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AUSSEN/1865: Statement von Katrin Göring-Eckardt zu Brexit, Russland-Sanktionen, Türkei und Erbschaftssteuer


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 21. Juni 2016

Statement von Katrin Göring-Eckardt zu Brexit, Russland-Sanktionen, Türkei und Erbschaftssteuer


Statement der Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt zu den Themen Brexit, Russland, Türkei sowie Erbschaftssteuer:

Brexit:

In dieser Woche beschäftigt uns natürlich vor allen Dingen die Abstimmung in Großbritannien. Wir hoffen sehr, dass sich die Briten entscheiden, in der EU zu bleiben, dass sie gegen einen Brexit votieren. Wir werden alles dafür tun, dass das auch geschieht. Das heißt jetzt nicht, belehrend durch die Welt zu laufen, sondern alle Kommilitonen, Freunde, ehemalige Nachbarn anzurufen und sie zu bitten, noch einmal dafür zu werben, dabeizubleiben. Gleichzeitig muss man sagen, dass die Sorgen groß sind für den Fall, dass es einen Brexit geben könnte. Das bedeutet gravierende wirtschaftliche Auswirkungen, und zwar nicht erst dann, wenn der Ausstieg tatsächlich vollzogen und beschlossen ist, sondern vermutlich sofort. Und das bedeutet auch Konsequenzen natürlich für britische Unternehmen, für die wirtschaftliche Situation in Großbritannien, aber eben auch für deutsche Unternehmen, die dort tätig sind. Wir machen uns darum große Sorgen und hoffen sehr, dass es dazu gar nicht erst kommt.

Russland:

Wir haben gerade erfahren, dass die EU-Staaten die Sanktionen in Bezug auf Russland verlängert haben. Das ist eine richtige Maßnahme, wenn man sich die Situation der Annexion der Krim im Zusammenhang mit der Ukraine anschaut. Daran hat sich nichts geändert. Deswegen ist es konsequent, dass diese Sanktionen erhalten bleiben. Ich hoffe sehr, dass Herr Gabriel, wenn er Herrn Putin besucht in dieser Woche, auch sehr deutlich sagt, dass diese Sanktionen richtig sind. Und dass er als Wirtschaftsminister auch die Linie der Bundesregierung dort vertritt. In dem Zusammenhang muss man sicherlich auch noch mal auf das eingehen, was Herr Steinmeier in dieser Woche zum Säbelrasseln gesagt hat: Alle Beschlüsse, die die NATO getroffen hat, hat ja die deutsche Seite mit getroffen, auch der deutsche Außenminister. Er hat sie auch verteidigt. Es ist auch richtig, darauf hinzuweisen, dass alle NATO-Manöver, die stattfinden, transparent sind, dass sie mit Beobachtern stattfinden, dass sie übrigens auch stattfinden unter Einladung russischer Beobachter, die das bisher in aller Regel nicht wahrnehmen. Auf der anderen Seite haben wir viele Manöver, auch größere Manöver der russischen Seite, von denen wir erst dann, wenn sie stattfinden, durch die russische Nachrichtenagentur erfahren. Insofern gibt es keinen Grund, jetzt einseitig davon zu reden, dass das hier ein Bedrohungsszenario wäre. Im Gegenteil, ich finde, ja, beides muss sein: auf der einen Seite die Solidarität innerhalb der NATO, auf der anderen Seite selbstverständlich Gespräche. Und ich gehe auch davon aus, dass unser Außenminister solche Gespräche führt und sie nicht nur dem Wirtschaftsminister überlässt.

Türkei:

Der EU-Türkei-Deal wird von Tag zu Tag fragwürdiger. Es ist nicht nur so, dass 52 Menschen davon abgehalten werden, nach Deutschland auszureisen, die eigentlich ein Visum haben, angeblich deswegen, weil sie hohe Qualifikationen haben, sondern es ist auch so, dass immer noch nicht geklärt ist, wie die deutsche Bundesregierung und wie die EU eigentlich damit umgehen will, dass an der türkisch-syrischen Grenze Selbstschussanlagen sind und dass gerade in diesen Tagen nach Berichten eine ganze Familie, nämlich acht Personen, davon vier Kinder mindestens, erschossen worden sind. Wenn man einen Deal will, wenn man einen Vertrag will, wenn man will, dass die Türkei in der Flüchtlingsfrage eine wichtige Rolle spielt, dann kann man über diese Fragen nicht hinwegsehen. In der letzten Fragestunde in der letzten Sitzungswoche des Deutschen Bundestages habe ich den Außenminister danach gefragt. Der Außenminister hat sich zu der Zeit darauf zurückgezogen, dass in den Gesprächen mit der türkischen Seite dazu keine weiteren Informationen vorlägen. Ich erwarte jetzt angesichts der neuen Nachrichten, dass Frank-Walter Steinmeier sich darum kümmert, was da tatsächlich passiert, dass die Nichtregierungsorganisationen, die diese Nachricht nicht nur verbreitet haben, sondern auch verifiziert haben, befragt werden und dass man sich nun ganz bestimmt nicht darauf verlassen kann, was die türkische Regierung dazu sagt.

Erbschaftssteuer:

Wir haben jetzt einen neuen Vorschlag. Dieser neue Vorschlag soll im Eilverfahren durch das Parlament gepeitscht werden ohne weitere Anhörung. Das ist ziemlich absurd bei einem solchen großen und wichtigen Gesetzesvorhaben. Dieser neue Vorschlag ist aus unserer Sicht wieder nicht verfassungsgemäß, und er vergrößert auch die Ungleichheit zwischen auf der einen Seite Betriebsvermögen und auf der anderen Seite Privatvermögen. Wer große Betriebsvermögen hat, ist nach wie vor fein raus. Da geht nicht nur darum, dass Arbeitsplätze geschaffen werden, sondern es geht eben auch um eine Privilegierung der besonders Reichen, die gegenüber denen, die in der Mittelschicht ja selbst verständlich mit Steuern zum Gemeinwesen beitragen, hier einen sehr viel kleineren Beitrag leisten.

Dass dieser Vorschlag wiederum nicht verfassungsgemäß sein wird, macht mir große Sorgen, wenn man sich anschaut, was die Frage der Planungssicherheit gerade von mittelständischen Unternehmen angeht. Und was wir hier haben, ist ein Vertrag zulasten Dritter. Um den Koalitionsfrieden zu sichern, hat man sich zulasten derjenigen, die gerade in der Mittelschicht darauf angewiesen sind, dass sie Planungssicherheit haben, geeinigt. Und insofern kann ich nur sagen: Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Vorschlag im Bundesrat eine Mehrheit findet.

Copyright Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

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Quelle:
Pressemitteilung vom 21. Juni 2016
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juni 2016

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