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VERBAND/633: 15 Jahre Frauenkonferenz in Bethel (Der Ring)


DER RING
Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel - Juni 2009

15 Jahre Frauenkonferenz in Bethel
Es bleiben Stolz, Zuversicht und Skepsis

Von Gunnar Kreutner


Sichtlich schwer ist es den Köpfen der Betheler Genderbewegung gefallen, sich nach 15 Jahren von ihrer erfolgreichen Aktions-Plattform zu verabschieden. Mit Vortrag und Diskussion in der Neuen Schmiede in Bielefeld-Bethel hat die Frauenkonferenz Ende April ihren Auftrag an den Vorstand zurückgegeben. Die ehemaligen Teilnehmerinnen zogen eine positive Bilanz: Die berufliche Gleichstellung habe in den v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel an Stellenwert gewonnen.


"Vieles haben wir auf den Weg gebracht", freute sich Dr. Friederike Koch, die bis 2008 eine der Betheler Referentinnen für Berufliche Gleichstellung war. Besonders erfreulich sei, dass Gender in den v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel selbstverständlicher geworden sei. Dr. Friederike Koch und die Frauenkonferenz-Vorsitzende Sigrid Pfäfflin lobten das Engagement aller Beteiligten in den vergangenen Jahren. "Viele haben sich in Arbeitsgruppen, Denkstuben, Begleitausschüssen, Fortbildungen und Info-Börsen für die Gleichstellung eingesetzt", so Dr. Friederike Koch.

Nach Ansicht von Vorstandsmitglied Dr. Günther Wienberg war es nun an der Zeit, das Thema "von der Stabsebene zurück in die Linie" zu holen, damit Normalität hineinkommt. "Die berufliche Gleichstellung ist in unseren Unternehmenszielen verankert, und wir werden uns jetzt verstärkt um Nachhaltigkeit bemühen", sagte er.

Sorge bereitet einigen Mitarbeiterinnen, dass die Konferenz zu einem Zeitpunkt aufgelöst wird, zu dem keine Frau mehr im Bethel-Vorstand sitzt. "Das Thema könnte im Vorstand versickern", befürchtet Dr. Friederike Koch. Sigrid Pfäfflin ist grundsätzlich zuversichtlich, dass die Gleichstellungsthemen in Zukunft auch in anderen Gremien behandelt werden können. "Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass dort genügend Frauen sitzen und die Themen von Männern und Frauen gemeinsam bearbeitet werden."

Die Frauenkonferenz, die im Jahr 1994 gegründet wurde, hat eine kleine Vorgeschichte. Bereits 1990 wurde eine "AG Frauenforschung" ins Leben gerufen, um die berufliche Situation der Mitarbeiterinnen zu verbessern. Im selben Jahr fand ein Frauenforum mit den Themen "Frauenquote" und "Gleichstellungsbeauftragte" statt. "1990 bis 1994 war die Zeit der Powerfrauen", berichtete Sigrid Pfäfflin. Aus der AG Frauenforschung ging 1994 auf Initiative der Sarepta-Schwester und des damaligen Vorstandsmitglieds Rosemarie Hopp die Frauenkonferenz hervor.

Im Jahr 1997 trat das Gleichstellungsgesetz in Kraft, das für die evangelischen Kirchen in Westfalen verbindlich war, nicht allerdings für die Diakonie. Der Bethel-Vorstand entschied sich, in Form eines Projektes eine eigene betriebliche Gender-Lösung zu finden. Die berufliche Gleichstellung im Unternehmen zu verbessern könne nicht durch gesetzliche Regelungen erreicht werden, so die Vorstands-Meinung. Unter dem Titel "Chancengleichheit für Männer und Frauen" startete die Frauenkonferenz somit im Jahr 1999 zusammen mit der neu gebildeten Personal- und Bildungskonferenz ein Projekt, um den Anteil der Frauen in den oberen Leitungsebenen zu erhöhen.

2002 verabschiedete der Vorstand auf Initiative der Frauenkonferenz das Leitbild zur "Beruflichen Gleichstellung von Frauen und Männern in den v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel". Darin wurde unter anderem vereinbart, dass der Anteil der Frauen bis zum Jahr 2010 auf der Ebene der Geschäftsführungen und Stabsstellenleitungen mindestens 30 Prozent betragen soll. Seit 2000 ist der Anteil auf der Geschäftsführungsebene bereits jetzt von 9 auf 33 Prozent angestiegen, in den Stabsstellenleitungen bisher von 0 auf 20 Prozent. "Im Verwaltungsrat haben wir sogar mit dem Eintritt von Dr. Ingeborg von Schubert einen Anstieg von 20 auf 40 Prozent", so Dr. Günther Wienberg.

Sigrid Pfäfflin bewertet die Zahlen ebenfalls positiv, sieht aber auch weniger erfreuliche Tendenzen. Vor allem das Ausscheiden von Mechthild Böker-Scharnhölz und Luise Turowski aus ihren Geschäftsführungsfunktionen zum 31. Dezember 2010 wertet sie als bedenkliches Signal für die weitere Gleichstellungspolitik. "Die Frauenkonferenz sieht das Bemühen des Vorstands um Steigerung der Zahlen in den Leitungsfunktionen. Sie sieht aber auch, dass das aktuell auf der Geschäftsführungsebene nicht funktioniert. Es bleibt also ein schaler Beigeschmack, wenn wir jetzt das Thema an den Vorstand zurückgeben."

Dr. Günther Wienberg bedauerte, dass gegenwärtig keine Frauen im Vorstand sitzen und zwei Geschäftsführerinnen ab 2011 aus ihrer Funktion ausscheiden. "Unter Gender-Aspekten ist das natürlich ein klarer Rückschritt. Tatsächlich haben wir uns als Vorstand aber redlich bemüht, für zwei der zu besetzenden Geschäftsführer-Stellen weibliche Interessenten zu finden. Wir haben auch zwei Mitarbeiterinnen konkret angefragt, aber beide waren nicht dazu bereit", sagt Dr. Günther Wienberg. Es bleibe somit eine dringende Herausforderung, bei anstehenden Ruheständen Geschäftsführer-Positionen mit Frauen nachzubesetzen.

Wie geht es jetzt konkret weiter mit den Interessen der Frauen? Zunächst werde das Gender-Mainstreaming überwiegend im Aufgabenfeld der Strategischen Personal- und Bildungsarbeit fortgesetzt, informierte die verantwortliche Stabsstellenleiterin Margit Hullmeine. "Wir haben den Auftrag, kontinuierlich die weitere Entwicklung zu evaluieren und jährlich einen Gender-Bericht zu erstellen." Außerdem werden Maßnahmen wie das Mentoring und die "gendergerechte Qualifizierung der Führungsebenen" fortgesetzt.

Bethel-Vorstandsvorsitzender Pastor Ulrich Pohl sieht die Rolle - der Frauen in den v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel gestärkt. Er mahnte aber, dass man sich nicht auf dem Erreichten ausruhen könne:" Wir dürfen uns nicht zurücklehnen und müssen wachsam bleiben." Sigrid Pfäfflin schloss mit einem Aufruf an die weiblichen Mitarbeitenden: "Bleibt weiter initiativ und skeptisch!"


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Quelle:
DER RING, Juni 2009, S. 10-11
Monatszeitschrift für Mitarbeiter, Bewohner, Freunde
und Förderer der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel
Herausgeber: Pastor Ulrich Pohl in Zusammenarbeit mit der
Gesamtmitarbeitervertretung der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel
Redaktion: Quellenhofweg 25, 33617 Bielefeld
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juni 2009