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INNEN/2852: Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz - schwieriger Kompromiss in herausfordernden Zeiten


Pressedienst von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 15. Oktober 2015

Ein schwieriger Kompromiss in herausfordernden Zeiten


Zur Verabschiedung des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes in Bundestag und Bundesrat erklärt Simone Peter, Bundesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

"Die Aufnahme der vielen Flüchtlinge, die derzeit in Deutschland Schutz suchen, ist eine humanitäre Verpflichtung und eine große Chance für unser Land. Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass sich die Lage in den Erstaufnahmen und Gemeinschaftsunterkünften auch durch monatelange Untätigkeit der Bundesregierung massiv verschärft. Behörden und Kommunen, Wohlfahrtsverbände und Hilfsorganisationen stehen vor immensen Herausforderungen. Vor allem ist die Situation für die Flüchtlinge selbst schwierig, die zum Teil bei Kälte in Zelten übernachten und oft monatelang auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge warten müssen.

Das vorliegende Gesetzespaket beruht auf einem schwierigen Kompromiss, um den wir hart mit der Großen Koalition gerungen haben. Der Kompromiss enthält reale Verbesserungen für Flüchtlinge und Kommunen, aber auch einige für uns Grüne überaus kritische Punkte. Grundsätzlich zu begrüßen ist der erweiterte Zugang zu Maßnahmen der Arbeitsmarktförderung und zu Integrationskursen, die Möglichkeit für Staatsangehörige der Westbalkanstaaten, unter bestimmten Voraussetzungen in Deutschland arbeiten zu dürfen, und die überfällige Entlastung von Ländern und Kommunen, um Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen zu finanzieren. Dafür haben wir Grüne uns seit langem eingesetzt.

Andererseits enthält das Gesetzespaket eine Reihe von Verschärfungen, die grüner Flüchtlingspolitik zuwiderlaufen. Dazu zählen insbesondere die Verlängerung des Verbleibs in Erstaufnahmeeinrichtungen, Leistungskürzungen und die vorrangige Ausgabe von Sachleistungen, die Ausweitung der Liste angeblich "sicherer Herkunftsstaaten", das Verbot der Ankündigung von Abschiebungen und die Ausweitung des Arbeitsverbots in der Erstaufnahme. Diese Regelungen werden kaum zu einer Entlastung der Asylverfahren beitragen und die Integration der Flüchtlinge hemmen.

Viele weitere Giftzähne konnten wir im Laufe des Verfahrens ziehen und halten unsere inhaltliche Kritik an Schikanen und Symbolpolitik weiterhin aufrecht. Alle Versuche, das Grundrecht auf Asyl auszuhöhlen oder gar abzuschaffen weisen wir entschieden zurück.

Vor diesem Hintergrund hat die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einzelne Teile des Pakets abgelehnt, der strukturellen Entlastung für die Kommunen zugestimmt und sich in der Gesamtabwägung enthalten. Der Bundesvorstand hat dieses Vorgehen unterstützt. Die grün mitregierten Länder haben dem Gesetzespaket im Bundesrat mehrheitlich zugestimmt, einige haben sich enthalten. Damit wird der Weg frei gemacht für dringend benötigte Finanzmittel. Gleichzeitig begrüßen wir, dass die Bundestagsfraktion durch ihre Nichtzustimmung unsere gemeinsam getragene grüne Kritik zum Ausdruck gebracht hat.

Gemeinsam setzen wir uns weiter ein für eine humane Flüchtlingspolitik und sichere Wege nach Europa, für gelingende Integration, gleichberechtigte Teilhabe und eine weltoffene Gesellschaft."

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Quelle:
Pressedienst Nr. 44-15 vom 15. Oktober 2015
Bündnis 90/Die Grünen Bundesvorstand
Sigrid Wolff, Pressesprecherin
Platz vor dem Neuen Tor 1, 10115 Berlin
E-Mail: presse@gruene.de
Tel: 030/28 442-131, -134, Fax: 030/28 442-234
Internet: www.gruene.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Oktober 2015

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