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EUROPA/1697: Zwei Jahre EU-Türkei-Vereinbarung - Kein Jubiläum zum Feiern


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 20. März 2018

Zwei Jahre EU-Türkei-Vereinbarung - Kein Jubiläum zum Feiern


Anlässlich des zweijährigen Bestehens der EU-Türkei-Vereinbarung erklärt Luise Amtsberg, Sprecherin für Flüchtlingspolitik:

Wir fordern die Bundesregierung auf, die Zusammenarbeit mit der Türkei neu auszurichten und den bestehenden Deal aufzukündigen. Ein wesentlicher Aspekt der Zusammenarbeit muss die Stärkung der legalen Wege nach Europa, so zum Beispiel das Resettlement oder die Familienzusammenführung, sein.

Wir haben uns immer dafür eingesetzt, dass die Nachbarstaaten des Bürgerkriegslandes Syrien bei der Aufnahme, Versorgung und Integration von Flüchtlingen unterstützt werden. Dazu gehört auch die Türkei, die allein dreimal so viele Flüchtlinge aufgenommen hat, wie ganz Europa. Statt aber bei den Verhandlungen darauf zu drängen, dass die Türkei die Genfer Flüchtlingskonvention vollumfänglich ratifiziert und sich die Bedingungen für Flüchtlinge in der Türkei verbessern, hat die Bundesregierung nur ein Ziel verfolgt: weniger Flüchtlinge in Europa.

Um den Deal mit der Türkei nicht zu gefährden, war die Bundesregierung mit Blick auf die innenpolitische Lage in der Türkei sehr schweigsam. Diese Politik ist nicht nur fahrlässig, sondern auch extrem kurzsichtig und gefährlich. Die Türkei produziert mit ihrer Innen- und Außenpolitik täglich neue Flüchtlinge in Syrien und in der Türkei selbst. Durch die Offensive im syrischen Afrin, das vielen syrischen Geflüchteten als letzter sicherer Ort innerhalb Syriens galt, sind zehntausende Menschen nun erneut auf der Flucht. Gleichzeitig ist die Zahl der Asylanträge aus der Türkei in Deutschland enorm angestiegen.

Über 400.000 syrische Flüchtlingskinder können derzeit in der Türkei nicht beschult werden. Wenn sich hieran nichts ändert, wird eine ganze Generation von geflüchteten Kindern und Jugendlichen quasi verloren gehen. Das kann aus menschenrechtlicher Sicht, aber auch aus sicherheitspolitischen Erwägungen nicht im Interesse Europas sein. Auch kann es nicht sein, dass die anderen großen Flüchtlingsgruppen, nämlich aus Irak und Afghanistan, gar keine Berücksichtigung finden. Auch völlig außer Acht lässt die Bundesregierung die kritische Lage auf den griechischen Inseln.

Auf all diese Umstände liefert die Bundesregierung bisher keine befriedigende Antwort. Im Gegenteil: Auf europäischer Ebene wird das Asylsystem derzeit reformiert. Man möchte weiter am Dublin-System festhalten und vermutlich wird die Türkei auf der Liste der europäischen Sicheren Herkunftsstaaten landen. Damit werden die Fehler von 2015 wiederholt und die Chance verpasst, ein krisenfestes gemeinsames europäisches Asylsystem zu schaffen.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 20. März 2018
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2018

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