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VERKEHR/564: Piloten nicht im Cockpit einschlafen lassen


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 23. April 2012

Piloten nicht im Cockpit einschlafen lassen



Zur heute stattfindenden Pressekonferenz bezüglich geplanter Änderungen der Flugdienstzeiten erklärt Markus Tressel, Sprecher für Tourismuspolitik:

Wenn mehr als die Hälfte aller Pilotinnen und Piloten angeben, schon mal während ihres Dienstes eingeschlafen zu sein, untermauert dies, dass schon jetzt Grenzen der Belastbarkeit überschritten sind. Nicht nur die Angestellten sind betroffen, sondern auch die Passagiere sind damit einem nicht vertretbaren Risiko ausgesetzt. Die Arbeitsbelastungen auszuweiten und die Ruhephasen zu verkürzen, geht auf Kosten der Sicherheit. Einschlafende oder schlafende Pilotinnen und Piloten gehören nicht ins Cockpit.

Die EASA täte gut daran auf die Experten zu hören, die nicht ausschließlich die Interessen der Wirtschaft und Industrie repräsentieren. Verbraucher und Arbeitnehmer gehören in den Vordergrund. Die Sicherheit im Flugverkehr muss höchste Priorität haben. Die geplante Änderung zeigt dies nicht.


HINTERGRUND

- 50 bis 54 Prozent der befragten Piloten gaben an, trotz hoher Motivation, wach zu bleiben, schon einmal im Cockpit eingeschlafen zu sein.

- Laut der Vereinigung Cockpit gaben 93 Prozent der Pilotinnen und Piloten an, schon mal aufgrund von Ermüdung im Dienst Fehler gemacht zu haben.

- Zu lange Nachtflüge: Die wissenschaftlich verantwortbare Höchstlänge für Nachtflüge liegt bei zehn Stunden, danach drohen kritische Erschöpfungszustände. Die EASA plant dennoch, die Flugdienstzeit für Nachtflüge auf elf Stunden festzulegen.

- Starts und Landungen: Der Beginn und das Ende sind die anstrengendsten Phasen eines Fluges und erfordern höchste Konzentration. Die Wissenschaft fordert daher, die maximale Flugdienstzeit ab dem zweiten Flugabschnitt um 30 bis 45 Minuten pro Start zu reduzieren. Die EASA schlägt lediglich eine einmalige Kürzung um 30 Minuten ab dem dritten Flugabschnitt vor. Das resultiert, beispielsweise an einem Tag mit vier Flügen, in Kombination mit den deutlich zu langen maximalen Gesamt-Einsatzzeiten von 14 Stunden in Dienstzeiten, die mehr als drei Stunden bzw. 33 Prozent länger sein dürfen, als wissenschaftlich empfohlen.

- 110 Stunden in 14 Tagen: Von der EASA selbst in Auftrag gegebene wissenschaftliche Gutachten raten an, die in einem Zeitraum von 14 Tagen zulässige Flugdienstzeit auf 95 bis 100 Stunden zu begrenzen. In England gelten heutzutage bereits 95 Stunden. Die EASA ignoriert jedoch ihre eigens angeforderten Studien und hält 110 Stunden für vertretbar

Copyright Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

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Quelle:
Pressemitteilung vom 23. April 2012, Nr. 0355
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2012