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INTERNATIONAL/004: Simbabwe - Viele Menschen mit Behinderung ausgebeutet (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. Mai 2014

Simbabwe: Viele Menschen mit Behinderung ausgebeutet

Von Jeffrey Moyo


Bild: Jeffrey Moyo/IPS

Veronica Chinyerere, Leiterin und Gründerin der Simbabwischen Amputiertenvereinigung (ZAA), an ihrem Stand in Harare
Bild: Jeffrey Moyo/IPS

Harare, 7. Mai (IPS) - Der diesjährige internationale Tag der Arbeit am 1. Mai kam und ging. Für die Straßenverkäuferin Tsitsi Chikosha, die ihre Waren auf einem Tisch im Zentrum der simbabwischen Hauptstadt Harare anbietet, war er wie jeder andere.

Die 31-Jährige gehört zu den 1,5 Millionen Landsleuten, die geistig oder körperlich benachteiligt sind, wie Zahlen der Nationalen Vereinigung der Gesellschaften für die Betreuung von Behinderten (NASCOH) belegen. Doch nur zwei Prozent der Betroffenen gehen nach Angaben des Simbabwischen Statistikamts einer regulären Arbeit nach. Angenommen wird, dass 64 Prozent im informellen Sektor beschäftigt sind und von den übrigen viele als Bettler überleben.

Chikosha zufolge profitiert von ihrer Arbeit vor allem ihr Boss. Denn ihre Behinderung schützt sie vor Übergriffen durch die Polizei gegen illegale Händler. "Dieser Job, der von behinderten Menschen wie mir erledigt wird, bringt uns selbst nicht viel ein. Da wir keine Arbeitsverträge haben, können wir uns gegen Ungerechtigkeiten nicht wehren. Eh du dich versiehst, kannst du dir eine neue Arbeit suchen."

Wie die Stadtratssprecherin Lesley Gwindi erklärt, sieht das Gesetz keine Sonderbehandlung der Menschen mit Handicaps vor. Wohl aber würden sie von der Polizei mit Samthandschuhen angefasst. Straßenverkäufer brauchen einen Gewerbeschein, der zwischen 30 bis 40 US-Dollar kostet. "Die Behörden gehen gegen illegal arbeitende Straßenverkäufer vor. Viele Händler setzen Menschen mit Behinderungen ein, weil sie glauben, dass die Ordnungs- und Sicherheitskräfte größere Skrupel haben, sie zu vertreiben", meint der NASCOH-Geschäftsführer Farai Mukuta. "Leider jedoch führt die Beschäftigung von Behinderten zu deren Ausbeutung. Was sie verdienen, steht oft genug in keinem Verhältnis zu dem Arbeitspensum, dass sie leisten müssen."


Geringe Möglichkeiten, sich zu wehren

Arbeitsrechtsexperten wie Agrippa Govere zufolge ist der Straßenverkauf ein Phänomen, das die Kluft zwischen Behinderten und Nicht-Behinderten nur noch weiter vergrößert. "Menschen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen, die meist direkt von der Straße weg angeheuert werden werden, haben keine Möglichkeit, rechtlich gegen ihre Arbeitgeber vorzugehen, weil es keinen Arbeitsvertrag gibt. Dadurch sinken die Behinderten nur noch weiter ins Elend und ihre Bosse werden reicher und reicher", warnt Govere.

"Menschen mit Behinderungen sind meist extrem unterbezahlt", so auch Veronica Chinyerere, die die Simbabwische Amputiertenvereinigung (ZAA) leitet. "Da sie sehr arm sind, haben sie häufig gar keine andere Wahl, als die ihnen angebotene Arbeit anzunehmen. Häufig werden sie mit Nahrungsmitteln entlohnt, erhalten für den Arbeitstag und ihre Fahrkosten jeweils einen Dollar."

Doch Erasmus Chikukwa, ein Händler, der Behinderte für sich arbeiten lässt, weist die Vorwürfe zurück. "Man kann von uns wohl schwerlich erwarten, dass wir unsere Einkünfte, die diese behinderten Menschen erwirtschaften, mit ihnen teilen", meint er. Der ZAA zufolge werden jeden Tag etwa 500 Menschen mit Behinderungen an verschiedene Orte der Stadt gebracht, um dort als Straßenverkäufer zu arbeiten.


Als Unternehmerin besser dran

Doch gibt es auch Fälle, in denen Menschen mit Behinderungen ein eigenes Gewerbe aufgezogen haben. "Ich bin meine eigene Herrin und verkaufe meine Waren hier auf der Straße", berichtet Rudo Mapaso. Sie konnte ihr kleines Geschäft mit Hilfe von Spendengeldern aufbauen.

An guten Tagen nimmt die 41-Jährige 50 Dollar mit nach Hause. Das reicht aus, um sich und ihre dreiköpfige Familie über die Runden zu bringen. Die meisten Menschen mit Behinderungen sind beim Ministerium für soziale Wohlfahrt gemeldet und erhalten eine Behindertenrente in Höhe von 20 Dollar pro Haushalt. Den Betroffenen zufolge ist das viel zu wenig, um zu überleben. (Ende/IPS/kb/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/05/disabled-forced-labour-zimbabwe/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Mai 2014