Unter dem Motto "Zusammen sind wir viele" engagieren sich 15 junge BerlinerInnen für die Idee der Selbsthilfe. Das Ziel ist, junge Menschen zwischen 18 und 35 Jahren über Selbsthilfe- und Selbsthilfegruppen zu informieren und dafür zu begeistern. Im Vordergrund des Engagements stehen Authentizität, Teamgeist, Lust, die Dinge (mal anders) anzupacken und jede Menge Spaß beim Tun.

(Junge) Selbsthilfe als Lern- und Erfahrungsort

Das Projektteam Junge Selbsthilfe ist eine bunt gemischte, offene Gruppe von jungen Menschen, die selbst Erfahrungen in Selbsthilfegruppen gemacht haben - sei es als Gründer, Moderatorin oder Teilnehmer. Die Themen reichen dabei von Stottern über Soziale Phobie, Depressionen, Sucht, Co-Abhängige und Trauer. Andere Teammitglieder wiederum sind beruflich in Selbsthilfeorganisationen bzw. - Unterstützungsorganisationen tätig oder sind einfach neugierig auf das Thema Selbsthilfe.

Allen gemeinsam ist die Vision einer Selbsthilfe, in der neben älteren Menschen auch junge Leute unter 35 Jahren ihren Platz finden und gemeinsam aktiv ihr Leben in die Hand nehmen. In dieser Vision werden die Gruppentreffen zu Lernorten, Experimentierfeldern, zu "Spielwiesen", auf der sich Menschen ausprobieren können und neue Erfahrungen machen, die ihr Leben bereichern. In dieser Vision wird die Selbsthilfe salonfähig und zu einem lebendigen Gruppenformat, das frei von Stigmatisierungen, Vorurteilen und verstaubten Klischees ist.

Wie alles begann

Im September 2013 organisierten die Mitarbeiterinnen der Selbsthilfe- Kontakt- und Beratungsstelle Mitte in Berlin (SHK Mitte) eine Workshopreise in die interkulturelle Begegnungsstätte "Afacan" (ein gemeinnütziges Projekt von Menschen aus Berlin und Istanbul) an der ägäischen Küste, etwa 70 km westlich von Izmir, Türkei.

Unter dem Motto "Selbsthilfe - Seminar - Kultur - Freizeit - Türkei - Gemeinsam Selbsthilfe erleben" tauschten sich 13 junge Teilnehmende intensiv über ihre Erfahrungen mit der Selbsthilfe aus. Zu Beginn der Reise zeigte sich schnell, dass die Hintergründe der einzelnen Teilnehmenden wohl unterschiedlicher kaum sein konnten. Die meisten der Mitgereisten waren selbst in Selbsthilfegruppen aktiv. Hinzu kamen Studentinnen, die Interesse für die Arbeitsform Selbsthilfe mitbrachten. Jenseits der Heterogenität der Erkrankungen und Anliegen war das gemeinsame Interesse am Voranbringen junger Selbsthilfegruppen schnell offensichtlich. Alle einte der Wunsch, sich auszutauschen - über die Erfahrungen, die junge Menschen in Selbsthilfegruppen bzw. selbstorganisierten Gruppen machen, über die Formate und methodischen Ideen der Gruppentreffen, über die Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit für (junge) Selbsthilfegruppen, über die Selbsthilfe der Zukunft etc.

Die intensiven Gespräche und Diskussionen, die die Teilnehmendem am Strand, auf der Terrasse, am Pool, auf der Wiese, im Seminarraum, im Bus und im Flugzeug führten, setzten viele kleine Samen einer großen Vision der (jungen) Selbsthilfe. Schnell wurde klar, dass noch viel mehr Menschen auf Selbsthilfegruppen aufmerksam gemacht werden sollten. Denn die persönlichen Gewinne in der Selbsthilfe scheinen fast endlos zu sein: sich selbst kennenlernen, Selbstvertrauen gewinnen, Schwierigkeiten überwinden, sich für Andere einsetzen, Freundschaften schließen...

Zurück in Deutschland angekommen, dauerte es nicht lange, dass sich das "Projektteam Junge Selbsthilfe" im November 2013 gründete, um die kleinen und großen Ziele wahr werden zu lassen. Seitdem ist viel passiert.

Mit Stoffbeuteln, Offener Bühne und Workshops das Image der Selbsthilfe erneuern

Auf verschiedene Art und Weise bringt das Projektteam Junge Selbsthilfe das Thema in die (junge) Öffentlichkeit. Im ersten Projektjahr (2014) sind eine Webseite www.zusammen-sind-wir-viele.de, sowie Flyer und Stoffbeutel mit dem Spruch "Atze, Karl und Marie ham och Probleme" entstanden, die im zielgruppengerechten Layout die Aufmerksamkeit bei jungen Menschen wecken sollen. Außerdem rührte das Team u.a. auf dem 1. Berliner Selbsthilfe-Festival, bei der YOU sowie dem Berliner Selbsthilfe-Forum kräftig die Werbetrommel. Highlights waren die Open Stage der Jungen Selbsthilfe im November 2014 und Juni 2015. Das Team lud Menschen aus Berliner Selbsthilfegruppen ein, um mit Poesie, Gesang, Schauspiel, Improtheater und Rap ihre ganz persönliche Sicht auf die (Selbsthilfe-)Welt zu präsentieren. Die erste Open Stage fand in einer beliebten Kneipe in Neukölln - einem der zurzeit angesagtesten Viertel Berlins - statt und wies der Selbsthilfe bewusst einen "hippen" Ort in der Berliner Szene zu - mit dem Ziel, die Selbsthilfe aus der vermuteten "Jammerecke" herauszukitzeln.

Die zweite Open Stage der Jungen Selbsthilfe fand zeitgleich zu der bundesweiten Tagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen (DAG - SHG) statt. Das ermöglichte, dass u.a. viele Professionelle von Selbsthilfeunterstützungsorganisationen aus ganz Deutschland den Abend erleben konnten und nun die Idee der Jungen Selbsthilfe in ihre jeweiligen Städte und Regionen tragen.

Seit etwa drei Jahren führt die SHK Mitte gemeinsam mit jungen Selbsthilfe-Aktiven Workshops an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin durch. Inzwischen ist dieses Projekt zu einem festen Baustein der Arbeit des Projektteams Junge Selbsthilfe geworden, das in enger Kooperation mit der SHK Mitte abläuft. Das Anliegen der Workshops mit den angehenden SozialarbeiterInnen ist die Sensibilisierung zukünftiger Fachkräfte und wichtiger MultiplikatorInnen für das Thema Selbsthilfe. Zentral sind dabei jeweils das persönliche Berichten der jungen Menschen aus dem Projektteam über ihre Erlebnisse mit Themen wie Sucht, Psychatrie, Angst etc. sowie über ihre Erfahrungen mit Selbsthilfegruppen. Oftmals sind die jungen Studierenden überrascht über die Vielfalt der Themen und Formen der Selbsthilfe und stellen u.a. fest: "Wow, das scheint ja wirklich Substanz zu haben!"; "Jetzt sehe ich, dass da 'ganz normale Leute' hingehen! Das könnte auch was für mich sein!"

Save the date!

Für Ende 2015 plant das Projektteam Junge Selbsthilfe etwas ganz Besonderes: Junge Selbsthilfeaktive unter 35 Jahren sowie Interessierte und Professionelle aus der Selbsthilfe (unter & über 35 Jahren) werden zu einem bundesweiten Netzwerktreffen unter dem Motto "Zusammen sind wir viele" eingeladen. Wer die Junge Selbsthilfe in Berlin treffen möchte, ist herzlich zum monatlich stattfindenden "Stammtisch Junge Selbsthilfe" eingeladen.

Das Projektteam Junge Selbsthilfe wird von der AOK Nordost, dem AOK Bundesverband sowie dem BKK Dachverband finanziell unterstützt. Die Selbsthilfe- Kontakt- und Beratungsstelle Mitte/StadtRand gGmbH begleitet das Team in den Anfängen ideel und personell.

Das Engagement des Projektteams Junge Selbsthilfe ist ansteckend und lässt viele Selbsthilfe-Herzen höher schlagen. Wenn sich noch mehr Menschen auf den Weg machen, um die Selbsthilfe an junge Leute heranzutragen, dauert es vielleicht nicht mehr lang und der Besuch einer Selbsthilfegruppe wird so normal, wie sich selbst etwas Gutes zu tun und zum Yoga zu gehen.

Franziska Anna Leers, Selbsthilfe- Kontakt- und Beratungsstelle Mitte Stadtrand gGmbH

Bundestreffen der Jungen Selbsthilfe in Deutschland

Zusammen sind wir viele
27. bis 29.11.2015
in der Akademie Waldschlösschen
in der Nähe von Göttingen
Kosten werden übernommen

Infos und Anmeldung unter:
bundestreffen@zusammen-sind-wir-viele.de
www.zusammen-sind-wir-viele.de

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