Ruhr-Universität Bochum - 10.02.2015
Weder Mädchen noch Junge: RUB-Forscherinnen untersuchen Versorgungssituation intersexueller Kinder
Was in Kliniken passiert, wenn Babys mit "uneindeutigem" Geschlecht geboren werden
Was passiert, wenn ein Kind geboren wird, was nicht eindeutig ein Mädchen
oder Junge ist? Wie werden die Eltern beraten? Wie geht es weiter? Das
untersuchen erstmals RUB-Forscherinnen um Prof. Dr. Katja Sabisch (Gender
Studies) anhand von Interviews mit betroffenen Eltern, Ärztinnen und
Ärzten. Ihre Studie "Intersexualität in NRW. Eine qualitative Untersuchung
der Gesundheitsversorgung von zwischengeschlechtlichen Kindern in
Nordrhein-Westfalen" wird unterstützt vom Landeszentrum Gesundheit
NRW.
Ziel ist es, Stärken und Schwächen der real praktizierten Medizin im Fall
von intersexuell geborenen Kindern identifizieren.
Schätzungsweise eines von 4.500 Kindern wird mit äußerlichen Geschlechtsmerkmalen geboren, die nicht eindeutig sind. Für die Eltern ist die Geburt eines betroffenen Kindes mit großen Unsicherheiten verbunden. Für die Kinder ist es ein Schicksal, das häufig mit großem Leid einhergeht, nicht zuletzt verursacht durch geschlechtszuweisende Operationen im frühen Kindesalter, die seit den 1970er Jahren vorgenommen werden und auch heute noch gang und gäbe sind. Eine Hamburger Studie hat 2007 gezeigt, dass viele Intersexuelle mit ihrer Situation und der Behandlung in Kliniken äußerst unzufrieden sind.
Bislang wurde aber nicht untersucht, welche Erfahrungen die Eltern von intersexuellen Kindern in den Kliniken machen, wie sie beraten und unterstützt werden oder ob sie mit der Behandlung ihrer Kinder zufrieden sind. Die RUB-Forscherinnen wollen die Versorgungsrealität nun erstmals untersuchen. Dazu führen sie Interviews mit Eltern intersexuell geborener Kinder durch, die seit 2010 in Nordrhein-Westfalen zur Welt gekommen sind. Außerdem befragen sie Ärztinnen und Ärzte, welche Maßnahmen sie bei Geburt eines betroffenen Kindes ergreifen.
2012 stellte der Deutsche Ethikrat fest, dass irreversible medizinische Maßnahmen zur Geschlechtszuordnung einen Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit darstellen. Kurz darauf sprach sich die Gesundheitsministerkonferenz der Länder auf Initiative der nordrhein-westfälischen Landesregierung dafür aus, die Empfehlungen des Deutschen Ethikrates zur Intersexualität aufzugreifen und geeignete Maßnahmen zu entwickeln, um die Diskriminierung und das damit verbundene schwere Leid der Betroffenen zu beenden. In diesem Zusammenhang damit steht auch die seit dem 1. November 2013 gültige neue Vorschrift im Personenstandsgesetz: Erstmals kann der Geschlechtseintrag im Geburtsregister bei Neugeborenen mit "uneindeutigem" Geschlecht offen bleiben.
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Ruhr-Universität Bochum, Meike Drießen, 10.02.2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Februar 2015
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