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INNEN/2993: 2017 - dies ist unsere Zeit, Eckpunkte für die Bundestagswahl


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 10. Januar 2017

2017 - dies ist unsere Zeit
Eckpunkte für die Bundestagswahl


Die Welt scheint aus den Fugen: In dieser Zeit des Umbruchs sind wir die Kraft, die verlässlich die Errungenschaften unserer modernen Gesellschaft verteidigt und zugleich mit neuen Ideen den Weg in ein gutes Morgen weist. Unser Ziel für die Bundestagswahl ist, ein klar zweistelliges Ergebnis, damit wir als Gestaltungspartei grüne Inhalte in der Bundesregierung umsetzen können, so wie wir es derzeit erfolgreich in elf Landesregierungen machen.

Grün heißt: die Natur erhalten, die uns erhält. Wir sind die erste Generation, die an den Folgen der Klimaerhitzung leidet. Und die letzte, die noch etwas dagegen tun kann.

Grün steht dafür ein, dass wir weiter frei leben können. Frei von Hass und Ausgrenzung, egal von wem. Frei von Angst und Armut. Frei von Überwachung und Bevormundung.

Grün hat gute Ideen für eine lebenswerte Zukunft. Für ein ökologisches, weltoffenes und gerechtes Land: Vom Elektroauto bis zur Integration, von grüner Wirtschaft bis zum Datenschutz. Damit wir auch morgen gut leben können.

Das Jetzt ist dominiert von Entwicklungen, die viele verunsichern. Nach dem Anschlag in Berlin, der längst befürchtet wurde, stellen sich in diesen Wochen viele Fragen, wie es dazu kommen konnte, und wie Sicherheit in Deutschland gewährleistet werden kann. Dazu kommt die ungewisse Zukunft der EU in Zeiten des Brexit und des Wiederaufbaus von Mauern und Grenzen, eine wachsende Zahl von Menschen, die Zuflucht und Schutz vor Gewalt und Vertreibung suchen, schreckliche Kriege wie in Syrien, das Agieren der Autokraten Putin und Erdogan sowie die Wahl von Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten. Auch wird die Welt kleiner und schneller durch den Wandel, den die allumfassende Globalisierung und Digitalisierung ausgelöst hat. Wir schließen uns nicht den Angstmachern an, sondern setzen ganz bewusst auf Zuversicht und haben weiter Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Globale Zusammenarbeit und technischer Fortschritt können die Welt zu einem besseren Ort machen. Unser Fixstern in diesen bewegten Zeiten bleibt die ökologische, friedliche, weltoffene und gerechte Gesellschaft, für die wir uns seit unserer Gründung einsetzen.

Die Große Koalition regiert das Land auf Verschleiß. Wichtige Zukunftsaufgaben wie Klima- und Umweltschutz, unsere sozialen Sicherungssysteme gerecht und zukunftsfest gestalten sowie Globalisierung und Digitalisierung zum Nutzen der Menschen zu formen, verschläft sie. Sie verwaltet, wo sie gestalten müsste. Statt die Grundlagen für ein gutes Morgen zu legen, bedenkt die Große Koalition ihre Klientel mit Geschenken auf Kosten der Allgemeinheit, wie beispielsweise bei den Rentenreformen bei denen die wirklich bedürftigen Menschen weitgehend leer ausgingen. Die Energiewende wird ausgebremst statt gerade jetzt auf die globale Dynamik der erneuerbaren Energien aufzuspringen. Statt auf umweltschonende Mobilität zu setzen, schützt sie die Automobilkonzerne vor Strafen für ihren Betrug, in der Integrationspolitik wird viel versäumt, bei Rente und Bildung werden die großen Strukturfragen nicht angegangen. Das führt bei vielen Menschen zu Verdruss. Sie wenden sich enttäuscht von der Politik ab. Das stärkt Extremisten und gefährdet Rechtsstaat und Demokratie. Denn Demokratie lebt vom Diskurs, den die Große Koalition lähmt. Deshalb wollen wir die Große Koalition ablösen und einen Politikwechsel einleiten.


Unsere natürlichen Lebensgrundlagen erhalten

Hochwasser, Dürren, Artensterben und das Ansteigen des Meeresspiegels sind keine fernen Bedrohungen mehr. Darum sind und bleiben für uns Grüne Klima-, Umwelt- und Naturschutz die zentralen Herausforderungen unserer Zeit. Wir wollen unsere Erde retten, damit wir für uns und unsere Kinder eine lebenswerte Welt erhalten. Das ist der richtige Weg in eine Zukunft, die auskömmlichen Wohlstand, hohe Lebensqualität und Sicherheit für alle schafft. Die gute Nachricht ist: Wir haben die dafür notwendigen Technologien, das Wissen und die Möglichkeiten längst entwickelt. Wir wollen sie heute nutzen, um unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten.

Das heißt konkret:

  • Zukunftsfähige Arbeitsplätze durch einen schnellen Umstieg auf Elektromobilität sichern. Deshalb wollen wir ab 2030 kein Auto mit fossil betriebenem Verbrennungsmotor mehr neu zulassen. Damit bleibt die Automobilindustrie als Herz unserer Wirtschaft stark und die Luft sauber.
  • Die industrielle Massentierhaltung beenden und allen Menschen den Genuss gesunder Lebensmittel ermöglichen. Wir wollen keine Gentechnik auf unseren Tellern und kein Gift auf unseren Äckern, daher werden wir Glyphosat, Bienenkiller und den übermäßigen Einsatz von Gülle verbannen, damit unser Trinkwasser und Essen sauber bleibt.
  • Deutschland endlich wieder zum Vorreiter beim Klimaschutz machen durch einen ambitionierten Klimaaktionsplan, damit wir unsere Klimaziele einhalten und die vollständige Dekarbonisierung unserer Wirtschaft erreichen. Dafür 10 Milliarden Euro an ökologisch schädlichen Subventionen einsparen.
  • Zu 100 Prozent Strom aus grünen Energiequellen gewinnen, einen schnellstmöglichen Kohleausstieg sowie konsequenten Netzausbau und dezentrale Energiegewinnung vorantreiben.
  • Fairer Welthandel mit hohen Umwelt- und Verbraucherschutzstandards statt Dumping-Handel mit CETA und TTIP.


Standhaft für Weltoffenheit und Toleranz in einem sicheren Land

Wir wollen in einer modernen Gesellschaft leben, in der alle Menschen sich entfalten können, Menschen mit und ohne Religion friedlich zusammenleben und Vielfalt als Reichtum wertgeschätzt wird. Es ist gut, dass Deutschland in den letzten Jahrzehnten vielfältiger, bunter, weltoffener und liberaler geworden ist. Dazu gehört auch, das leidenschaftliche Eintreten für die europäische Einigung. Wir wollen Europa ökologischer, demokratischer und gerechter gestalten, damit es bei den Menschen wieder mehr Unterstützung findet. Derzeit gerät unsere Demokratie unter Druck. Sie wird attackiert durch Terror, Gewalt und Hass. Aber wir lassen uns unsere Freiheit nicht von den Terroristen und unsere Menschlichkeit nicht von den Hetzern nehmen. Sicherheit ist immer eine Frage der Abwägung. Dies sehen wir am Beispiel von Videoüberwachung. Sie kann an neuralgischen Orten für Abschreckung sorgen und bei der Aufklärung von Verbrechen helfen. Eine flächendeckende Videoüberwachung würde die Freiheit jedoch zu sehr einschränken. Wir bleiben gemeinsam mit der großen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger standhaft für Weltoffenheit und Toleranz auf dem Fundament klarer Regeln wie sie im Grundgesetz niedergeschrieben sind. Heute mehr denn je.

Das heißt konkret:

  • Die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden in Deutschland und der EU verbessern. Dafür den Verfassungsschutz neuordnen und die Verantwortung des Bundes erhöhen.
  • Mehr Polizistinnen und Polizisten bei der Bundespolizei einstellen und ihre Ausstattung auf den aktuellen Stand bringen, damit sie besser für Sicherheit sorgen kann und diejenigen, von denen eine konkrete Gefahr ausgeht, gezielt polizeilich überwachen können.
  • Gleichberechtigung durchsetzen. Frauen müssen endlich den gleichen Lohn wie Männer erhalten, wenn sie mit gleicher Qualifikation eine vergleichbare Tätigkeit ausüben.
  • Durch die längst überfällige Öffnung der Ehe für alle, die noch immer bestehende Ungleichbehandlung lesbischer und schwuler Partnerschaften beenden.
  • Unser Staatsbürgerschaftsrecht am Grundsatz hier geboren, hier zuhause ausrichten: Wer in Deutschland geboren wird, ist deutsch, ohne Wenn und Aber. Der Optionszwang entfällt für alle.
  • Fluchtursachen bekämpfen durch mehr und bessere Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe, gerade in der europäischen Nachbarschaft und ein Verbot von Waffenexporten an Diktaturen wie Saudi-Arabien.
  • Die Förderung europäischer Jugendinitiativen verdoppeln und einen echten europäischen Freiwilligendienst (European Solidarity Corps) einführen, damit sich Hunderttausende Menschen, selbst aktiv einbringen können, um Europa zu verbessern.
  • Das individuelle Grundrecht auf Asyl für Menschen in der Not verteidigen. Mit uns wird es keine Obergrenze geben.


Soziale Gerechtigkeit stärken

Deutschland geht es wirtschaftlich sehr gut. Die Konjunktur brummt, die Steuereinnahmen sind auf Rekordniveau. Doch der erwirtschaftete Wohlstand kommt nicht bei allen Menschen an. Wir Grüne wollen allen Menschen ein Leben in Würde ermöglichen. Ungleichheit und Armut gefährden den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Deshalb wollen wir der Ungleichheit begegnen und fordern gleiche Chancen und möglichst hohe Lebensqualität für alle. Dafür müssen alle ihren angemessenen Beitrag leisten, starke Schultern mehr als schwache. Wir finden uns nicht damit ab, dass fast drei Millionen Kinder in Armut leben oder von Armut bedroht sind. Wir wollen mehr für bezahlbare Wohnungen tun. Wir lassen es nicht zu, dass Vermögen steuerfrei in Panama oder sonst wo versteckt werden und Vermögende kaum einen Beitrag zum Gemeinwesen leisten. Deutschland kann gerechter sein, packen wir es an!

Das heißt konkret:

  • Länder und Kommunen dabei unterstützen, Kitas, Schulen, Berufsschulen und Hochschulen besser auszustatten. Deshalb ganz weg mit dem Kooperationsverbot, eine Milliarde in die Qualität der Kitas investieren und möglichst schnell im Bund ein Förderprogramm für marode Schulen und zum Ausbau der Ganztagsschulen auflegen.
  • Mehr Geld für Kinder und Familien ausgeben, um Kinderarmut zielgerichtet durch einen Kindergeldbonus zu verhindern und Familien mit kleinen und mittleren Einkommen durch eine Kindergrundsicherung zu entlasten.
  • Mehr Steuergerechtigkeit schaffen, internationale Steuerhinterziehung bekämpfen und Steuerschlupflöcher stopfen, damit das Geld dort bleibt, wo es gebraucht wird.
  • Eine Million bezahlbare Wohnungen bauen, damit Menschen ihren Lebensort aussuchen können und sich die Miete leisten können.
  • Die Zweiklassenmedizin abschaffen und eine Bürgerversicherung für alle einführen, damit gute Gesundheitsversorgung für alle gewährleistet ist.
  • Das Rentenniveau auf dem heutigen Niveau stabilisieren und eine Garantierente einführen, die den Lebensstandard jenseits der Armutsgrenze sichert. Deshalb mittelfristig auch Freiberufler oder Abgeordnete sowie Einkünfte aus Aktien und Kapitalgewinnen in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen und sie zu einer Bürgerversicherung weiterentwickeln.

Copyright Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

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Quelle:
Pressemitteilung vom 10. Januar 2017
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Pressestelle
Telefon: 030/227-567 89, Fax: 030/227-567 52
E-Mail: presse@gruene-bundestag.de
Internet: www.gruene-bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Januar 2017

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