafik: © J.M. Harms/MPSD
Atome, Moleküle und Festkörper bestehen aus positiv geladenen Kernen
und negativ geladenen Elektronen. Die meisten physikalischen und chemischen
Eigenschaften von Materie werden durch die Wechselwirkung dieser
fundamentalen Bestandteile bestimmt. Die elektrisch geladenen Teilchen
interagieren dabei, indem sie Photonen, die Quantenteilchen des
elektromagnetischen Feldes, austauschen. Wie dies geschieht, wird durch
die Gleichungen der Quantenelektrodynamik beschrieben. Da diese
Gleichungen ausgesprochen schwer zu lösen sind, muss man sie stark
vereinfachen, um sie auf reale Materialen anwenden zu können. So nimmt man
in der Quantenchemie oder der Festkörperphysik üblicherweise an, dass man
die Quantennatur des Lichts vernachlässigen kann. Obwohl diese Annahme oft
gerechtfertigt ist, haben kürzlich durchgeführte Experimente gezeigt, dass
die Quanteneigenschaft des Lichts das Verhalten von Materialien in
bestimmten Situationen dramatisch verändern kann.
Herkömmliche Computersimulationen komplexer Quantensysteme behandeln elektromagnetische Strahlung jedoch klassisch. Um auch in solchen Situationen Vorhersagen treffen zu können, haben Wissenschaftler der Theorieabteilung des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie, geleitet von Prof. Angel Rubio, eine neue Simulationsmethode vorgeschlagen, welche die Quantennatur des Lichts berücksichtigt. In ihrem neuen Ansatz beschreiben die Wissenschaftler das System aus geladenen Teilchen und Photonen als Quantenflüssigkeit. Hierbei bilden die Teilchen einen Ladungsstrom, der ein klassisches elektromagnetisches Feld erzeugt, welches wiederum auf sehr komplexe Weise auf den Ladungsstrom zurückwirkt. In der aktuellen Arbeit zeigen die Forscher wie dieser Ansatz das Verhalten eines stark mit den Photonen wechselwirkenden Elektrons auf einer Oberfläche richtig beschreiben kann. "Der Vorteil dieser Formulierung des gekoppelten Elektronen-Photonen Problems ist, dass man Näherungen finden kann, die Teilchen und Photonen gleichermaßen beschreiben", sagt Johannes Flick, einer der Hauptautoren der Arbeit. "Dadurch ergibt sich die Möglichkeit neuartiger Computersimulationen, welche die Photonen nicht vernachlässigen, aber nach wie vor einfach und praktikabel bleiben", fügt Michael Ruggenthaler, Zweitautor der Studie, hinzu. Als nächsten Schritt will Rubios Team die entwickelte Methode verwenden, um komplexe Quantensysteme in Situationen zu untersuchen, in denen Photonen vermutlich eine wichtige Rolle spielen. Dadurch wollen sie verstehen wie die Quantennatur des Lichts die Eigenschaften von Materialien verändert. Dies könnte in Zukunft neue Wege eröffnen, um chemische Reaktionen in komplexen Systemen wie Biomolekülen zu kontrollieren und neue Materiezustände zu finden.
Originalpublikation:
J. Flick, M. Ruggenthaler, H. Appel, and A. Rubio, "Kohn-Sham approach to
quantum electrodynamical density-functional theory: Exact time-dependent
effective potentials in real space", Proceedings of the National Academy
of Sciences (2015), DOI: 10.1073/pnas.1518224112
Weitere Informationen unter:
http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1518224112
Originalpublikation
http://www.mpsd.mpg.de/115242/theod
Forschungsgruppe von Prof. Dr. Angel Rubio
http://www.mpsd.mpg.de
Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1902
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie,
Dr. Michael Grefe, 01.12.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2015
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