Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 7. Dezember 2016
Autobahn: Keine Privatisierung durch die Hintertür
In einer gemeinsamen Erklärung sprechen sich Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender, Bodo Ramelow, Ministerpräsident des Freistaats Thüringen und Frank Bsirske, Vorsitzender der Gewerkschaft ver.di, für den Verbleib der Autobahnen in öffentlichem Eigentum aus und fordern eine grundgesetzlich verankerte Privatisierungsschranke.
Anton Hofreiter: "Ausgerechnet die Autobahnen - das Tafelsilber des Straßennetzes - könnte mit diesem Gesetzeswerk verramscht werden. Für die Bevölkerung sind weder überteuerte Kredite, noch unsittlich kostspielige ÖPPs, noch private Anteilseigner von Tochterunternehmen auf Kosten des Staates hinnehmbar. Bundesregierung und Ministerpräsidenten müssen diese Formen der Privatisierung kategorisch ausschließen."
Bodo Ramelow: "Die öffentlichen Debatten über die Zukunft der Bundesautobahnen in den vergangenen Wochen haben gezeigt: Die große Mehrheit der Bevölkerung lehnt eine Autobahnprivatisierung ab. Wir dürfen nicht zulassen, dass private Firmen Rendite machen sollen mit dem Betrieb von Autobahnen, die von den Steuerzahlern finanziert worden sind."
Frank Bsirske: "Es muss gesetzlich sicher gestellt werden, dass der Bund nicht nur Alleineigentümer der neuen Fernstraßengesellschaft sondern auch aller zu gründenden Tochterfirmen sein wird. Sonst droht eine Teilprivatisierung durch die Hintertür. Dadurch drohen Verschlechterungen der Arbeits- und Entgeltbedingungen der Beschäftigten. Dies gilt es zu verhindern!"
Der von der Bundesregierung am 24. November 2016 vorgelegte Entwurf für
eine Änderung des Grundgesetzartikels zu den Bundesautobahnen (Art. 90 GG),
nach dem die zukünftig für die Autobahnverwaltung zuständige
(Autobahn-)Gesellschaft im öffentlichen Eigentum sein soll. Ein Rechtsgutachten von
Prof. Dr. Georg Hermes (Lehrstuhl für öffentliches Recht,
Goethe-Universität Frankfurt) zeigt allerdings auf, dass die Autobahnen
ungeachtet der Absichtserklärung der Bundesregierung de facto doch
privatisiert werden können [1].
So beinhaltet der vorliegende Entwurf gleich mehrere Möglichkeiten das
Privatisierungsgebot zu umgehen: Nach Gründung der Gesellschaft können
ganze Teilnetze der Bundesautobahnen für 30 für 30 Jahre als ÖPP
(Öffentlich-Private-Partnerschaften) privatisiert werden. Durch die
Grundgesetzänderung wird zudem ermöglicht, dass - wie in Frankreich -
zukünftig Konzessionen für Teilnetze an private Konzerne vergeben werden
können, die dann selber Maut erheben dürfen. Mit Eigenkapital-ähnlichen
Finanzierungsinstrumenten (Genussscheine usw.) darf die Gesellschaft
Kapital aufnehmen und muss dann auch Eigenkapital-ähnliche Renditen an die
Investoren zahlen. Eine staatliche Haftung für das Fremdkapital der
Autobahngesellschaft ist im Regierungsentwurf für die Grundgesetzänderung
nicht vorgesehen - obwohl letztendlich der Bund sowieso haften wird. So
entstehen unnötige Mehrkosten für die Bevölkerung, in dem erhöhte Zinsen an
die Banken zu zahlen sind. Denkbar ist, dass die Autobahngesellschaft
regionale Töchter gründet und private Investoren an diesen beteiligt.
Anmerkung:
[1] http://www.w2k.de/fileadmin/medien/pdf/news/2016/ZDB_-_Kurzgutachten_Beurteilung_Art-90-GG-Entwurf_der_Bundesregierung_hinsichtlich_Privatisierungsschranken-v90.pdf
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Quelle:
Pressemitteilung vom 7. Dezember 2016
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Dezember 2016
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