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VERBAND/667: 6. Kongress der Deutschen Alzheimer Gesellschaft in Braunschweig (selbsthilfe)


Selbsthilfe - 4/2010

FACHINFORMATIONEN ZUM THEMA DEMENZ
6. Kongress der Deutschen Alzheimer Gesellschaft in Braunschweig

Von Hans-Jürgen Freter


Der 6. Kongress der Deutschen Alzheimer Gesellschaft unter dem Motto "Gemeinschaft leben" fand vom 7. bis 9. Oktober 2010 in Braunschweig statt. Die 25 Symposien, Workshops und Filmvorführungen deckten ein breites Themenspektrum ab. Besonderes Interesse fanden die Themen Versorgung im Krankenhaus, Frontotemporale Demenz, Autofahren, sowie Leben im frühen Stadium der Demenz bei den 880 Teilnehmern.


Wenn Menschen mit Demenz beispielsweise wegen eines Knochenbruchs in ein Allgemeinkrankenhaus müssen, wird daraus für die Kranken häufig eine Krisensituation, die Angst, Verwirrung und Unruhe auslösen kann. Eine angemessene Betreuung wird vor allem dadurch verhindert, dass das Krankheitsbild im geltenden Vergütungssystem kaum berücksichtigt wird. "Im Krankenhaus beschäftigt man sich meistens nicht ernsthaft damit, die Strukturen und Arbeitsprozesse auf demenzkranke Patienten einzustellen, sondern stempelt sie als nervige Störenfriede ab", lautete das Fazit von Sabine Kirchen-Peters (Saarbrücken).

Von einer Frontotemporalen Demenz (FTD) sind in Deutschland etwa 33.000 Menschen betroffen. Die meisten sind zu Beginn noch berufstätig, viele haben Familien mit Kindern. Die Krankheit zeigt sich zunächst vor allem in auffälligem Verhalten, z.B. Desinteresse an Familie und Beruf. "Bisher gibt es keine Medikamente, die den Verlauf der Krankheit wirksam beeinflussen können. Deshalb ist es wichtig, den richtigen Umgang mit den Verhaltensweisen zu finden", sagte Dr. Eike Spruth (Berlin). "Gruppen für Angehörige von FTD-Kranken sind sehr hilfreich, um Angehörige zu unterstützen, die sich oft sehr alleine gelassen fühlen", berichteten Christa Matter und Angelika Fuls (Berlin).

Im frühen Stadium wollen und können viele Demenzkranke noch Auto fahren. Doch früher oder später gefährden sie sich selbst und andere. "Eine zuverlässige Einschätzung der Fahrfähigkeit von Menschen mit Demenz ist sehr schwierig, doch ein generelles Fahrverbot im frühen Stadium ist weder aus medizinischer noch aus rechtlicher Sicht erforderlich. Der behandelnde Arzt muss im Einzelfall entscheiden, ob das Autofahren aufgegeben werden muss", erklärte Dr. H. Elisabeth Philipp-Metzen (Münster). Aus juristischer Sicht gilt, so Bärbel Schönhof (Bochum): "Wenn der Patient nicht einsichtig ist, ist der Arzt verpflichtet, seine Schweigepflicht zu brechen und die Ordnungsbehörde zu informieren".

Michael Baumgart von der Gerontopsychiatrischen Beratungsstelle Braunschweig sprach von der Erfahrung, dass Demenzkranke im frühen Stadium ein normales Alltagsleben führen möchten. Um dies zu ermöglichen, werden in Braunschweig und auch andernorts u.a. Schulungen durchgeführt, in denen das Personal von Banken und Supermärkten, Taxifahrer, Polizisten und Feuerwehrleute lernen, Anzeichen einer Demenz zu erkennen und sensibel zu reagieren. Dabei gelte der Grundsatz: "Hilfe anbieten, nicht aufdrängen".

Ein Kongressband mit sämtlichen Referaten wird im Frühjahr 2011 erscheinen.


Hans-Jürgen Freter
DEUTSCHE ALZHEIMER GESELLSCHAFT, BERLIN


Weitere Infos zum Thema Demenz

"Gemeinschaft leben" war auch das Motto, unter dem der Welt-Alzheimertag am 21. September 2010 stand. Informationen zum Welt-Alzheimertag gibt es unter
www.deutsche-alzheimer.de.

Außerdem hat die Deutsche Alzheimer Gesellschaft einen aktualisierten "Ratgeber Häusliche Versorgung" herausgegeben. Der Band bietet einen Überblick über das ganze Spektrum möglicher Hilfsangebote für pflegende Angehörige. Er kann für 6 Euro incl. Porto und Versand bestellt werden bei:
Deutsche Alzheimer Gesellschaft,
Friedrichstraße 236, 10969 Berlin
Tel. (030) 259 37 95-0.

Ein neues Internetportal "Wegweiser Demenz" hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erstellt. Das Portal bietet Demenzkranken und deren Angehörigen Informationen zu Pflege- und Hilfsangeboten, zu gesetzlichen Leistungen sowie Tipps zum Umgang mit Demenzkranken unter:
www.wegweiser-demenz.de


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Quelle:
Selbsthilfe 4/2010, S. 30
Zeitschrift der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe
von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung
und ihren Angehörigen e.V.
Herausgeber: BAG Selbsthilfe
Kirchfeldstr. 149, 40215 Düsseldorf
Tel.: 0211/31 00 6-0, Fax: 0211/31 00 6-48
E-Mail: info@bag-selbsthilfe.de
Internet: www.bag-selbsthilfe.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Januar 2011