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GESUNDHEIT/1076: Anton Hofreiter zur Corona-Lage


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 21. April 2020

Anton Hofreiter zur Corona-Lage


Aus Anlass der heutigen digitalen Fraktionssitzung nachfolgend ein Statement des Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter zur Corona-Lage:

Die epidemiologische Lage ist weiter äußerst fragil. Solange wir keinen Impfstoff haben, werden wir weiter eine ganze Reihe von Regeln beachten müssen. Deshalb müssen wir weiter geduldig sein, uns an die Regeln halten und aufeinander Rücksicht nehmen, um uns selbst nicht zu gefährden und insbesondere Risikogruppen nicht zu gefährden.

Selbstverständlich ist es nötig, dass wir eine Debatte darüber führen in unserer Demokratie, welche Maßnahmen notwendig und sinnvoll sind, und auch welche Lockerungen möglich sind. Aber diese Debatte muss verantwortungsvoll und maßvoll geführt werden. Denn wir sind bei weitem noch nicht so weit, dass die Probleme auch nur ansatzweise gelöst sind. Es besteht jederzeit die Gefahr, dass es zu einer zweiten, noch schlimmeren Welle kommt, die wiederum die Gefahr beinhaltet, dass unser Gesundheitssystem überfordert wäre.

Wichtige Grundvoraussetzung ist, dass die Zahlen der Infizierten sinken. Das allein reicht aber nicht. Es braucht weitere Voraussetzungen. Dazu gehören ausreichend Testkapazitäten, ausreichend Schutzmasken und Schutzkleidung und ausreichend ausgestattete Gesundheitsämter. Daneben braucht es eine App, um die sozialen Kontakte schnell und zuverlässig nachzuverfolgen. Ich erwarte von der Bundesregierung mehr Energie und mehr Engagement, um diese Voraussetzungen zu schaffen. Da erwarte ich eine konzertierte Aktion der Ministerien, sich darum zu kümmern. Insbesondere vom Wirtschaftsministerium erwarte ich mir deutlich mehr Engagement.

Wirtschaft und Soziales

Es war in der letzten Sitzungswoche richtig und wichtig, dass wir ein so großes Hilfsrettungspaket beschlossen haben. Und es ist wichtig, dass wir die Wirtschaft unterstützen. Es ist auch richtig, Großkonzerne zu retten. Und so wie ich als Grüner sage: "Es ist richtig, Lufthansa zu retten", erwarte ich, dass auch Menschen in Armut in dieser Krise geholfen wird. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass dafür gesorgt wird, dass zumindest temporär die Arbeitslosengeld-II-Regelsätze sowohl für Kinder als auch Erwachsene erhöht werden und dass das Kurzarbeitergeld gestuft nach Einkommen deutlich erhöht wird. Wir haben hierfür ein Konzept vorgelegt. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass wir nicht nur die Wirtschaft retten, sondern dass wir auch dafür sorgen, dass es sozial gerecht zugeht.

Wir werden daneben auch ein Konjunkturpaket benötigen. Der Zeitpunkt hängt von der epidemiologischen Lage ab. Unsicherheit ist Gift für die Arbeitsplätze und die Unternehmen. Deshalb muss die Bundesregierung bereits jetzt klarstellen, dass es zum gegebenen Zeitpunkt ein Konjunkturpaket geben wird. Herr Scholz irrt sich, wenn er meint, dass die jetzt vorhandenen und bereitgestellten Mittel dafür ausreichen. Wir brauchen dafür deutlich mehr Mittel, und wir brauchen jetzt das Vertrauen, dass diese Mittel auch bereitgestellt werden.

Damit wir nicht von einer Krise in die nächste Krise schlittern, muss sich dieses Konjunkturpaket an Klimaschutzkriterien und an Allgemeinwohlkriterien orientieren. Es kann nicht sein, dass jetzt jede Lobbyorganisation das durchbringt, was sie schon immer durchbringen wollte. Dafür ist die Lage zu ernst.

Europa

Auch mit Blick auf die Europäische Union irrt der Finanzminister. Wir brauchen mehr Solidarität. Dazu gehört ein gut ausgestatteter Wiederaufbaufonds, mit dem wir verhindern, dass aus der Coronakrise eine schwere Krise der Europäischen Union mit verheerenden Auswirkungen auf den Zusammenhalt, auf die Wirtschaft und auf die Arbeitsplätze in Europa wird. Das beste Mittel zur Finanzierung sind temporäre Coronabonds, um den am stärksten betroffenen Staaten zu helfen. Diese helfen im Übrigen auch Deutschland. Die deutsche Autoindustrie ist abhängig davon, dass in Norditalien vernünftig produziert wird. Es ist also nicht nur Ausdruck von Solidarität, sondern auch wohlverstandenes Eigeninteresse, wenn wir dort klug handeln.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 21. April 2020
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. April 2020

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