Schattenblick →INFOPOOL →PANNWITZBLICK → PRESSE

MEDIZIN/180: Politische Initiative zur Versorgung von Sozialhilfeempfängern (Der Ring)


DER RING
Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel - Dezember 2010

Angehörigenvertreter kämpfen für bessere gesundheitliche Versorgung
Politische Initiative für behinderte Sozialhilfeempfänger

Von Gunnar Kreutner


In einer gesundheitspolitischen Initiative haben die Angehörigenvertreter des Stiftungsbereichs Behindertenhilfe in Bielefeld-Bethel deutliche Verbesserungen für die gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Behinderung gefordert. Mit einem "Acht-Punkte-Katalog" haben sie sich an Politik, Kassen- und Krankenhausverbände sowie Ärzteverbände gewendet, um unter anderem die Befreiung von Zuzahlungen zu medizinischen Leistungen für behinderte Sozialhilfeempfänger zu erreichen.


Die Angehörigenvertreter um ihren Vorsitzenden Rolf Winkelmann beklagen gravierende Mängel in der Versorgung als Folge der jüngsten Gesundheitsreform und verlangen gesetzliche Kurskorrekturen. In ihrem Brief, der auch an Gesundheitsminister Dr. Philipp Rösler ging, verlangen sie neben der Zuzahlungsbefreiung auch Barrierefreiheit in Praxen und Krankenhäusern, die Finanzierung von notwendigen Assistenzen etwa bei Klinikaufenthalten sowie die Einrichtung zusätzlicher spezialisierter Akutkrankenhäuser und ambulante Spezialangebote.

"Seit Jahren verschlechtert sich die Versorgung von Menschen mit Behinderung, die von Sozialhilfe abhängig sind. Das steht im groben Gegensatz zum oft hohen Bedarf bei den Betroffenen", sagte Rolf Winkelmann Ende Oktober beim Angehörigentag in der Neuen Schmiede in Bielefeld-Bethel. Um die Forderungen zu veranschaulichen, berichtete er von konkreten Beispielen: So habe die Mutter eines schwer behinderten Mädchens, das stationär behandelt werden musste, das Essen für ihre Tochter selbst gekocht und in das Krankenhaus gebracht. Das Kind braucht speziell zubereitete Nahrung, die Alternative wäre eine Magensonde gewesen. "Menschen mit Behinderung benötigen oft spezielle Hilfe, die während eines Krankenhausaufenthalts wegen der Kosten nicht aufrechterhalten werden kann", so der Sprecher.

Unterstützt wird die Initiative der insgesamt rund 30-köpfigen Angehörigenvertretung von Behindertenhilfe-Geschäftsführer Prof. Dr. Michael Seidel. Der leitende Arzt im Stiftungsbereich teilt mit den Initiatoren die Ansicht, dass die gegenwärtige Situation behinderte Sozialhilfeempfänger von der Teilhabe an der Gesellschaft ausschließt und gegen die UN-Behindertenkonvention verstößt.

Die Angehörigenvertretung ist enttäuscht von einigen Reaktionen, die sie auf ihre Initiative erhalten hat. "Insbesondere das Antwortschreiben von Bundesminister Rösler bereitet uns Bauchschmerzen, da er nicht wirklich auf unsere Forderungen eingegangen ist", so Rolf Winkelmann. Gefreut hat er sich hingegen über viele positive Reaktionen, zum Beispiel von der bundesärztlichen Vereinigung, die "anerkennt, dass spezielle Klinikangebote notwendig sind".

Um Verständnis für die schwierige Versorgung behinderter Menschen in den Krankenhäusern warb Matthias Blum, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen. "Eine spezielle Versorgung und Begleitung in den Krankenhäusern macht wirklich Sinn. Aber unsere Budgets sind gedeckelt, und die Krankenhäuser mussten viel Personal abbauen, um ihre Finanzierung und ihren Erhalt zu sichern."

Die Angehörigenvertreter hoffen, dass ihre Initiative Angehörige anderer Träger und Einrichtungen motiviert, gegen die Versorgungsmängel vorzugehen. Unterstützung bekommen sie vom NRW-Landtagsabgeordneten und Bielefelder Ratsmitglied Günter Garbrecht. "Die Finanzierung der gesundheitlichen Versorgung muss solidarisch sein. Behinderte Menschen, die von Sozialhilfe leben, dürfen nicht an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden."


*


Quelle:
DER RING, Dezember 2010, S. 17
Monatszeitschrift für Mitarbeiter, Bewohner, Freunde
und Förderer der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel
Herausgeber: Pastor Ulrich Pohl in Zusammenarbeit mit der
Gesamtmitarbeitervertretung der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel
Redaktion: Quellenhofweg 25, 33617 Bielefeld
Telefon: 0521/144-35 12, Fax: 0521/144-22 74
E-Mail: presse@bethel.de
Internet: www.bethel.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Dezember 2010