Schattenblick →INFOPOOL →PANNWITZBLICK → PRESSE

BERICHT/375: Konduktive Förderung - Methode zeigt Erfolge (Selbsthilfe)


Selbsthilfe - 2/2013

KONDUKTIVE FÖRDERUNG
Methode zeigt Erfolge

Von Dr. Anna Souksengphet-Dachlauer



Wenn Victoria Rollstuhltanz macht oder Keyboard spielt, ist sie glücklich. Die junge selbstbewusste Frau hört am liebsten Status Quo und Carlos Santana. "Musik ist ihr Leben", sagt ihr Vater Wolfgang Vogt. Als Victoria als sog. Frühchen zur Welt kam und aufgrund anschließender Komplikationen mit schweren Behinderungen nach Hause entlassen wurde, hätte das niemand gedacht. Aber gehofft haben ihre Eltern immer, und sie haben mit ihrer Tochter zusammen gearbeitet - mit großem Erfolg.


Victoria wurde vor 25 Jahren in der 27. Schwangerschaftswoche geboren. Nach einer schweren Hirnblutung kam sie nach sechs Monaten blind, mit Hydrocephalus, Zerebralparese und der Prognose "Kontaktunfähigkeit" nach Hause. Als Victoria vier Jahre alt war, erfuhren die Vogts von der Konduktiven Förderung nach Petö in Ungarn. Im Jahr 1992 machte sich die Familie mit Victoria und ihrer zweiten Tochter Franziska auf den Weg nach Budapest ins Petö-Institut - und merkte schnell, dass die Konduktive Förderung sowohl Victoria als auch der gesamten Familie gut tat.


Was ist die Konduktive Förderung?

Das System der Konduktiven Förderung stellt besonders für Kinder und Erwachsene mit Schädigungen des Zentralnervensystems eine nachhaltige Hilfe dar. Nach diesem ganzheitlichen Ansatz werden Störungen als Lernhindernisse verstanden. Durch die Aktivierung des eigenen Tuns, insbesondere anhand von Alltagssituationen, können diese überwunden werden. So spricht z.B. die Anleitung zum Aufdrehen eines Wasserhahnes sowohl die motorischen und kognitiven Fähigkeiten an als auch die sozialen und emotionalen Bereiche: Eine solche Handlung schult die Beweglichkeit, bringt in Kontakt und macht vor allem stolz auf die eigene Leistung.

Die Vogts waren immer wieder für längere Zeit in Budapest und übernahmen die Konduktive Förderung zunehmend in ihren Alltag. Laut Wolfgang Vogt bedeutete das, Victoria die Alltagshandlungen nicht aus der Hand zu nehmen, sondern ihr zu ermöglichen, es selbst zu tun. In dieser Zeit aktivierte Victoria ihr Restsehvermögen, lernte zu sprechen, zu sitzen und sogar mit Vierpunktstützen zu gehen. "Unsere Tochter hat riesige Fortschritte gemacht", freut sich Vogt. "Sie hat sich zu einer selbstbewussten jungen Frau entwickelt, die weiß, was sie will: Nämlich eigen-aktiv am Leben teilnehmen und nicht daneben stehen. Ihre Lebensfreude ist wirklich bezeichnend."


Weltkongress im Oktober in München

Wolfgang Vogt gab aufgrund dieser Erfahrungen seinen Beruf auf und engagierte sich in den 1990er Jahren für die Etablierung der ersten konduktiven Einrichtungen in Deutschland. Heute ist er Vorsitzender von Fortschritt Würzburg e.V. sowie des Bundesverbands Konduktive Förderung nach Petö e.V.

Aktuell organisiert Vogt gemeinsam mit dem Bundesverband der in Deutschland tätigen KonduktorInnen e.V., der Phoenix gGmbH, der Stiftung Pfennigparade aus München, dem Verein für Menschen mit Körperbehinderung Nürnberg e.V. und Fortschritt Starnberg e.V. den 8. Weltkongress Konduktive Förderung, der erstmals in Deutschland stattfindet:

Unter dem Motto "Rhythm & Balance" werden Fachleute und Interessierte aus aller Welt vom 9. bis zum 12. Oktober 2013 die Gelegenheit haben, sich im Veranstaltungsforum Fürstenfeld in Fürstenfeldbruck/München umfassend über die Konduktive Förderung zu informieren. In Vorträgen von internationalen Experten, Diskussionen und Workshops wird es u.a. um neurophysiologische Aspekte in Bezug auf Rhythmus und Gleichgewicht, Einsatzmöglichkeiten der Konduktiven Förderung in Kindergarten, Schule und Ausbildung, Integration und Inklusion, Sport und Freizeit, Erwachsenenbildung sowie Wohnformen und Arbeitsleben gehen.

Und Victoria? Die ist natürlich zusammen mit ihrer Familie auch dabei.


TERMIN

8. Weltkongress Konduktive Förderung: "Rhythm & Balance"
9. - 12. Oktober 2013
Veranstaltungsforum Fürstenfeld, Fürstenfeldbruck/München

Infos zum Kongress und Programm:
www.ce-worldcongress2O13.org

*

Quelle:
Selbsthilfe 2/2013, S. 23
Zeitschrift der BAG SELBSTHILFE e.V.
Herausgeber: Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe
von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V.
BAG SELBSTHILFE
Kirchfeldstr. 149, 40215 Düsseldorf
Telefon: 0211/3 10 06-0, Fax: 0211/3 10 06-48
E-Mail: info@bag-selbsthilfe.de
Internet: www.bag-selbsthilfe.de
 
Die "Selbsthilfe" erscheint mit 4 Ausgaben pro Jahr.
Jahresbezugspreis:
Inland: 18,00 Euro zzgl. Porto und Versand
Ausland: 22,00 Euro zzgl. Porto und Versand
Einzelpreis: 5,00 Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. August 2013