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INNEN/2500: Melderecht als Datenschleuder


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 6. Juli 2012

Melderecht als Datenschleuder



Zum fehlenden Datenschutz im neuen Melderecht, erklärt Wolfgang Wieland, Obmann im Innenausschuss:

Seit Jahren ist das Melderecht eine neue Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes. Aber erst jetzt hat der Gesetzgeber gehandelt - und beim Datenschutz komplett versagt.

Ein klassischer Streitpunkt beim Melderecht ist die einfache Auskunft: Wer darf unter welchen Voraussetzungen Daten wie Name, Geburtstag und Anschrift bekommen? Bisher ist das nicht sehr restriktiv gehandhabt worden, was Adresshändler und Werbetreibende natürlich freute. Der erste Entwurf aus dem Ministerium hatte die von uns gewünschte Opt-In-Lösung enthalten: Wer Werbung will, der muss dem ausdrücklich zustimmen. Und das freihändige Speichern einmal erworbener Daten wurden den Adresshändlern auch etwas erschwert.

Mit einer Änderung kurz vor Toresschluss hat die Koalition das ins Gegenteil verkehrt. Nun muss man widersprechen, wenn man keine Werbung will und die eigene Adresse nicht weiterverkauft werden soll. Die Auskunfteien und sonstigen Sammler dürfen speichern, was die Server hergeben. Und, besonders dreist, der Widerspruch gegen das Verschachern der eigenen Daten wird ignoriert, wenn ein Adresshändler schon bruchstückhafte oder veraltete Daten über eine Person besitzt - was in der Realität heißt: fast immer.

Keine Kontrolle über die eigenen Daten, keine wirksame Widerspruchsmöglichkeit und Speichererlaubnis für alle Lebenslagen - ganz offenbar ist in der selbsternannten Bürgerrechtspartei doch wieder die sogenannte Wirtschaftskompetenz durchgekommen, die alle Regulierung für Teufelszeug hält.

Wir haben im Bundestag gegen das Gesetz gestimmt und wollen es im Bundesrat aufhalten. Nach dem Sommer kommt es wieder auf die Tagesordnung, dann wollen wir die Regierung zwingen, im Vermittlungsausschuss den Bürgerinnen und Bürgern die Kontrolle über ihre eigenen Daten zurückzugeben.

Copyright Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

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Quelle:
Pressemitteilung vom 6. Juli 2012, Nr. 0622/12
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juli 2012