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BUNDESTAG/3069: Heute im Bundestag Nr. 074 - 08.02.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 074
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 8. Februar 2012 Redaktionsschluss: 15:25 Uhr


1. Experten haben Bedenken gegen Besteuerung einiger ausländischer Dividenden
2. Grüne wollen Pakistan diplomatisch stärker einbinden
3. Grüne fordern universellen Zugang zu Medikamenten


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1. Experten haben Bedenken gegen Besteuerung einiger ausländischer Dividenden

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Eine geplante Gesetzesänderung der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP zur Verhinderung von Steuerausfällen durch die Freistellung von ausländischen Dividenden aus Schachtelbeteiligungen in einigen Fallkonstellationen ist bei Experten auf Bedenken gestoßen. So wiesen mehrere Experten in einem öffentlichen Fachgespräch des Finanzausschusses auf die Probleme mit der Besteuerung von Unternehmen in der Rechtsform einer "Kommanditgesellschaft auf Aktien" (KGaA) hin.

Diese Gesellschaften unterliegen zwar der Körperschaftsteuer. Schachteldividenden aus dem Ausland sind jedoch nach den Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen steuerfrei. Das Problem besteht darin, dass Gewinnanteile für persönlich haftende Gesellschafter in diesen Fällen ebenfalls steuerfrei sind, wenn die Steuerpflicht in Doppelbesteuerungsabkommen nicht ausdrücklich geregelt wird. Dies ist nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHK) bei einigen Doppelbesteuerungsabkommen nicht der Fall. Genannt werden Abkommen mit Frankreich, Luxemburg, Großbritannien, Niederlande, USA, Portugal, Pakistan und Indien". Diese erst durch ein Urteil des Bundesfinanzhofs ins Blickfeld geratene Regelungslücke könnte zu einem Steuerschlupfloch werden, das den Staat nach Ansicht der Deutschen Steuer-Gewerkschaft Steuerausfälle im dreistelligen Millionenbereich, vielleicht sogar in Milliardenhöhe, bringen könnte.

Die Koalitionsfraktion haben deshalb einen Änderungsantrag für die ohnehin geplante Änderung des Gemeindefinanzierungsgesetzes (17/8235) vorbereitet. Darin heißt es, die Steuerfreiheit von Dividenden aus ausländischen Schachtelbeteiligungen (Schachtelprivileg) werde nur Kapitalgesellschaften gewährt. Es müsse daher ausgeschlossen werden, dass die Steuerfreiheit natürlichen Personen zukomme.

Dietmar Gosch, Vorsitzender Richter des für Doppelbesteuerungsabkommen zuständigen 1. Senats des Bundesfinanzhofs, warnte davor, völkerrechtliche Abmachungen zu brechen. Die Beteiligten würden nur die Doppelbesteuerungsabkommen anwenden. Dagegen empfahl Professor Lorenz Jaras, den Entwurf der Koalition zunächst umzusetzen und später die Sache grundsätzlicher anzufassen. Schlimmer als die Steuerfreiheit von Dividenden sei die Steuerfreiheit von Erträgen von im Ausland gekauften Firmen, während die Kreditzinsen für den Kauf dieser Firmen im Inland steuerlich geltend gemacht würden. Das sei ein Skandal.

Für Rechtsanwalt Falko Tappen sind nicht Doppelbesteuerungsabkommen das Hauptproblem, sondern die Unübersichtlichkeit der Rechtsform KGaA. Deren Besteuerung sei ein "massives innerstaatliches Problem". Auch das Institut der Wirtschaftsprüfer empfahl, die KGaA-Besteuerung auf die richtigen Füße zu stellen. Der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHK) wiederum erklärte, die von der Koalition aufgestellte, aber nicht belegte Behauptung von Steuerausfällen im unteren dreistelligen Millionenbereich könne nicht als Rechtfertigung dienen und die gravierenden verfassungsrechtlichen Bedenken beseitigen. Der DIHK empfahl die Nachverhandlung der Doppelbesteuerungsabkommen. Auch die Bundesteuerberaterkammer sprach sich für Nachverhandlungen aus.


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2. Grüne wollen Pakistan diplomatisch stärker einbinden

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert, Pakistan auf der "außenpolitischen Agenda" eine höhere Priorität einzuräumen. Das Land solle stärker als bisher für eine politische Lösung im benachbarten Afghanistan aber auch für die gesamte süd- und zentralasiatischen Region eingebunden werden, heißt es in einem Antrag der Fraktion (17/8492), der am Donnerstag auf der Tagesordnung des Plenums steht.

Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung zu einer "aktiven Einbindungs-Diplomatie" auf, die Pakistan einerseits zur Lösung regionaler Konflikte in die Pflicht nimmt, andererseits klarstellt, dass das Land als Partner "erwünscht ist und gebraucht wird". Pakistan soll zudem aufgefordert werden, gegenüber Indien abzurüsten und ebenso wie das Nachbarland dazu bewegt werden, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten.

Konkret schlagen die Abgeordneten außerdem vor, die "demokratischen Kräfte" und die Zivilgesellschaft in Pakistan von offizieller Seite zu stärken, die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit "deutlich zu erhöhen" sowie die "Lieferung von Kriegsgerät in die Spannungsgebiete Pakistan und Indien zu unterlassen".

Pakistan komme eine entscheidende Rolle für die Entwicklung der gesamten süd- und zentralasiatischen Region zu, schreiben die Abgeordneten zur Begründung. Während das Land nahezu ausschließlich unter "Afghanistan-politischen Gesichtspunkten" wahrgenommen werde, schwelten ungelöste Konflikte mit Indien weiter und die Frage des Umgangs mit dem pakistanischen Atomwaffenprogramm bleibe unbeantwortet, heißt es weiter. Auf der anderen Seite stehe Pakistan mit "unklaren Machtstrukturen", Terror und Unterentwicklung innenpolitisch vor "dramatischen Herausforderungen".


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3. Grüne fordern universellen Zugang zu Medikamenten

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will den Zugang zu Medikamenten weltweit verbessern. Die meisten Erkrankungen in Entwicklungs- und Schwellenländern seien armutsbedingt; umgekehrt gelte, dass Krankheiten Armut verursachen, heißt es in einem Antrag (17/8493) der Fraktion. Es sollten unter anderem jene Medikamente und Impfstoffe, "die auf öffentlich finanzierter Forschungsförderung beruhen", für Menschen in ärmeren Ländern leichter zugänglich gemacht werden.

Außerdem fordern die Grünen, den deutschen Beitrag an den Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria von derzeit 200 Millionen auf 300 Millionen Euro jährlich zu erhöhen und bei Freihandelsabkommen der EU keine "verlängerten Patentlaufzeiten oder Datenexklusivität" festzuschreiben. Viele Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern könnten sich notwendige Medikamente nicht leisten, "da das derzeitige Patentrecht den Pharmaherstellern Monopolrechte garantiert", schreiben die Abgeordneten zur Begründung.

Als "wichtige Initiative" bezeichnet die Fraktion das Förderkonzept der Bundesregierung zu vernachlässigten und armutsbedingten Krankheiten, das besonders Produktentwicklungspartnerschaften (PDP) fördere. PDP sind laut Bundesministerium für Bildung und Forschung internationale Non-Profit-Organisationen, die in Kooperation mit Pharmafirmen und Forschungseinrichtungen zum Beispiel Medikamente zur Bekämpfung vernachlässigter Erkrankungen entwickeln. Die Grünen fordern in ihrem Antrag eine Erhöhung der Mittel für das PDP-Förderkonzept von derzeit 20 Millionen Euro für 2011 bis 2014 auf 100 Millionen Euro für die Jahre 2013 bis 2016.


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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 074 - 8. Februar 2012 - 15:25 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Februar 2012