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BUNDESTAG/3096: Heute im Bundestag Nr. 101 - 29.02.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 101
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 29. Februar 2012 Redaktionsschluss: 16:50 Uhr


1. Weniger Neuverschuldung als geplant
2. Sondergremien sind unter bestimmten Auflagen erlaubt
3. Vorstoß der Linksfraktion zur verbrauchergerechten Regulierung der Finanzmärkte
4. Rechtsfähige Stiftung Datenschutz soll möglichst bis Ende März gegründet werden
5. Bundesregierung: Hunderttausenden von Somalis das Leben gerettet
6. Klimafonds wird Einnahmeziel verfehlen
7. Förderung der Elektromobilität soll unverändert hoch bleiben
8. Im Bundestag notiert: Überprüfungen aufgrund des sogenannten Radikalenerlasses
9. Im Bundestag notiert: Gewährung von Leistungsprämien an Personalräte


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1. Weniger Neuverschuldung als geplant

Haushaltsausschuss

Berlin: (hib/MIK) Der Bund hat im vergangenen Jahr neue Kredite in Höhe von 17,3 Milliarden Euro aufgenommen. Dies geht aus dem Bericht des Bundesfinanzministeriums zum Jahresabschluss 2011 hervor, den der Haushaltsausschuss am Mittwochnachmittag ohne Debatte zur Kenntnis nahm. Damit ist die im Haushalt 2011 vorgesehene Neuverschuldung von 48,4 Milliarden Euro um rund 31,1 Milliarden Euro "erheblich" unterschritten worden, heißt es im Bericht weiter. Die Steuereinnahmen des Bundes hätten im vergangenen Jahr 248,1 Milliarden Euro betragen. Das seien 18,9 Milliarden Euro mehr als veranschlagt. Wesentliche Steuermindereinnahmen seien nur bei der Kernbrennstoffsteuer als Folge der Energiewende entstanden. Hier seien die Einnahmen um 1,4 Milliarden Euro geringer ausgefallen als vorgesehen.


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2. Sondergremien sind unter bestimmten Auflagen erlaubt

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Berlin: (hib/CHE) Das Bundesverfassungsgericht hat das sogenannte Neuner-Gremium in seinem gestrigen Urteil nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Das betonte der Prozessbevollmächtigte des Deutschen Bundestages, Marcel Kaufmann, in der Sitzung des Europa-Ausschusses am Mittwochnachmittag. Im Kern gehe es in dem Urteil darum, dass der Kreis der Kompetenzen dieses Gremiums zu weit gezogen sei. Mit der Klage zweier Bundestagabgeordneter sei jedoch ein Angriff auf das Gremium als Ganzes geführt worden, und dieser Angriff sei abgewehrt worden. Das habe nichts mit Schönfärberei zu tun, so Kaufmann. Erfolg hätten die Kläger aber in dem Punkt gehabt, welche Zuständigkeiten dem Gremium übertragen werden dürften.

Das Neuner-Gremium ist Bestandteil des im Oktober geänderten Stabilisierungsmechanismusgesetzes (StabMechG). In dem Gesetz verpflichtet sich Deutschland auf Gewährleistungszahlungen in Höhe von 211 Milliarden Euro im Rahmen der EFSF. Das Gesetz regelt aber auch die Beteiligungsrechte des Bundestages neu. Danach bedürfen Entscheidungen des deutschen Vertreters in der EFSF grundsätzlich der Zustimmung des Bundestages. In Fällen besonderer Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit sollte dieses Beteiligungsrecht von einem Sondergremium ausgeübt werden.

Kaufmann betonte, dass das Gericht keinesfalls die Einrichtung von Sondergremien als solches untersagt habe. Vielmehr habe es klargestellt, dass es zum Selbstorganisationsrechts des Parlaments gehöre, Untergremien zur selbständigen und plenarersetzenden Wahrnehmung von Aufgaben einzusetzen. Bei der Beschränkung der Statusrechte von Abgeordneten müsse jedoch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. In seiner politischen Dimension hätte das Bundesverfassungsgericht also die Selbstorganisationsrechte des Bundestages gestärkt, so seine Schlussfolgerung.

Als schwieriger erweise sich die Interpretation des Urteils in Bezug auf dessen konkrete politische Handlungsanleitung. Diese Auffassung vertrat nicht nur Kaufmann, sondern auch die Mehrheit der anwesenden Abgeordneten aller Fraktion. Kaufmann betonte, dass das Urteil "eine Fülle von Gestaltungsmöglichkeiten" biete. So könne man beim Neuner-Gremium bleiben, mit veränderten Zuständigkeiten. Es sei aber auch denkbar, das Gremium durch den Haushaltsausschuss zu ersetzen. Die Frage, ob man das Neuner-Gremium nur für die eine Aufgabe, nämlich die Entscheidung über den Ankauf von Staatsanleihen, brauche, warf auch die Unionsfraktion in den Raum. Bündnis 90/Die Grünen, die FDP und Die Linke betonten, es sei nicht ganz eindeutig, welche "politische Handhabbarkeit" sich aus dem Urteil ableiten lasse. Die SPD appellierte daran, künftig Veränderungen bei den Gestaltungsrechten des Bundestages gemeinsam mit allen Fraktionen zu treffen.


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3. Vorstoß der Linksfraktion zur verbrauchergerechten Regulierung der Finanzmärkte

Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/EIS) Die Fraktion Die Linke fordert die Bundesregierung in einem Antrag (17/8764) dazu auf, eine Verbraucherschutzbehörde zur Regulierung der Finanzmärkte zu schaffen, die Eingriffsbefugnisse gegenüber den Unternehmen der Finanzbranche erhält. Des Weiteren soll ergänzend zur staatlichen Regulierung ein Finanzwächter geschaffen werden, der den Finanzmarkt beobachtet, kontrolliert und erhobene Daten analysiert. Die Finanzierung des Wächters sollen nach dem Verursacherprinzip die Unternehmen der Finanzbranche übernehmen.


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4. Rechtsfähige Stiftung Datenschutz soll möglichst bis Ende März gegründet werden

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Eine rechtsfähige "Stiftung Datenschutz" soll nach Angaben der Bundesregierung "möglichst bis zum Ende des ersten Quartals 2012 gegründet werden". Wie die Regierung in ihrer Antwort (17/8692) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/8513) schreibt, ist die Errichtung einer Stiftung bürgerlichen Rechts mit Sitz in Leipzig beabsichtigt. Die Entscheidung für Leipzig folge im Hinblick auf die Beschlüsse der Unabhängigen Föderalismuskommission "in dem Bestreben, die neuen Länder in besonderem Maße zu fördern". Zudem sei Leipzig "das Zentrum eines aufstrebenden IT-Sektors in Sachsen".

Wie die Regierung erläutert, ist im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP von 2009 die Errichtung einer Stiftung Datenschutz vorgesehen, "die Produkte und Dienstleistungen auf Datenschutzfreundlichkeit prüfen, Bildung im Bereich des Datenschutzes stärken, den Selbstdatenschutz durch Aufklärung verbessern und ein Datenschutzaudit entwickeln soll". Im Haushalt 2011 sei für die Stiftung im Einzelplan des Bundesinnenministeriums ein Zuschuss in Höhe von zehn Millionen Euro zur Verfügung gestellt worden, der als Stiftungsvermögen dienen werde. Da aufgrund der erforderlichen Abstimmungsprozesse die Errichtung der Stiftung 2011 nicht mehr habe erfolgen können, sei zunächst eine Treuhandstiftung zur Verwaltung des Stiftungsvermögens gegründet worden. Das Vermögen werde auf die Stiftung übergeleitet, sobald diese errichtet ist.

Der Entwurf der Satzung der beabsichtigten Stiftung befindet sich den Angaben zufolge gegenwärtig in der Abstimmung. Als Organe der Stiftung seien der Vorstand, der Verwaltungsrat und ein Beirat vorgesehen. Um das Stiftungsvermögen dauerhaft zu erhalten, sollten die Personal- und Sachkosten gering gehalten werden. Lediglich für den Vorstand sei eine "angemessene Vergütung" vorgesehen. Die Mitglieder des Verwaltungsrates und des Beirates sollten unentgeltlich tätig werden. Unumgängliche Entnahmen aus dem Stiftungskapital sollten nur in "engem, genau beschriebenem Rahmen möglich sein (höchstens zehn Prozent des Stiftungskapitals über sieben Jahre)".

Unternehmen und Verbände hätten ihre grundsätzliche Bereitschaft zur finanziellen Unterstützung der Stiftung signalisiert, heißt es in der Vorlage. Konkrete Zusagen lägen bisher nicht vor. Die Gespräche sollten fortgesetzt werden.


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5. Bundesregierung: Hunderttausenden von Somalis das Leben gerettet

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/BOB) Die Bundesregierung widerspricht der Einschätzung, die EU-geführte Operation Atalanta vor Somalia sei ein Misserfolg. Das macht sie in der Antwort (17/8571) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/8421) deutlich. Bislang habe die Operation Nahrungsmitteltransporte des Welternährungsprogramms von über 822.000 Tonnen nach Somalia eskortiert und damit Hunderttausenden von Somalis das Leben gerettet. Die zurückgehenden Piraterieangriffe auf die zivile Schifffahrt seien nicht zuletzt auf die Präsenz und das robuste Vorgehen des Antipirateriekräfte zurückzuführen, schreibt die Bundesregierung.


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6. Klimafonds wird Einnahmeziel verfehlen

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung geht nicht mehr davon aus, dass sich die aus dem Handel mit Emissionszertifikaten für den Energie- und Klimafonds in diesem Jahr eingeplanten 780 Millionen Euro in voller Höhe realisieren lassen. Daher seien die Mittel für die CO2-Gebäudesanierung noch nicht vollständig zugewiesen worden, teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/8695) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/8523) mit. Diese im Rahmen der Haushaltsführung übliche Vorgehensweise stelle jedoch keine Halbierung der Mittel dafür dar.


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7. Förderung der Elektromobilität soll unverändert hoch bleiben

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Aufgrund der erheblich gesunkenen Preise für Emissionszertifikate und der deshalb zu befürchtenden Einnahmeausfälle bei Energie- und Klimafonds sind den betroffenen Ministerien in diesem Jahr bisher nur 50 Prozent der Barmittel und 60 Prozent der Verpflichtungsermächtigungen zugewiesen worden. Das sei angesichts der Umstände durchaus üblich und stelle keine endgültige Mittelkürzung dar, versichert die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/8696) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/8520) zur Förderung der Elektromobilität. Es sei mit Bewilligungsverfahren begonnen worden, erklärt die Bundesregierung. Damit solle die Zusage erfüllt werden, bis zum Ende der Legislaturperiode eine weitere Milliarde Euro für Forschung und Entwicklung der Elektromobilität zur Verfügung zu stellen.


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8. Im Bundestag notiert: Überprüfungen aufgrund des sogenannten Radikalenerlasses

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Der Bundesregierung liegen "über das Ausmaß der Überprüfungen aufgrund des sogenannten Radikalenerlasses keine Zahlen vor". Dies geht aus der Antwort der Regierung (17/8667) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/8502) hervor.


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9. Im Bundestag notiert: Gewährung von Leistungsprämien an Personalräte

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Gewährung von Leistungsprämien an Personalräte bei Behörden des Bundes" lautet der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/8719). Darin erkundigen sich die Abgeordneten unter anderem danach, ob es nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren oder Disziplinarverfahren "wegen unberechtigter Zuwendungen an Personalräte im Bereich der Bundesregierung" gibt.


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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 101 - 29. Februar 2012 - 16:50 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. März 2012