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INNEN/2950: Beschluss des Bundesvorstands - Grüne Strategien für einen lebenswerten ländlichen Raum


Pressedienst von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 31. August 2016

Beschluss des Bundesvorstands

Neustrelitz, 31.8.2016
Neue Ideen braucht das Land! Grüne Strategien für einen lebenswerten ländlichen Raum


Egal ob in der Stadt oder auf dem Land, ob in wachsenden oder schrumpfenden Regionen: Menschen müssen die gleichen Chancen haben, an der Gesellschaft teilzuhaben - unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem Geldbeutel. Daher brauchen alle Menschen Zugang zu guter Bildung und Arbeit, zu ärztlicher Versorgung, Pflege und Kinderbetreuung, aber auch zu Kultur- und Freizeitangeboten und Einkaufsmöglichkeiten. Durch moderne Mobilitätsangebote, die Chancen von Digitalisierung und Integration, aber auch der Energie- und Agrarwende können ländliche Regionen so auch zukünftig lebenswert und attraktiv bleiben. Denn Menschen sollen da leben können, wo sie wollen. Dabei darf es nicht von der Region abhängen, wie ein Lebensweg verläuft.

Doch tatsächlich entwickeln sich die regionalen Lebensverhältnisse immer stärker auseinander. Während es um die großen Ballungszentren herum prosperierende Gegenden gibt, haben andere, meist ländliche Regionen massiv mit den Auswirkungen von Abwanderung und Alterung zu kämpfen. Das wirkt sich schon heute spürbar auf das Leben und die Versorgung in strukturschwachen ländlichen Regionen aus.

Eine falsche Politik auf Bundes- und Länderebene verstärkt diese Negativspirale noch: In Mecklenburg-Vorpommern hängt die Sparpolitik der Großen Koalition in Schwerin ganze Landesteile ab von Mobilität und moderner digitaler und sozialer Infrastruktur. Eine zentralisierte Bildung zwingt Kindern auf dem Land überlange Schulwege auf. Industrielle Landwirtschaft mit Massentierhaltung lässt die ländlichen Räume veröden.

Wir Grüne setzen auf Investitionen in eine moderne Infrastruktur, mit dem Ziel echter Chancengerechtigkeit auf dem Land wie in der Stadt. Wir wollen die Wertschöpfung in der Region stärken, indem wir umweltfreundliche Landwirtschaft, Mobilität und eine nachhaltige Energieversorgung mit Naturschutz, Tourismus, Handwerk sowie kleine und mittlere Unternehmen zusammen denken. Wir erhalten die kleinen Schulen vor Ort und sorgen überall für gute Bildung von Anfang an!

Dabei kommt es uns darauf an, unsere Politik gemeinsam mit den Menschen zu entwickeln und zu gestalten. Wir machen uns dafür stark, dass die Menschen vor Ort mehr mitentscheiden können. Das stärkt den Gemeinsinn und den Zusammenhalt in der Region. Für mehr Entscheidungsfreiheit vor Ort wollen wir auch auf Bundesebene die Weichen richtigstellen.

Städte und Gemeinden brauchen eine angemessene finanzielle Ausstattung, um ihre Aufgaben im Sinne der Bürger*innen bewältigen zu können. Hier ist der Bund gefragt, Ländern und Kommunen mehr finanziellen Spielraum zu geben: Durch die Übernahme von kommunalen Sozialausgaben, die Unterstützung bei Investitionen in Bildung und Infrastruktur, mehr Mittel bei den Kosten der Flüchtlingsaufnahme und durch eine Hilfe beim Abbau erdrückender kommunaler Schuldenlasten. 2019 laufen der Länderfinanzausgleich und ebenso der Solidarpakt Ost aus. Hier sind bei den Bund-Länder-Finanzbeziehungen dringend Wege zu finden, einen solidarischen Föderalismus zu gewährleisten, damit sich die Spaltung in arme und reiche Regionen nicht vertieft. Unser Ziel ist gleichwertige Lebensverhältnisse im ganzen Land.

Als Europapartei wissen wir um die Bedeutung der Europäischen Union als ein unverzichtbarer Akteur bei der Förderung von ländlichen Räumen. Die Regionalpolitik der EU stärkt den Zusammenhalt der Menschen und der Regionen dadurch, dass die Strukturfonds regionalen Unterschieden entgegenwirken. So widmet sich der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) ausschließlich der Förderung ländlicher Regionen. Wir wollen diesen europäischen Mehrwert für die Menschen auf dem Land stärken. Sie zeigen, welchen Wert die Europäische Union für ihre Bürgerinnen und Bürger hat. Mit ihren einheitlichen, strategischen Zielorientierungen, der Verzahnung und deutlicher Entscheidungskompetenz auf regionaler Ebene können EU-Strukturprogramme auch Vorbildcharakter für Bund- und Länderprogramme haben.


1) Die Schule im Dorf lassen

Wir wollen Chancengleichheit und gute Bildung für alle Kinder und Jugendliche - unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht oder der Region, in der sie aufwachsen. Gerade angesichts der demografischen Entwicklung und einer zunehmenden sozialen Spaltung, dürfen wir kein Talent zurücklassen.

- Statt Schulschließungen und viel zu langer Schulwege, wollen wir Schulen ermöglichen, kleinere Klassen einzurichten, Jahrgänge zusammenzulegen und die ganztägige Betreuung auszuweiten. So können auch kleine ländliche Schulen erhalten bleiben.

- Für die Wege zu Schule oder Kita wollen wir den Grundsatz "kurze Beine, kurze Wege" umsetzen.

- Wir fordern einen flächendeckenden Ausbau von ganztägiger Kinderbetreuung und Ganztagsschulen.

- Schulen in ländlichen Räumen wollen wir zu Knotenpunkten des gesellschaftlichen Lebens ausbauen: Sie sollen Orte der Kooperation von Bildung, Sport, Kultur und Handwerk werden, wo viel mehr stattfindet als der reguläre Unterricht. So stehen Räume nicht leer, sondern werden neben dem regulären Schulbetrieb, abends, am Wochenende oder in Schulferien, anderweitig genutzt.


2) Vorfahrt für Bus und Bahn

Wir kämpfen dagegen, dass durch die Stilllegung von Bahnstrecken oder Buslinien ganze Regionen verkehrlich abgehängt werden und der Schulverkehr das einzige Angebot im öffentlichen Nahverkehr bleibt. Der ÖPNV ist gerade auf dem Land wichtiger Bestandteil der Daseinsvorsorge, der nicht Sparzwängen geopfert werden darf.

- Neben den klassischen Nahverkehrsangeboten von Bus und Bahn wollen wir flexible und bedarfsgerechte Alternativen fördern - vom Anrufsammeltaxi über Bürger*innenbusse bis hin zum Kombibus, in dem Fahrgäste und Güter transportiert werden können. Privat oder im Verein organisierte Fahrdienste, Car-Sharing auf der wachsenden Basis von Elektrofahrzeugen und Bike-Sharing wollen wir unterstützen und das Radfahren auch in ländlichen Räumen leichter, bequemer und sicherer machen.

- Wir setzen auf die intelligente Vernetzung und die Ökologisierung der Verkehrsträger, die es erlauben, stärker auf die individuellen Bedürfnisse der Nutzer*innen einzugehen und gleichzeitig umwelt- und klimafreundlich unterwegs zu sein. Ziel muss es sein, die verschiedenen Angebote unter Einhaltung höchster Datenschutz- und Umweltstandards in internetgestützten und mobil nutzbaren Plattformen zu bündeln, in der von der Auskunft, über den Fahrscheinkauf hin zu aktuellen Streckeninformationen alle Informationen zusammenfließen.

- Viele ländliche Regionen haben das Potenzial, durch die Anbindung an Ballungszentren als "Garten der Metropolen" nicht nur Naherholung zu bieten, sondern durch Kunst und Handwerk oder Direktvermarktung von Lebensmitteln ein vielfältiges wirtschaftliches Fundament zu legen. Gleichzeitig können Städte z.B. durch Kultur- oder Wissenstransfer etwa in Fragen der politischen Bildung positive Impulse auf dem Land setzen. So werden in Kooperation von Stadt und Land die Stärken des einen und die Schwächen des anderen zum Wohle aller genutzt und kompensiert. Das zeigen Beispiele aus Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.


3) Für Land und Wirtschaft

Wir Grüne stehen für eine regionale Wirtschaft und Landwirtschaft, die im Einklang mit der Natur wirtschaftet und allen Menschen in der Region ein gutes Leben und gutes Wirtschaften ermöglicht. Eine bäuerliche und ökologische Landwirtschaft erfüllt die Wünsche der Verbraucher*innen nach guten und regionalen Lebensmitteln, erhält unsere natürlichen Lebensgrundlagen und stärkt die Wertschöpfung in den ländlichen Regionen. Doch noch immer führen die einseitige Ausrichtung der Agrarwirtschaft auf den Export, eine ungerechte Agrarpolitik und der Dumping-Wettbewerb zu einer Konzentration von Land und dem Verlust bäuerlicher Betriebe. Der Öko-Landbau stagniert trotz boomender Nachfrage.

- Wir Grüne wollen das Höfe-Sterben beenden. Wir setzen uns ein für Bauernhöfe statt Agrarfabriken, artgemäße Tierhaltung statt Megamastanlagen und eine vielfältige Kulturlandschaft statt eintöniger Monokulturen. Wir wollen neue Betriebs- und Kooperationsmodelle wie die solidarische Landwirtschaft stärken und den Zugang zu Land und weiteren Ressourcen auch für Existenzgründer*innen sichern. Die Leistungen des ökologischen Landbaus und der Regionalität für Natur und Gesellschaft wollen wir stärker honorieren.

- Zur Stärkung kleiner und mittlerer Unternehmen gehören möglichst unbürokratische Beratungsangebote für Unternehmensgründungen und die Suche nach einer Unternehmensnachfolge. Durch Unterstützung bei den Betriebsübergaben wollen wir sicherstellen, dass Arbeitsplätze und Wertschöpfung in der Region erhalten bleiben.

- Mit speziellen Förderprogrammen, die Frauen bei der Gründung, Qualifizierung und Netzwerkbildung unterstützen, können die Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen im ländlichen Raum erhöht werden und die Zukunftsperspektiven für Familien in den Dörfern gesichert werden.

- Durch eine bessere Vernetzung von Hochschulen mit dem Mittelstand und der Schaffung von Innovationsnetznetzwerken wollen wir kleinen und mittleren Unternehmen auf dem Land mehr Möglichkeiten bieten, ihre Innovationspotentiale zu nutzen. Dabei helfen soll auch eine unbürokratische steuerliche Forschungsförderung für kleine und mittlere Unternehmen.

- Für uns sind Handwerksbetriebe ein wichtiger Partner der ökologischen Modernisierung. Sie installieren und warten Anlagen Erneuerbarer Energien, bauen energieeffiziente Gebäude und sanieren alte Häuser. Durch größere Anstrengungen beim Ausbau der Erneuerbaren und der energetischen Sanierung sichern wir auch die Zukunft des Handwerks im ländlichen Raum.

- Mecklenburg-Vorpommern ist eines der beliebtesten Urlaubsziele in der Bundesrepublik. Wir wollen den nachhaltigen Tourismus fördern. Auch außerhalb der saisonalen Hochphasen wollen wir Menschen für die Natur und einen sanften Tourismus begeistern. So würden Hotellerie und Gastronomie profitieren und den Saisonarbeitskräften eine ganzjährige Perspektive geboten.

- Wir wollen regionalen Wertschöpfungsketten und Wirtschaftskreisläufen fördern, denn sie sorgen dafür, dass Transport-, Energie-, und Versorgungsstrukturen ressourcensparend umgebaut werden. Diese Strukturen geben Menschen die Chance, mit ihrem Engagement und Konsumverhalten Verantwortung für ihre Gemeinde und ihre Region zu übernehmen.

- Über die Versorgung von Kitas, Schulen, Altenheimen, Kliniken und öffentlichen Verwaltungen mit regionalen Produkten wollen wir effiziente Absatzstrukturen aufbauen. Wir setzen uns für die Entwicklung eines Gütesiegels ein, mit dem die Konsumenten regionale Vermarktungssysteme mit überprüfbaren Kriterien- und Kontrollsystemen erkennen können.

- Um die regionale Vermarktung zu fördern, sollte die regionale Wirtschaft Zugang zur Förderung entsprechender Investitionen, sowie entsprechenden Beratungsangebote erhalten. Durch gezielte Gründungs- und Forschungsförderung schaffen wir gute Standortvoraussetzungen für kleine und mittelständische Unternehmen.

- Wir wollen die Gründung von Genossenschaften attraktiver machen. Ob Dorfladen, Energiegenossenschaften oder regionale Volks- und Raiffeisenbanken: Gemeinsam erreicht man mehr als alleine - es geht nicht nur um kurzsichtiges Profitstreben, sondern um die Förderung wirtschaftlicher, sozialer oder kultureller Belange ihrer Mitglieder. Wie kein anderes Modell bieten genossenschaftliche Unternehmen die Möglichkeit der Mitwirkung und Mitgestaltung.


4) Gute Arbeit braucht das Land

Damit junge, gut qualifizierte Arbeitssuchende nicht abwandern und Unternehmen in der Region genügend Fachkräfte finden, müssen die Arbeit und das Leben auf dem Land attraktiv bleiben. Derzeit zieht es besonders Frauen in die Städte, weil sie auf dem Land weniger Bildungs- und Jobperspektiven für sich sehen. Und auch Einwanderer finden in den oft Ballungszentren bessere Netzwerke und Strukturen, die ihnen die Integration erleichtern.

- Für mehr Lohngerechtigkeit wollen wir die befristeten Anstellungen in der Landesverwaltung reduzieren und im Landesvergabegesetz die gleiche Bezahlung von Mann und Frau, sowie von Leiharbeiter*innen festschreiben. Wir setzten uns dafür ein, Minijobs in reguläre Beschäftigungen umzuwandeln.

- Arbeitssuchende wollen wir unterstützen und nicht verwalten. Etwa indem wir flächendeckend Jugendberufsagenturen einführen und einen sozialen Arbeitsmarkt aufbauen, in dem Kommunen Arbeitslose sozialversicherungspflichtig anstellen und mit sinnstiftender Arbeit betrauen können.

- Gegen den Fachkräftemangel wollen wir die Ausbildung fördern. Wir fordern ein Ausbildungsticket, mit dem junge Menschen kostenlos Busse und Bahnen für den Weg zu ihrer Ausbildungsstätte nutzen können. Die Berufsausbildung von dringend benötigten Erzieher*innen und Altenpfleger*innen wollen wir attraktiver machen und fair vergüten und familienfreundliche Teilzeit-Ausbildungen als Alternative zur Vollzeitausbildung etablieren.

- Berufsbegleitende Sprachangebote für zugewanderte Auszubildende wollen wir zum Regelangebot machen. Arbeits- oder Ausbildungsstellen sind ein Integrationsmotor in den ländlichen Regionen - gerade dort, wo es an weiteren Netzwerken für Migrant*innen und Geflüchtete mangelt. Mehr Teilhabe heißt, Geflüchteten vom ersten Tag an den Zugang zu Arbeit und Ausbildung zu gewähren.

- Die gezielte Förderung von Wiedereinstiegs- und Qualifizierungsprogrammen für Frauen im ländlichen Raum können maßgeblich dazu beitragen, dem Fachkräftemangel gezielt entgegenzuwirken und die Gleichstellung der Geschlechter, als zentrale nachhaltige Entwicklungsbedingung einer Region, zu befördern.


5) Die Energie des Landes nutzen

Die Energiewende birgt große Chancen für den ländlichen Raum, denn dort finden sich die notwendigen Ressourcen, Flächen und die Potenziale, um Energieproduktion neu zu denken. Mit Biomasse, Windenergie und Photovoltaik lässt sich schon heute in vielen ländlichen Regionen der Strom von morgen klimafreundlich produzieren. Erneuerbare Energien stimulieren die regionale Wertschöpfung, schaffen zukunftsfähige Arbeitsplätze und machen ländliche Kommunen unabhängig von Importen und Preissprüngen bei der Energieversorgung. Pionierprojekte wie das vielfach prämierte und preisgekrönte Bioenergiedorf Bollewick in Mecklenburg-Vorpommern zeigen, dass ländlicher Raum und erneuerbarer Energie sich sehr gut ergänzen.

- Wir wollen den dezentralen Ausbau der Erneuerbaren Energien deutlich beschleunigen durch ehrgeizigere Zielvorgaben und eine verlässliche Förderung im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG).

- Dabei setzen wir auf eine durch Bürgerenergieprojekte getragene Energierevolution von unten. Wir wollen es Bürgerinnen und Bürgern leichter machen, sich an Bürgerwindparks, Gemeinschaftssolaranlagen oder Energiegenossenschaften zu beteiligen, indem wir bürokratische Hemmnisse und steuerliche Nachteile abbauen.

- Wir wollen ländliche Kommunen zu Gewinnern der Energiewende machen, indem wir sie noch stärker an der regionalen Wertschöpfung der Erneuerbarer Energien beteiligen. Zugleich setzen wir uns dafür ein, die Menschen vor Ort frühestmöglich in Planungs- und Umsetzungsprozesse einzubinden.

- Der Bund muss Planungssicherheit schaffen für Klimaschutz und Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Energiesparen. Dazu gehören ein verbindliches Klimaschutzgesetz und ein geordneter Kohleausstieg, der im Stromnetz Raum schafft für klimafreundliche Erneuerbare Energien.


6) Es lebe das Dorf!

Wir Grüne machen uns stark für lebendige Ortskerne und gegen die Verödung von Dörfern und Kleinstädten. Mit gut erreichbarer, umweltfreundlicher öffentlicher Infrastruktur bleibt das Wohnen in der Mitte der Stadt oder des Dorfes attraktiv.

- Wir wollen Zwischennutzungen leerstehender Gewerbeflächen ermöglichen, damit durch Jugendclubs oder Seniorencafés neues Leben einziehen kann.

- Um die Nahversorgung mit Lebensmitteln zu sichern, wollen wir Direktvermarktung, mobile oder online-Angebote ausweiten. Nachbarschaftshilfe, Bürgerwerkstätten sowie junge innovative Unternehmen als Träger des Strukturwandels unterstützen erfolgreich die Zielsetzung einer Kommune der kurzen Wege.

- Auch in Dörfern und Kleinstädten setzen wir uns für die Inklusion ein und wollen für mehr Barrierefreiheit etwa beim Einkauf, bei Behördengängen und dem ÖPNV und inklusive Förderangebote etwa in Schulen, Kitas oder Betrieben sorgen. Auch spezielle Wohn- und Siedlungskonzepte für altersgerechtes Wohnen können die Attraktivität von Dörfern steigern.

- Weil eine gesunde Natur Regionen lebenswert macht, wollen wir die Zersiedlung der Landschaft und den Flächenverbrauch einschränken. Wohnungsförderung sollte vor allem für die Ortskerne vergeben werden. Große Chancen bieten auch hier Bioenergiedörfer und Nullemissionsregionen, die Bürger*innen eine dauerhaft bezahlbare, ökologische Energieversorgung sichern und auch das Rückgrat zukünftiger Mobilität bilden.

- Um die digitale Kluft zwischen Stadt und Land zu schließen, wollen wir Telekom-Aktien in Bundesbesitz im Wert von rund 10 Milliarden Euro für den Ausbau des schnellen Internets nutzen. Denn ob durch Online-Fachhandel, durch ein besser vernetztes Nahverkehrs-Angebot, durch neue Arbeitsmodelle wie Homeoffice oder durch im Internet abrufbare Verwaltungsdienstleistungen - die Digitalisierung kann vielen Menschen die Fahrt oder gar den Umzug in die Stadt ersparen.

- Beim Zugang zu Gesundheit können neue, integrierte Modelle helfen, Versorgungslücken zu schließen, etwa durch eine bessere Verzahnung von Gemeindeschwestern, Ärztenetzwerken, Gemeindezentren und Fahrdienstangeboten. Schrumpfende Dörfer und Kommunen sind gerade für alte und kranke Menschen eine ernsthafte Gefahr, wenn dadurch der medizinische Schutz immer weiter ausgedünnt wird. Es bedarf deshalb der richtigen finanziellen und politischen Anreize, um auch weiterhin ärztliche Versorgung zu gewährleisten. Eine wichtige Rolle spielen dabei auch andere Faktoren wie Bildungsangebote oder Familienfreundlichkeit. Denn nur ein attraktiver ländlicher Raum wird auch ein Ort sein, an dem sich Ärzte und ihre Familien gerne niederlassen.


7) Bunter ist besser

Wir machen uns stark für eine offene, moderne und tolerante Gesellschaft, in der alle willkommen sind - egal ob in der Stadt oder auf dem Land. Wir zeigen klare Kante gegen Rechtsextremismus und stellen uns allen Rechtspopulist*innen und ihrer Stimmungsmache entgegen. Viele Engagierte beweisen beharrlich Mut und Kraft, angesichts der mancherorts steigenden menschenfeindlichen Aktivitäten durch Kameradschaften oder so genannte völkische Siedler. Unser Respekt und Dank gilt all denjenigen, die durch alternative Kulturangebote und Aufklärung ein Zeichen dagegen setzen, und sich nichtsdestotrotz auf bewundernswerte Weise auch noch für andere Gruppen wie etwa Geflüchtete vor Ort engagieren. Wir stehen für ein lebendiges Miteinander aller Generationen und wollen in der Einwanderungsgesellschaft Chancen für alle schaffen. Daher muss auch in schrumpfenden Regionen allen Menschen, Zugezogenen wie Alteingesessenen, kulturelle, politische und gesellschaftliche Teilhabe möglich sein.

Für die mit der Integration verbundenen Herausforderungen brauchen amtliche und ehrenamtliche Helfer*innen mehr Unterstützung vom Bund. Um schrumpfende Regionen attraktiv für Rückkehrer und Zugezogene zu machen, braucht es eine einladende, weltoffene und vielfältige Atmosphäre.

- Wir wollen den ländlichen Raum durch großzügige Strukturförderung auch für Geflüchtete und Migrant*innen lebenswert machen und zum Vorteil aller in Dorf und Kommune umsetzen, etwa durch neue Impulse in schrumpfenden Klassen oder in Sportvereinen.

- Wir wollen kulturelle und politische Bildung flächendeckend fördern, zivilgesellschaftliche Projekte gegen Rassismus und Rechtsextremismus sowie zur Flüchtlingshilfe unterstützen und damit den vielen Engagierten den Rücken stärken.

- Um Menschen, die Opfer von rechter Gewalt wurden, zu unterstützen, wollen wir Beratungsstellen flächendeckend ausbauen und ausreichend finanzieren.

- Unser Ziel ist, dass Kinos, Theater, Sportvereine oder Bibliotheken für alle zugänglich und gut erreichbar sind. Um die kulturelle Infrastruktur zu stärken, setzen wir auf regionale Zusammenarbeit zwischen Kulturinstitutionen, Kulturknotenpunkten und die Arbeit von Kulturräten als Interessensvertretungen der Kulturszene.

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Quelle:
Pressedienst vom 31. August 2016
Bündnis 90/Die Grünen Bundesvorstand
Sigrid Wolff, Pressesprecherin
Platz vor dem Neuen Tor 1, 10115 Berlin
E-Mail: presse@gruene.de
Tel: 030/28 442-131, -134, Fax: 030/28 442-234
Internet: www.gruene.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2016

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