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RECHT/862: Wiedergutmachung im Staatsangehörigkeitsrecht braucht eine gesetzliche Lösung


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 29. August 2019

Wiedergutmachung im Staatsangehörigkeitsrecht braucht eine gesetzliche Lösung


Zur Erleichterung der Einbürgerung für Betroffene und Nachfahren der NS-Verfolgung durch Erlassregelungen des Bundesinnenministeriums erklärt Filiz Polat, Obfrau im Innenausschuss:

Wir begrüßen es ausdrücklich, dass beim Bundesinnenministerium nun endlich Bewegung in die Angelegenheit gekommen ist. Das war überfällig. Allerdings schließen die Erlassregelungen aus dem Bundesinnenministerium die diskriminierende Gesetzeslücke im Staatsangehörigkeitsrecht leider nicht. Es bleiben weiterhin ungerechtfertigte Ungleichbehandlungen bestehen, was nicht im Sinne des Gesetzgebers sein kann. Es ist absurd, wenn Betroffene mit Wohnsitz im Inland höhere Voraussetzungen erfüllen müssen, als diejenigen mit Wohnsitz im Ausland. Dass nur mit einem Erlass schnell reagiert werden könne, stimmt nicht. Gerade erst vor der Sommerpause wurde ein umfangreiches Gesetzespaket aus dem Bundesinnenministerium im Eiltempo verabschiedet. Wir haben einen Gesetzentwurf erarbeitet, der im September eingebracht wird. Dieser könnte problemlos noch vor einem möglichen Brexit verabschiedet werden. Es ist nicht ersichtlich, warum sich die Bundesregierung gegen eine gesetzliche Regelung sträubt.

Um das Wiedergutmachungsinteresse von NS-Unrecht angemessen umzusetzen, muss ein umfassender und rechtssicherer Anspruch auf die deutsche Staatsbürgerschaft gewährleistet sein. Die Nachkommen von Zwangsausgebürgerten im Nationalsozialismus haben ein starkes und klares Zeichen aus der Mitte des Deutschen Bundestags verdient. Wir erwarten von der Bundesregierung ein eindeutiges Bekenntnis zur Wiedergutmachung. Eine gesetzliche Regelung schafft einen dauerhaften Rechtsanspruch und beendet für die Nachkommen die Situation, sich als Bittsteller vor den Behörden zu fühlen. Die Erfahrungen aus der bisherigen Einbürgerungspraxis nach Ermessen zeigen, dass sich durch Verwaltungsvorschriften alleine die bestehende Gesetzeslücke nicht schließen lässt. Ohne ein Gesetz gibt es keine Rechtssicherheit für die Betroffenen.

Dass mit dem Erlass nun das Bundesverwaltungsamt mit der Prüfung der Anträge aus dem Ausland beauftragt werden soll, ist kurzsichtig. Schon jetzt betragen die Wartezeiten über zwei Jahre. Auch der weiterhin vorhandene Generationenschnitt ist nicht nachvollziehbar, nicht nur weil eine gesetzliche Regelung jahrzehntelang verschleppt wurde, sondern auch, weil dieser für Art. 116 GG nicht einschlägig ist. Die Verbrechen der Nationalsozialisten wirken bis heute nach. Es darf daher für Nachfahren von Verfolgten des NS-Regimes keine Ungleichbehandlung geben.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 29. August 2019
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. August 2019

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