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VERBAND/644: 30 Jahre Siloah in Bethel - Einfühlsam, geduldig und respektvoll (Bethel)


Pressemitteilung der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel - 02.09.2009

30 Jahre Siloah in Bethel

Einfühlsam, geduldig und respektvoll


Bielefeld-Bethel. Immer wieder bleibt Christel Westfeld, genannt "Kitty", vor einem der parkenden Autos stehen und schaut für einen kurzen Moment auf die Windschutzscheibe.


Interessiert betrachtet die 73-jährige geistig behinderte Frau ihr Spiegelbild. Dann geht sie mit zügigen Schritten weiter zum nächsten Wagen. An einem Garagentor ist es ein Comic-Aufkleber, der ihr Interesse findet. Sie berührt ihn mit den Fingerspitzen und setzt ihren Weg zielstrebig fort - begleitet von Martin Wohlfahrt, Mitarbeiter im Haus Siloah in Bielefeld-Bethel, und Bewohnerin Tina Molica.

Martin Wohlfahrt kennt die Rituale und das Verhalten von Christel Westfeld bei den regelmäßigen Spaziergängen. "Kitty hat leicht autistische Züge. Für sie ist es wichtig, dass bestimmte Abläufe eingehalten werden", sagt der Erzieher. Fast jeden Tag gehen sie darum exakt dieselbe Strecke rund um das Betheler Fachkrankenhaus Siloah am Karl-Siebold-Weg. Überall auf dem Weg gibt es Orte und Gegenstände, die Christel Westfeld etwas bedeuten und bei ihr bestimmte Handlungen auslösen. An einer Gartentreppe tippt sie mit ihrer Fußspitze auf die unterste Stufe, und bei jeder Gelegenheit pflückt sie Gänseblümchen.

Die 33-jährige Tina Molica dagegen weicht nicht von Martin Wohlfahrts Seite. Fest hat sie seine Hand umklammert. "Tina sucht die körperliche Nähe und braucht viel Aufmerksamkeit", sagt der 44-jährige Erzieher. Für beide Frauen sei der Spaziergang sehr wichtig, weil sie einen enormen Bewegungsdrang hätten.


Martin Wohlfahrt arbeitet in der Wohngruppe

"Butterblume/Schneeglöckchen" im Haus Siloah, in der 19 geistig behinderte Menschen leben. Seit 20 Jahren ist der gebürtige Gadderbaumer in der Einrichtung der Betheler Behindertenhilfe beschäftigt. An seinem sanften und einfühlsamen Umgang merkt man, dass er die meisten Bewohnerinnen und Bewohner schon seit vielen Jahren kennt, betreut und pflegt. Er unterstützt sie unter anderem im lebenspraktischen Bereich, zum Beispiel beim Anziehen, bei der Körperhygiene oder beim Essen. "Außerdem begleite ich sie bei ihren Lernprozessen. Auch schwerstbehinderte Menschen haben ihre Stärken, Fähigkeiten und ihre eigene Persönlichkeit", so der Betreuer.

Zurück in Siloah setzt sich Tina Molica im Gemeinschaftsraum zu einigen Bewohnern an den Tisch. Entspannt lehnt sie sich zurück und beobachtet das Geschehen um sie herum. Noch vor wenigen Jahren fiel es ihr sehr schwer, länger zusammen mit anderen Bewohnern zu bleiben. Sie reagierte häufig aggressiv. "Ich habe ihr dabei geholfen zu lernen, in einer Gruppe zu sein, Regeln zu akzeptieren und zum Beispiel mit anderen gemeinsam zu essen. Das klappt inzwischen ganz gut", sagt Martin Wohlfahrt.

Eine besondere Herausforderung für den Mitarbeiter ist die Verständigung mit den schwer behinderten Menschen. Tina Molica kann sich mit Worten ausdrücken. Doch in Siloah werden viele "Nichtsprecher" betreut, die ihre Bedürfnisse nicht äußern können. "Da liegt es an uns, über Gestik und Mimik und über langjährige Erfahrungen herauszufinden, was jemand will. Ich muss ein Gefühl für mein Gegenüber entwickeln, um zu erkennen, ob es jemandem gut oder schlecht geht", erläutert Martin Wohlfahrt. Es sei ihm sehr wichtig, die individuellen Wünsche und Bedürfnisse der Bewohner zu respektieren. Entscheidend findet der Mitarbeiter, dass man viel Geduld hat. "Man muss sich Zeit nehmen für diese Menschen, um sie zu verstehen und um etwas zu erreichen."

Das Fachkrankenhaus Siloah feierte jetzt sein 30-jähriges Bestehen. In dem Gebäude, das Bethel für 6,8 Millionen D-Mark errichtet hatte, werden insgesamt 70 Frauen und Männer von 120 Mitarbeitenden in Teil- und Vollzeit begleitet und betreut.


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Quelle:
Pressemitteilung der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel vom 02.09.2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2009