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INTERVIEW/016: Berufsstand und Beteiligung - Archive, Forschung und Verluste, Harald Jenner im Gespräch (SB)


Den Opfern der NS-"Euthanasie" eine Stimme geben

Interview am 7. Februar 2014 in Hamburg-Alsterdorf



Der Historiker und Archivar Dr. Harald Jenner hat umfassend zur Geschichte des NS-Staates in Norddeutschland geforscht. Er publizierte über die diakonischen Einrichtungen Schleswig-Holsteins und Hamburgs zwischen 1933 und 1945, vor allem die Alsterdorfer Anstalten und das Diakoniewerk Kropp. Eine von ihm verfaßte Studie über das KZ Kuhlen/Rickling in Schleswig-Holstein dokumentiert die Zusammenarbeit kirchlicher Einrichtungen mit dem NS-Staat, die sich auch auf das System der Zwangsarbeit erstreckte. Für die Erforschung des Schicksals norwegischer Gefangener in Schleswig-Holstein wurde der Historiker zusammen mit dem Lehrer Rolf Schwarz mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Am Rande des Workshops "Euthanasie - Die Morde an Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen im Nationalsozialismus", der am 7. Februar 2014 in der Evangelischen Stiftung Alsterdorf und am 8. Februar 2014 in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme stattfand, konnten Interessierte einen Einblick in die Arbeit des für die evangelische Diakonie tätigen Archivars erhalten. Anschließend beantwortete Harald Jenner dem Schattenblick einige Fragen.

Im Gespräch - Foto: © 2014 by Schattenblick

Harald Jenner
Foto: © 2014 by Schattenblick

Schattenblick: Herr Jenner, könnten Sie erklären, welche Aufgaben Sie hier in der Evangelischen Stiftung Alsterdorf erfüllen?

Harald Jenner: Ich bin Archivar in der Evangelischen Stiftung Alsterdorf, betreue aber auch diakonische Archive in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Meine Aufgabe besteht im Einrichten der Archive. Dazu gehört, daß ich das Material nach den Kategorien gegenwartsbezogen und alt sortiere. So kann aus irgendwelchen zufälligen Gründen altes Material anfallen, das wir mitunter bis in die Gründungszeit und Vorgeschichte der Einrichtungen zurückverfolgen.

Unsere ältesten Protokolle hier in Alsterdorf datieren auf 1850. Die Literatur ist sogar noch älter. Allein in diesem Archiv lagern etwa 40.000 Akten. Das hat schon die Ausmaße eines kleinen Stadtarchivs, aber es gibt nach wie vor Lücken in der chronologischen Überlieferung, weil wichtige Dokumente fehlen. Dennoch besteht unsere Aufgabe in erster Linie nicht in der historischen Dokumentation, sondern in der Verwahrung von Akten, die hier in der Einrichtung aus diesem oder jenem Grund gebraucht werden, auch wenn sie zehn, zwanzig oder dreißig Jahre alt sind. Das können Bauakten oder Beschlüsse aus den 70er Jahren sein. Selbst Beschlüsse von 1890 können heute noch Rechtsrelevanz besitzen.

Das Archiv dient dem Träger in zweierlei Hinsicht. In erster Linie werden, wie es Aufgabe jedes öffentlichen Archivs ist, die eigenen Unterlagen gesammelt. In zweiter Linie dienen sie der historischen Forschung. Der Träger hier ist die Evangelische Stiftung Alsterdorf. Sie ist eine eigene rechtliche Institution alten Hamburgischen Rechts, der der Grund und Boden gehört und die sich heute in ganz Hamburg und Norddeutschland um die Betreuung von behinderten Menschen kümmert. Im Laufe der Geschichte hat sie sehr unterschiedliche Entwicklungen genommen. Dies hier ist das alte Zentralgelände, in dem sich die Hauptverwaltung und damit auch das Archiv befindet. Aber es gibt noch weitere Akten in Außenstellen, die noch nicht in diesem Archiv verwahrt sind.

SB: In welchem Bezug steht das Archiv zur "Euthanasie" im NS-Staat?

HJ: Daß die Forschung in den 80er Jahren zur Frage der Euthanasieverbrechen oft mangels Masse oder Hintergrundinformation nicht akkurat durchgeführt werden konnte, wurde zum Anlaß genommen, hier ein ordentliches Archiv einzurichten. Es nützt nichts, wenn irgendwo in einem Raum alte Akten aus den 30er oder 40er Jahren stehen. Es muß ein klares Verzeichnis vorhanden sein, aus dem hervorgeht, daß zum Beispiel die Vorstandsbeschlüsse zu diesem Thema in Akte 735 zu finden sind. Nachdem wir die ersten Forschungen zur NS-Geschichte abgeschlossen hatten, bestand der nächste Schritt darin, ein Gesamtarchiv der Evangelischen Stiftung Alsterdorf einzurichten. Stück für Stück wurden Akten, die in irgendwelchen Ecken, Dachböden und Kellern lagerten, in dieses Archiv überführt, darunter auch Akten ehemaliger Bewohner, die zu der Zeit schon ausgeschieden waren.

Das heißt, wir besitzen auch Informationen über Menschen, die in den 30er und 40er Jahren hier betreut wurden, aber teilweise bis in die 50er, 60er und 70er Jahre gelebt haben. Außerdem haben wir Informationen über die Mitarbeiter aus der Zeit. Sehr wichtig sind in diesem Zusammenhang die Aufnahmebücher, in denen jeder einzelne, der in Alsterdorf aufgenommen wurde und hier gelebt hat, verzeichnet ist, mit dem Datum des Eintritts oder Austritts, entlassen oder verstorben, so daß wir für jeden Menschen wissen, was aus ihm geworden ist. Dadurch konnten wir Transporte aus Alsterdorf nicht nur schätzen, sondern ganz genau angeben, am soundsovielten des Jahres 1943 sind soviele Männer, Frauen, Kinder, in den und den Altersstufen, nach Wien, Mainkofen oder auf den Eichberg gebracht worden. Wir haben inzwischen über zwei Drittel der damals mitgegebenen Akten rekonstruiert, sei es durch Rückgabe oder als Kopie im Haus.

SB: Werden diese Akten von der Forschung in Anspruch genommen?

HJ: Ja. Natürlich wird ein Großteil der Forschung zur spezifischen Alsterdorf-Geschichte hier von Alsterdorfer Mitarbeitern betrieben, aber die Akten werden auch von anderen genutzt, wie zum Beispiel immer noch in starkem Maße von Familienangehörigen. Es kommen immer wieder Anfragen wie: Meine Oma hatte einen Bruder, von dem keiner weiß, was aus ihm geworden ist. Könntet ihr uns helfen? Das ist unser täglich Brot hier.

Harald Jenner erläuterte interessierten Besuchern seine Arbeit - Foto: © 2014 by Schattenblick

Die Zeugenschaft der Dokumente für kommende Generationen erschließen
Foto: © 2014 by Schattenblick

SB: Sie sprachen im Workshop von einem speziellen Projekt der eugenischen Forschung im NS-Staat, das hier von Alsterdorf aus durchgeführt wurde. Könnten Sie Genaueres dazu erzählen?

HJ: Der Nationalsozialismus hat versucht, seinen Staat weitgehend eugenisch aufzubauen, aber er ist damit nicht zu Ende gekommen. Man wollte bestimmte Leute, die man für wertvoll hielt, fördern und hatte dazu exzellente Schul- und Gesellschaftsprogramme entwickelt. Gleichzeitig hat man diejenigen, die man nicht für förderungswürdig hielt, von den Leistungen ausgeschlossen. Das betraf nicht nur Juden, sondern auch "Asoziale", Menschen mit Behinderungen und solche, die man als krank definierte. Um diese rassenpolitische Steuerung der Gesellschaft oder des Volkes, wie es damals hieß, durchführen zu können, mußte man natürlich Informationen haben, zum Beispiel über die Trinker. Aber es reichte nicht, nur einen Blick auf die Patientenlisten der Trinkerheilanstalten zu werfen. Vielmehr hatte man sich in den Kopf gesetzt, das gesamte familiäre Umfeld in die Registrierung aufzunehmen, nach dem Schema: Hilfsschüler, Vater Trinker, Mutter Lotterleben.

Diese Menschen, die keiner Förderung würdig waren, sollten erfaßt und dann als Familie langsam, aber sicher aus der Gesellschaft ausgegliedert werden. Der erste Schritt dazu war: "Who is who". Man hat also damit begonnen, die Personen zu erfassen. So etwas ist für uns heute im Computerzeitalter schon fast selbstverständlich. Wir wissen, was alles an Daten bei Krankenkassen und Kreditanstalten usw. gesammelt ist, Gottseidank, noch getrennt, aber damals wurden diese Daten miteinander vernetzt. Alsterdorf hat sich unter der Leitung des damaligen Chefarztes, der in starkem Maße eugenisch orientiert war und volksgesundheitliche Konzepte im Kopf hatte, bemüht, sich an der rassenkundlichen Erfassung der Bevölkerung ganz Hamburgs zu beteiligen. Ein Teil der damals angelegten Akten befindet sich hier vor Ort. So haben Mitarbeiter aus Alsterdorf, zusammen mit dem Rassenpolitischen Amt der NSDAP, zum Beispiel Informationen aus Hilfsschulen gesammelt. In Zusammenarbeit mit den Schulleitungen wurden Karteikarten angelegt, aus denen hervorging, aus welchen Familien die Hilfsschüler kamen. Wenn darunter eine Tante war, die lauter Totgeburten auf die Welt gebracht hatte, oder ein Onkel, der früher an TBC gestorben war, wurden diese Daten zusammengeführt und als Beleg dafür genommen, daß es sich um nichtförderungswürdige Familien handelte. Das konnte zur Folge haben, daß sie beispielsweise von den Förderungen des Winterhilfswerks ausgeschlossen wurden.

Alsterdorf mit seiner Behinderten-Betreuung bildete eine Kardinalachse dieser Erhebungen. Die damals angefertigten Akten bzw. Karteikarten hatten zum Teil die Zeit überstanden und wurden in den 70er Jahren aufgefunden. Sie stehen weder zur Veröffentlichung noch zu familiengeschichtlichen Forschungen zur Verfügung, sondern werden unter Verschluß gehalten. Da sie jedoch ein wichtiges Indiz der NS-"Euthanasie" darstellen, sollten sie auf jeden Fall hinsichtlich der Frage aufgearbeitet werden, in welchem Umfang sich eine Einrichtung der Inneren Mission wie in Alsterdorf an der rassenkundlichen Ausforschung beteiligt hat. Man sollte dabei allerdings nicht unerwähnt lassen, daß das rassenideologische Denken nicht auf eine Schicht oder die NSDAP beschränkt war. Vielmehr gab es bereits zur Jahrhundertwende eine starke Ausprägung dieser Vorstellungen in den Wissenschaften, die nach dem Ersten Weltkrieg beinah den Konsens des Denkens bildeten. So war es für Alsterdorf eigentlich selbstverständlich, daß es über die Betreuung von Behinderten hinaus eine neue auf die gesamte Volksgesundheit ausgerichtete Bedeutung gewann.

SB: Wurde diese Forschung eher erbbiologisch betrieben oder spielte die sogenannte rassische Zugehörigkeit eine dominante Rolle dabei?

HJ: Es ging nicht darum, sogenannte fremdrassige Elemente, also Zigeuner-, Juden- oder Negerblut, wie man das damals nannte, in den Familien nachzuweisen. Diese Angaben und der Grad der Vermischung wurden durch die allgemeinen Volkszählungen erfaßt. Das sogenannte rassische Definitionsmittel für einen Juden war letztlich wieder die Religion. Da kamen die Statistiker an die eigenen Grenzen ihrer Systematik. Hier ging es in erster Linie um die biologische Grundlage sozialer Probleme. Es wurde gelehrt und war herrschende Meinung, daß die sozialen Probleme letztendlich biologische Ursachen haben. In guten gesunden Familien gibt es keine Arbeitslosen oder Behinderten, weil sich das im wesentlichen vererbt, so das Denken. Demzufolge sollten die Forschungen genau diese Thesen beweisen. Man kam nicht so weit, daraus Konsequenzen zu ziehen, aber es hätte sein können, daß bestimmte Familien vielleicht umgesiedelt oder, was schon begonnen hatte, nicht mehr gefördert wurden. Das war der Anfang.

Harald Jenner präsentiert ein historisches Dokument - Foto: © 2014 by Schattenblick

Verwehten Spuren des Schreckens folgen und seiner Wiederholung entgegentreten
Foto: © 2014 by Schattenblick

HJ: Was wir heute T4 nennen, ist eine Nachkriegsbezeichnung für etwas, das seinerzeit nicht so genannt wurde. T4 war eine Maßnahme, die sich ausschließlich gegen Behinderte und psychisch Kranke in Anstalten richtete. Von Berlin aus wurde erst einmal erfaßt, welche Einrichtungen dieser Art überhaupt auf deutschem Boden vorhanden waren. Dann wurde jede Einrichtung danach befragt, was für Patienten sie beherbergte. Wenn eine Einrichtung nur Leute betreute, die nach sechs Wochen wieder nach Hause geschickt wurden, weil sie lediglich ein wenig nervengeschädigt waren, dann stellten sie keine T4-Kandidaten dar. Wenn eine Einrichtung jedoch Hunderte von Menschen über viele Jahre betreute, die "schwachsinnig" oder psychotisch krank waren, dann wurden daraus Listen in der Tiergartenstraße 4 - daher die Bezeichnung T4 - zusammengestellt. Jemand, der beispielsweise schon zehn Jahre in einer Einrichtung saß und den die Ärzte als schizophren bezeichneten, wurde dann herausgeholt und in einer Gaskammer ermordet. Das betraf jedoch keine Menschen, die nicht in Heimen wohnten.

SB: Haben Sie bei ihrer Dokumentation auch an Einrichtungen außerhalb von Hamburg forschen können?

HJ: Alsterdorf leistet sich keine Vollstelle mit mir. Ich habe auch für schleswig-holsteinische Einrichtungen Archive betreut und als Historiker über die meisten auf psychiatrische und Behindertenbetreuung ausgerichteten Anstalten in Schleswig-Holstein geforscht.

SB: Wie weit war Schleswig-Holstein in dieses NS-Vernichtungsprogramm involviert?

HJ: Schleswig-Holstein war als Provinz im Norden von der Aktion T4 vergleichsweise wenig betroffen. Man mußte irgendwo anfangen und hat daher in Süddeutschland und Brandenburg begonnen und sich langsam vorgearbeitet. Als der Norden "an der Reihe war", wurde das Projekt in dieser Form eingestellt. Es gab Abtransporte aus den beiden großen Landesheilanstalten Neustadt und Schleswig, aber nicht aus Privateinrichtungen, die mit Alsterdorf vergleichbar wären und die in anderen Landesteilen schon betroffen waren. Für die Organisatoren war es einfacher, erst einmal mit den staatlichen Einrichtungen anzufangen, weil sie einen schnelleren und weniger problematischen Durchgriff erlaubten. Im Rahmen dieser Aktion, die im Sommer 1941 eingestellt wurde, wurden bei weitem nicht so viele Menschen aus Schleswig oder Neustadt abgeholt wie zum Beispiel aus Einrichtungen in Süddeutschland oder Berlin.

Dennoch wurden mehrere hundert Menschen aus Schleswig-Holstein im Zusammenhang mit der Aktion T4 abtransportiert und ermordet. Schleswig-Holstein ist aber in einer zweiten Phase, als ganze Einrichtungen für "bessere" Aufgaben freigestellt wurden, sehr stark betroffen worden. Als zum Beispiel die Universitätsklinik in Kiel ausgebombt wurde, hat man 1944 fast tausend Menschen aus der Klinik Stadtfeld in Schleswig abgeholt und nach Meseritz gebracht, von denen nur ein Bruchteil zurückgekommen ist. Es wurde die ganze Einrichtung Stecknitz zugunsten der Stadt Lübeck beschlagnahmt, um ein allgemeines Krankenhaus einzurichten, da andere Kliniken zerstört waren. Außerdem wurde ein großer Teil der Einrichtung des Mutterhauses Kropp bei Schleswig von der Stadt Hamburg in Beschlag genommen, um ältere Menschen aus Hamburg dorthin zu verfrachten.

Offiziell ging es um Altenpflege, aber im Grunde war es ein Absterbeheim, da die Leute nur noch kurze Zeit gelebt haben. Darüber hinaus wurde ein Teil des Landesvereins für Innere Mission Rickling in ein Krankenhaus für Patienten aus Hamburg umgewandelt, da ähnliche Einrichtungen in Barmbek und St. Georg kriegszerstört waren. In Rickling konnte man sich so am Blinddarm operieren oder seinen Beinbruch auskurieren lassen. Um Platz zu schaffen, wurden Hunderte von Patienten in Einrichtungen verlegt, in denen Menschen systematisch getötet wurden. Aber das ging schon über die Aktion T4 hinaus. Trotz allem herrschte in der Psychiatrie in Rickling totale Überbelegung, so daß die Leute dort unter katastrophalen Lebensbedingungen und zum Teil in Folge schlechter Ernährung gestorben sind. Alles in allem sind aus Schleswig-Holstein ungefähr 5000 Personen, die heute namentlich bekannt sind, umgebracht worden.

SB: In den letzten Jahren fand im starken Umfang eine Privatisierung der Krankenhäuser und anderer medizinischer Einrichtungen statt. Wirkt sich das eventuell negativ auf die historische Forschung aus, weil vorhandene Aktenbestände nicht mehr frei zugänglich sind?

HJ: Leider wurden bei der Privatisierung nicht nur in Norddeutschland, sondern auch von Einrichtungen aus anderen Landesteilen Akten vernichtet, weil zum einen die Überführung der Akten in die zuständigen Archive nicht geklappt hat und zum anderen die Archive nicht in der Lage waren, von einem Tag auf den nächsten Zehntausende von Akten aufzunehmen. So konnten wir vor Jahren noch in Langenhorn an Akten forschen, die heute nicht mehr vorhanden sind.

SB: Müßten nicht mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden, um die Kontinuität dieser Forschung aufrechtzuerhalten?

HJ: Die Bemittlung fast aller historischen Institutionen ist entweder reduziert oder ganz eingestellt worden. Weniger Geld zur Verfügung hat unter anderem die Landeszentrale für politische Bildung, die sich früher mit dem Thema Euthanasie im Dritten Reich beschäftigt hatte. In einigen Ländern ist die Forschung an diesem Thema sogar ganz abgeschafft worden. In Nordrhein-Westfalen existiert als Institution zwischen der Staatsverwaltung und den Gemeinden der Landeswohlfahrtsverband, den es in dieser Form in Hamburg oder Schleswig-Holstein nicht gibt. Dadurch fällt eine ganze Institution, die mit dieser Forschung befaßt war, im Norden weg. So gibt es, anders als in Westfalen und einigen Gebieten Hessens, keine grundlegende Studie über die Euthanasieverbrechen in Schleswig-Holstein, obwohl das vorhandene Material inzwischen zusammengetragen wurde. Es fehlt jedoch eine Institution, die bereit wäre, eine quellengenaue Dokumentation vorzulegen, die dann auch für die Familien der Betroffenen von Hilfe sein könnte. In Schleswig-Holstein herrscht in dieser Hinsicht ein großer Mangel.

SB: Herr Jenner, vielen Dank für das Gespräch.

Kisten mit historischen Dokumenten in Regalschränken - Foto: © 2014 by Schattenblick

Der Erhalt noch nicht verlorengegangener Erinnerungen bedarf besonderer Sorgfalt
Foto: © 2014 by Schattenblick


Fußnote:

Bisherige Beiträge zum Workshop "Euthanasie - Die Morde an Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen im Nationalsozialismus" im Schattenblick unter
www.schattenblick.de → INFOPOOL → PANNWITZBLICK → REPORT:

BERICHT/008: Berufsstand und Beteiligung - Die im Schatten sieht man nicht ... (SB)
BERICHT/010: Berufsstand und Beteiligung - Alte Schuld runderneuert (SB)
INTERVIEW/015: Berufsstand und Beteiligung - Spuren der Täuschung, Christl Wickert im Gespräch (SB)

10. April 2014