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BERICHT/376: Autismus-Ferienprogramm in Bethel (Bethel)


Pressemitteilung der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - 28.08.2013

Autismus-Ferienprogramm in Bethel

Besondere Spiele für besondere Menschen



Bielefeld-Bethel. Klara liebt Rasierschaum. Damit reibt sie sich ein. "Eine ganze Dose verbraucht sie am Tag", verrät Anja Tillmann, die mit Klara im Wasserraum in der Mamre-Patmos-Schule spielt. Klaras Eltern kaufen nur eine ganz bestimmte Marke. "Die sei unbedenklich, hat Klaras Arzt versichert", sagt die Ferienbegleiterin lachend und drückt auf die Düse. Klara ist Autistin. Eine Woche lang soll das achtjährige Mädchen beim Autismus-Ferienprogramm in Bielefeld-Bethel ganz viel Spaß haben.

Es ist still in der Mamre-Patmos-Schule. Kaum zu glauben, dass zwölf Schülerinnen und Schüler hier an einem Ferienprogramm teilnehmen. Doch die Jugendlichen haben kein Interesse aneinander und spielen auch nicht miteinander. Stattdessen wird jeder Einzelne von einer eigenen freiwilligen Helferin beschäftigt. Manche sind sogar in separaten Räumen, weil sie Gemeinschaft zu anstrengend finden. Die Betreuerinnen haben Listen, auf denen steht, was dem Kind gefällt und was nicht. Diese Informationen haben die Eltern sorgsam zusammengestellt, damit sichergestellt ist, dass die Jungen und Mädchen eine gute Zeit verleben.

Lars Hohmann war sechs, als er zum ersten Mal beim Ferienprogramm in Bethel mitmachte. Jetzt ist er 17 Jahre alt. Seine Begleiterin Sun-Hea Kang zeigt ihm Fotos von damals. "Schau einmal, Lars, wer ist das?", fragt sie und zeigt auf den kleinen Jungen mit Brille, der auf dem Sofa sitzt. Es ist dasselbe, auf dem Lars auch diesmal Platz genommen hat. Aufmerksam schaut er die Aufnahme an. Dann erkennt er sich und lächelt: "Lars", sagt er.

Für die Familien in Ostwestfalen ist es sehr entlastend, wenn ihre Kinder in den Sommerferien ein oder zwei Wochen am Autismus-Ferienprogramm teilnehmen. Dann haben sie mehr Zeit für sich und die Geschwisterkinder und können auch ganz spontan etwas unternehmen. Das Angebot in Bethel wird vom Fachdienst Autismus gemeinsam mit den Familienunterstützenden Diensten Herford, Gütersloh und Bielefeld veranstaltet. Die Kosten der Freizeit werden teilweise aus Spendentöpfen der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel mitfinanziert.

"Lars liebt es, mit Bus und Bahn zu fahren. Das machen wir gleich. Dann geht es kreuz und quer durch Bielefeld", kündigt Sun-Hea Kang an. Die freiwillige Helferin studiert Sonderpädagogik und hat in einem Einführungskurs in Bethel mehr über die Entwicklungsstörung "Autismus" erfahren. So hat sie zum Beispiel gelernt, dass es autistischen Menschen ganz wichtig ist, Routinen einzuhalten. "Im Ferienprogramm ist der Ablauf vormittags immer gleich. Am Nachmittag probieren wir eventuell auch etwas Neues aus", so die Studentin.

Die jungen Frauen, die sich mit den Kinder und Jugendlichen beschäftigen, sind vor allem ehrenamtliche Helferinnen. Sie werden von einer Expertin vom Fachdienst Autismus unterstützt. Sun-Hea Kang und Lars kommen jedoch bestens miteinander klar. "Ich habe schnell einen Zugang zu Lars gefunden", freut sich die Studentin. Außerdem hat der Jugendliche so viele Interessen, dass es für die sieben Stunden Betreuung am Tag locker ausreicht. "Morgens nach dem Morgenkreis will er immer auf die Rutsche. Leider erwartet er das auch von mir", beklagt sich die Studentin mit einem Augenzwinkern.

Während Lars gerne rutscht, Buchseiten umblättert und Bahn fährt, liebt Klara vor allem den Wasserraum. Das ist ein gekacheltes Zimmer mit flachem Becken und vier Duschköpfen. Er ist ideal für das Mädchen. "Klara ist eine richtige Wasserratte. Jetzt spielt sie schon über eine Stunde im Nassen und hat immer noch nicht genug", amüsiert sich die Erzieherin und angehende Heilpädagogin Anja Tillmann.

Die Eltern haben bereits eine positive Rückmeldung gegeben. "Wenn Klara nachmittags nach Hause kommt, ist sie entspannt und schläft nachts besser", so Anja Tillmann. Jeder Tag mit Wasser und Rasierschaum ist ein Festtag für Klara. Wenn sie im hohen Bogen Wasserfontänen speit, quiekt sie vor Vergnügen. "Klara kann auch sprechen - aber nur, wenn es sich lohnt", stellt Anja Tillmann klar. Als der kleine Wirbelwind endlich abgetrocknet ist und in Jeans und T-Shirt in der Schaukel schwingt, summt sie leise, aber sehr ausdauernd: "Gummibärchen, Gummibärchen, Gummibärchen." Diese Strategie soll - so war zu hören - sehr erfolgreich sein.

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Quelle:
Pressemitteilung der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel vom 28.08.2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. August 2013