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POLITIK/476: Lebenshilfe - Parlamentarischer Abend 2010 (LHZ)


Lebenshilfe Zeitung, Nr. 1 - März 2010

Abgeordnete erhielten Informationen in Leichter Sprache
Inklusion und Reform der Eingliederungshilfe standen im Mittelpunkt des Parlamentarischen Abends 2010

Von Peer Brocke


Die Lebenshilfe hat ihre Forderungen an die Abgeordneten des Bundestages auf 12 Zettel geschrieben. Alle Texte wurden erstmals in Leichte Sprache übersetzt. Sie sind im Internet unter www.lebenshilfe.de zu finden.


Weit mehr als 100 Abgeordnete waren der Einladung zum Parlamentarischen Abend der Lebenshilfe gefolgt. Zu den Gästen in der Berliner Landesvertretung des Freistaates Thüringen zählten Wolfgang Thierse, Vizepräsident des Deutschen Bundestages, die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, Verteidigungsminister a. D. Franz-Josef Jung, die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sowie Johannes Singhammer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Fraktion. Alle behindertenpolitischen Sprecher der Fraktionen waren ebenso gekommen wie der Bundesbehindertenbeauftragte Hubert Hüppe und der Patientenbeauftragte Wolfgang Zöller.

Bundesvorsitzender Robert Antretter richtete in seiner Rede den Blick auf den Koalitionsvertrag und begrüßte es, dass die neue Bundesregierung künftig alle Gesetzesvorhaben, die Menschen mit Behinderung direkt oder indirekt betreffen, an der Behindertenrechtskonvention (BRK) messen will. Die Botschaft laute: "Alle behinderten Menschen sollen mitten unter uns leben, wohnen und arbeiten dürfen."

Eingehend beschrieb Antretter, wie sich die BRK auf das deutsche Schulrecht auswirken werde. Kinder und Jugendliche mit Behinderung hätten nun das Recht, zwischen dem Besuch einer Regelschule und dem Besuch einer Förderschule zu wählen. "Das heißt jedoch nicht, dass Förderschulen geschlossen werden müssen, wie dies gelegentlich behauptet wird. Die meisten Regelschulen sind noch nicht darauf vorbereitet, Kinder mit geistiger Behinderung zu unterrichten."

Der Bundesvorsitzende mahnte zudem eine Reform der Eingliederungshilfe an, die bereits für die vergangene Legislaturperiode versprochen worden war: "Dieses Reformvorhaben darf auf keinen Fall unter die Räder kommen, wenn nach den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen der Ruf nach Leistungskürzungen im Sozialrecht laut werden sollte. Die Eingliederungshilfe zielt auf Teilhabe und Inklusion. Sie muss im Licht der Behindertenrechtskonvention beraten und weiterentwickelt werden."

Die BRK stand auch im Mittelpunkt einer Talk-Runde, die von der Journalistin Petra Diroll (Bayerischer Rundfunk) souverän moderiert wurde. Es diskutierten miteinander der neue Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe, der Bundesgeschäftsführer und Justitiar der Lebenshilfe, Klaus Lachwitz, und Simone Kreuter, deren Sohn Noah (10) die inklusive Sophie-Scholl-Schule der Lebenshilfe Gießen besucht. Welche Vorteile die "Schule für alle" für behinderte wie nicht behinderte Kinder hat, führte die Mutter den Abgeordneten eindrucksvoll vor Augen. Sie wünscht sich, dass möglichst viele Regelschulen für die inklusive Bildung "fit gemacht" werden.

Bei Hubert Hüppe rannte Simone Kreuter, die Hessens Vertreterin im Bundeselternrat der Lebenshilfe ist, offene Türen ein. Für den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung wolle auch er sich stark machen, wenn der versprochene Aktionsplan zur Behindertenrechtskonvention - von der Bundesregierung auf den Weg gebracht wird. Gemeinsam mit Klaus Lachwitz forderte er, dass an diesem Vorhaben unbedingt Menschen mit Behinderung beteiligt werden müssen.

Birgit Diezel, Landtagspräsidentin in Thüringen und Landesvorsitzende der Lebenshilfe, hieß alle Gäste herzlich willkommen auf einem "Stück thüringischen Boden in Berlin". Sie erinnerte an die mittlerweile 20 Jahre andauernde Erfolgsgeschichte der Lebenshilfe in den neuen Bundesländern. Schon im ersten Jahr nach dem Mauerfall wurden in Thüringen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt mehr als 120 örtliche Lebenshilfen gegründet.


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Quelle:
Lebenshilfe Zeitung, Nr. 1/2010, 31. Jg., März 2010, S. 1
Herausgeber: Bundesvereinigung Lebenshilfe
für Menschen mit geistiger Behinderung
Bundesgeschäftsstelle, Leipziger Platz 15, 10117 Berlin
Telefon: 030/20 64 11-0, Fax: 030/20 64 11-204
E-Mail: LHZ-Redaktion@Lebenshilfe.de
Internet: www.lebenshilfe.de

Die Lebenshilfe-Zeitung mit Magazin erscheint
jährlich viermal (März, Juni, September, Dezember).


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. März 2010