Schattenblick →INFOPOOL →PANNWITZBLICK → PRESSE

FRAGEN/178: Allianz zur UN-Behindertenrechtskonvention erstellt Schattenbericht (Selbsthilfe)


Selbsthilfe - 2/2012

INTERN
Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland

BRK Allianz erstellt Schattenbericht



Die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention durch die Bundesrepublik Deutschland hat viele Menschen mit Behinderungen in Deutschland mit großer Hoffnung erfüllt, da dieser völkerrechtliche Vertrag die Staaten verpflichtet, eine inklusive Gesellschaft zu schaffen und die Situation von Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Die Bundesregierung hat einen Nationalen Aktionsplan beschlossen, um die zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention erforderlichen Maßnahmen sukzessive durchzuführen.

Leider bleibt dieser Plan weit hinter den Erwartungen der Verbände behinderter Menschen zurück.

Die an die UN-Behindertenrechtskonvention gebunden Staaten sind verpflichtet, sog. Staatenberichte vorzulegen, in denen sie die Umsetzungsschritte im eigenen Land darstellen. Der Erste Staatenbericht der Bundesregierung wurde am 03.08.2011 vom Bundeskabinett beschlossen, stellt aber aus Sicht der Verbände behinderter Menschen die Situation in Deutschland nicht richtig dar. Deshalb wurde eine "Allianz zur UN-Behindertenrechtskonvention" ("BRK-Allianz") gegründet, die einen so genannten Schattenbericht erstellen wird.


BAG SELBSTHILFE: Herr Krahl, Sie sind Vorstandsmitglied der BAG SELBSTHILFE. Was ist Ihre Funktion innerhalb dieser Allianz und was versprechen sich die Verbände von dem Schattenbericht?

HANS-JOACHIM KRAHL: Im Herbst des vergangenen Jahres fanden sich mehr als fünfzig Organisationen und Gruppierungen in Berlin zusammen. Auslöser für dieses Treffen war das Vorliegen des Staatenberichtes der Bundesregierung und des darin beschriebenen "Status Quo", der die bisherige Gesetzeslage und dessen gelebte Praxis als in Übereinstimmung mit der UN-Behindertenrechtskonvention "bejubelt". Von den großen Verbänden der Behindertenselbsthilfe und den Sozialverbänden wurde vehement Kritik an dem vorliegenden "Werk" geübt. Es wurde aber noch kein klares Konzept zur Reaktion auf den Regierungsbericht entwickelt. So kam es dann doch zu dem vorgenannten Treffen, das im wahrsten Sinne des Wortes "basisdemokratisch" und damit recht chaotisch ablief, so dass am Ende der Name "BRK-Allianz", ein Fragment zu einem Statut und der Aufruf dass sich die Verbände und Gruppierungen zur Teilnahme erklären können, stand.

In seiner Dezembersitzung hat sich der Bundesvorstand der BAG SELBSTHILFE sehr intensiv mit dem Stand dieses "losen Zweckbündnisses" beschäftigt. Es gab dabei viel "Für und Wider", aber letztendlich wurde ich gebeten, für die BAG SELBSTHILFE daran teilzunehmen. Am 19.01. fand sich dann diese Allianz erneut zusammen und es war in der Zwischenzeit in viel "Kleinarbeit" eine gute Diskussionsbasis geschaffen worden, so dass das Statut verabschiedet, Teilbereichsgruppen (TBG) zu den Themenstellungen der BRK angeregt und eine Koordinationsgruppe gebildet wurde. Für die Selbsthilfe wurde ich in dieses Gremium gewählt. In seiner ersten Sitzung wurden die "Initiatoren" für die TBG benannt und u.a. die Orientierung (Leitplanken) für diese festgegeben. Darüber hinaus wurde ich auch zum Sprecher bestimmt. In der zweiten Sitzung konnte bereits ein erstes Resümee zum Stand der Arbeit der TBG'n gegeben werden und es konnten weitere Aktivitäten initiiert werden. Am Ende dieser Runde musste ich feststellen, dass ich die Zukunft des "Schattenberichtes" optimistisch sehe.

BAG SELBSTHILFE: Gibt es Kritikpunkte seitens der BAG SELBSTHILFE?

HANS-JOACHIM KRAHL: Anfangs wurde, wie schon erwähnt, die Aktivität vom Vorstand doch echt kritisch gesehen, zumal sich ein weites Spektrum von Interessen, kritisch gesehen, herausstellte, deren Vielfalt sich aus unserer Sieht kaum vereinbaren ließen. Inzwischen hat sich das jedoch nicht so ergeben und darüber können auch wir nur froh sein. Natürlich gibt es immer wieder kontroverse Diskussionen und man muss "den Einen oder die Andere" überzeugen, dass es nicht um ihr "kleines Problemchen", sondern um einen "ganzheitlichen" Bericht geht. Es gibt aber viele, die vom Willen getrieben sind, ein fundiertes und von allen mitgetragenes Werk abzuliefern.

BAG SELBSTHILFE: Wann wird mit der Fertigstellung des Schattenberichtes gerechnet?

HANS-JOACHIM KRAHL: Die Zielstellung ist das Jahresende, allerdings gibt es noch einige begleitende Papiere zu erarbeiten, so dass man sagen kann, dass diese Zielstellung sehr ambitioniert, aber durchaus machbar ist. Der Bericht soll ja anschließend noch ins Englische und nach Möglichkeit auch in "einfache Sprache" übertragen werden. Sie werden uns, so denke ich, tatkräftig unterstützen. Dazu werde ich Sie über unsere Publikationen auf dem Laufenden halten.

BAG SELBSTHILFE: Vielen Dank für das Gespräch.

*

Quelle:
Selbsthilfe 2/2012, S. 15
Zeitschrift der BAG SELBSTHILFE e.V.
Herausgeber: Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe
von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung
und ihren Angehörigen e.V.
BAG SELBSTHILFE
Kirchfeldstr. 149, 40215 Düsseldorf
Telefon: 0211/31 00 6-0, Fax: 0211/31 00 6-48
E-Mail: info@bag-selbsthilfe.de
Internet: www.bag-selbsthilfe.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. November 2012