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BUNDESTAG/3182: Heute im Bundestag Nr. 187 - 18.04.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 187
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 18. April 2012 Redaktionsschluss: 11:20 Uhr

1.‍ ‍SPD will Situation Minderjähriger im Aufenthalts- und Asylverfahrensrecht verbessern
2.‍ ‍Grünen-Fraktion dringt auf Abschaffung des Flughafenasylverfahrens
3.‍ ‍Regierung verteidigt Vergünstigungen bei der Erbschaftsteuer
4.‍ ‍Regierung will Betroffene bei Unternehmenssteueränderung einbeziehen
5.‍ ‍Hauptgefreiter würde durch Steuerabzug fast 100 Euro pro Monat verlieren
6.‍ ‍Im Bundestag notiert: Öffentlichkeitsarbeit und Personalwerbung der Bundeswehr
7.‍ ‍Im Bundestag notiert: Kinder- und Jugendnetzpolitik
8.‍ ‍Im Bundestag notiert: Beiträge für Berufshaftpflichtversicherungen von Hebammen
9.‍ ‍Im Bundestag notiert: Gesundheitskosten infolge von Piercings



1. SPD will Situation Minderjähriger im Aufenthalts- und Asylverfahrensrecht verbessern

Inneres

Berlin: (hib/STO) Die Situation Minderjähriger im Aufenthalts- und Asylverfahrensrecht soll nach dem Willen der SPD-Fraktion verbessert werden. In einem entsprechenden Gesetzentwurf (17/9187) verweist die Fraktion darauf, dass die Bundesregierung im Juli 2010 die Vorbehalte zur UN-Kinderrechtskonvention zurückgenommen habe. Um die deutsche Rechtslage an die Maßstäbe dieser Konvention anzupassen, bedürften mehrere Regelungen des Asylverfahrensgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes und des Achten Sozialgesetzbuchs der Änderung.

Der Vorlage zufolge soll im Aufenthalts- und im Asylverfahrensgesetz klargestellt werden, "dass bei der Rechtsanwendung das Wohl des Kindes ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt ist". Auch soll danach die "aufenthalts- und asylrechtliche Verfahrensfähigkeit" von bisher 16 auf 18 Jahre angehoben und allen unbegleiteten Minderjährigen im Asylverfahren ein gesetzlicher Vertreter zur Seite gestellt werden. Zudem möchte die Fraktion gewährleistet sehen, dass das Jugendamt als Vormund regelmäßig eine "Ergänzungspflegschaft für die fachlich kompetente Vertretung des Minderjährigen in asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahren beantragt".

Für 16- und 17-Jährige soll laut Entwurf die Pflicht entfallen, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. "Stattdessen werden sie regelmäßig durch das Jugendamt in Obhut genommen", heißt es in der Vorlage weiter. Danach soll außerdem klargestellt werden, "dass unbegleitete Minderjährige nicht in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden, sondern in Obhut zu nehmen sind".

Ferner sieht die Vorlage vor, dass das sogenannte Flughafenverfahren keine Anwendung auf unbegleitete Minderjährige findet. Stattdessen seien sie "durch das Jugendamt in Obhut zu nehmen, um so die Durchführung eines Clearingverfahrens zu gewährleisten". Zur Gewährleistung eines solchen Verfahrens will die Fraktion auch die Zurückweisung an der Grenze für unbegleitete Minderjährige ausschließen. Darüber hinaus möchte sie unter anderem bei der Altersfestsetzung die Beteiligung des Jugendamtes für solche Fälle sichergestellt wissen, in denen nach einer medizinischen Untersuchung Zweifel fortbestehen. Damit will sie gewährleisten, dass "von der Behörde vorgenommene Altersfestsetzungen bei verbleibenden Zweifeln nicht allein auf Grundlage medizinischer, sondern auch auf Grundlage pädagogischer und psychologischer Erkenntnisse" erfolgen.

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2. Grünen-Fraktion dringt auf Abschaffung des Flughafenasylverfahrens

Inneres

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dringt auf eine Abschaffung des sogenannten Flughafenasylverfahrens. In einem Antrag (17/9174), der am Donnerstag kommender Woche erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.

Wie die Abgeordneten erläutern, kann das Flughafenverfahren insbesondere auf Asylsuchende angewendet werden, die bei ihrer Einreise am Flughafen Asyl beantragen und aus einem "sicheren Herkunftsstaat" stammen oder keinen gültigen Reisepass besitzen. Die Asylsuchenden würden dann während des Asylverfahrens vor der Einreise auf dem Gelände des Flughafens im Transitbereich untergebracht. Über den Asylantrag solle das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) binnen zwei Tagen nach Ankunft entscheiden. Gegen eine negative Entscheidung des BAMF könne der Asylsuchende in einer Frist von drei Tagen das Verwaltungsgericht anrufen, das in einem Eilverfahren ohne mündliche Verhandlung entscheide. Die sich daraus ergebende maximale Unterbringungsdauer am Flughafen von 19 Tagen werde in der Praxis allerdings häufig deutlich überschritten.

Schon bei seiner Einführung 1993 sei das Flughafenverfahren von Wohlfahrtsverbänden, Menschenrechtsorganisationen und Kirchen heftig kritisiert worden; "die grundsätzlichen Bedenken gegen dieses Verfahren und seine gravierenden Folgen für die Schutzsuchenden bestehen unverändert fort", heißt es in der Antragsbegründung weiter. Die Betroffenen würden "für einen nicht genau definierten Zeitraum in einer haftähnlichen Lage" gehalten. Die Anhörung der Asylsuchenden finde unmittelbar nach der Ankunft am Flughafen in einer "außergewöhnlich schwierigen und stressbeladenen Situation" statt. Eine unabhängige Rechtsberatung vor der Anhörung sei nicht vorgesehen. "Extrem kurze Rechtsbehelfs- und Begründungsfristen" erschwerten die Wahrnehmung des Rechtsschutzes. Auch Kinder und unbegleitete Minderjährige müssten das Flughafenverfahren durchlaufen und würden in der Flughafenunterkunft untergebracht. Gleiches gelte für andere besonders schutzbedürftige Personen wie etwa Opfer von Folter und Gewalt.

Gerade Folteropfer, Traumatisierte und Minderjährige benötigten aber "besondere Unterstützung und Hilfe, um die wichtigen Befragungen durch die Bundespolizei und das BAMF zu bewältigen, sowie angemessene Unterbringung und Betreuung, welche im Transitbereich von Flughäfen nicht gewährleistet" seien, schreibt die Fraktion. Vielmehr stelle die "haftähnliche Unterbringung, die Isolierung von der Außenwelt und die ungewisse Situation eine massive psychische Belastung dar, die auch immer wieder zu Suizidversuchen" führe. Die "gravierenden menschlichen Härten und substanziellen rechtsstaatlichen Defizite" sprächen "auch vor dem Hintergrund der seit der Einführung des Flughafenverfahrens deutlich zurückgegangenen Flüchtlingszahlen für die Abschaffung dieses Sonderverfahrens".

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3. Regierung verteidigt Vergünstigungen bei der Erbschaftsteuer

Finanzen

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung hat die Bedenken des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium gegen die zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Erbschaftsteuerreform zurückgewiesen. In der Antwort (17/9249) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/8993) heißt es, mit der Reform seien die Voraussetzungen für einen steuerbegünstigten Unternehmensübergang bei langfristiger Fortführung der Unternehmen unter Sicherung der Arbeitsplätze geschaffen worden. Mit Blick auf die Erhaltung von Unternehmen und Arbeitsplätzen seien die Verschonungen zielführend. Die Bundesregierung "teilt deshalb nicht die Bedenken des Beirats". Das Gremium hatte unter anderem festgestellt, die weitreichenden erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen beim Unternehmensvermögen seien im Hinblick auf die Beschäftigungseffekte nicht zu rechtfertigen.

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4. Regierung will Betroffene bei Unternehmenssteueränderung einbeziehen

Finanzen

Berlin: (hib/HLE) Bei der Umsetzung des Maßnahmenkatalogs zur weiteren Modernisierung und Vereinfachung des Unternehmenssteuerrechts sollen die Bundesländer und Betroffene frühzeitig eingebunden werden. Dies versichert die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/9216) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/8978). Zu der in dem Maßnahmenkatalog enthaltenen Überlegung der Einführung einer Gruppenbesteuerung anstelle der bisherigen Organschaft heißt es, diese Umstellung würde im Entstehungsjahr zu Steuermindereinnahmen von 2,1 Milliarden Euro führen. Davon hätte der Bund 613 Millionen Euro zu tragen.

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5. Hauptgefreiter würde durch Steuerabzug fast 100 Euro pro Monat verlieren

Finanzen

Berlin: (hib/HLE) Von einer Besteuerung des Wehrsoldes, wie sie im Referentenentwurf für ein neues Jahressteuergesetz ab 2013 "unter Berücksichtigung des Gleichheitsgebots und der Steuergerechtigkeit" vorgesehen ist, werden Steuermehreinnahmen von jährlich zehn Millionen Euro erwartet. Dies teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/9247) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (17/8977) mit. Die Einnahmen der freiwillig Wehrdienstleistenden würden in der Regel oberhalb des steuerlichen Grundfreibetrages liegen. So erhalte ein Grenadier (ledig, ohne Kinder) monatlich 1.049,30 Euro brutto. Davon würden nach der Gesetzesänderung 25 Euro Lohnsteuer zu zahlen sein. Solidaritätszuschlag würde in diesem Fall nicht anfallen. Ein Hauptgefreiter erhalte 1.418,30 Euro brutto im Monat. Die Lohnsteuer würde 95,83 Euro und der Solidaritätszuschlag 2,96 Euro betragen.

Die Bezüge der Teilnehmer am Bundesfreiwilligendienst sind durch eine befristete Billigkeitsentscheidung der Verwaltung steuerfrei gestellt. Damit solle eine Gleichberechtigung mit dem freiwilligen Wehrdienst erreicht werden, dessen Bezüge gegenwärtig auch steuerbefreit seien. Aber auch nach Ablauf der Steuerbefreiung würden für die Bezüge beim Bundesfreiwilligendienst keine Steuern entrichtet werden müssen: "Einnahmen aus der Tätigkeit im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes liegen in der Regel unterhalb des steuerlichen Grundfreibetrages, so dass die Steuerpflicht der Entgelte und Sachleistungen des Bundesfreiwilligendienstes weder zu steuerlichen Mehreinnahmen noch zu einer höheren Steuerlast führen", schreibt die Bundesregierung. Sie verweist zudem darauf, dass es im Einkommensteuerrecht grundsätzlich keine entgeltlich ausgeübte Arbeitnehmertätigkeit gebe, die gänzlich von der Besteuerung freigestellt sei.

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6. Im Bundestag notiert: Öffentlichkeitsarbeit und Personalwerbung der Bundeswehr

Verteidigung

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Die Linke verlangt Auskunft über Öffentlichkeitsarbeit und Personalwerbung der Bundeswehr im Jahr 2011. In ihrer Kleinen Anfrage (17/9211) will sie unter anderem wissen, wie viele Vorträge Jugendoffiziere an deutschen Schulen gehalten haben, wie viele Termine der KarriereTreff Bundeswehr wahrgenommen hat und an wie vielen Messen und Ausstellungen die Streitkräfte teilgenommen haben.

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7. Im Bundestag notiert: Kinder- und Jugendnetzpolitik

Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Berlin: (hib/AW) Die SPD-Fraktion verlangt Informationen zur Kinder- und Jugendnetzpolitik der Bundesregierung. In ihrer Kleinen Anfrage (17/9206) will sie unter anderem wissen, welche Bundesmittel für das Internet-Kinderschutzzentrum, die Online-Jugendbeteiligung und die Kampagne zum Jugendmedienschutz zur Verfügung gestellt werden sollen, wann das Internet-Kinderschutzzentrum seine Arbeit aufnehmen und wo es institutionell angesiedelt sein soll. Zudem fordern die Sozialdemokraten Auskunft über die Internet-Dialogforen der Bundesministerien und die seit 2009 bereitgestellten Haushaltsmittel.

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8. Im Bundestag notiert: Beiträge für Berufshaftpflichtversicherungen von Hebammen

Gesundheit

Berlin: (hib/MPI) Die steigenden Beiträge für Berufshaftpflichtversicherungen von Hebammen und in anderen medizinischen Berufen beschäftigen die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (17/9242). Die Abgeordneten wollen unter anderem wissen, wie sich die Zahl der Haftpflichtschadensfälle und Arzthaftungsprozesse im Bereich der Geburtshilfe in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Außerdem erwarten sie eine Stellungnahme zu einer umlagefinanzierten Versicherungslösung entsprechend der Unfallversicherung.

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9. Im Bundestag notiert: Gesundheitskosten infolge von Piercings

Gesundheit

Berlin: (hib/MPI) Die Fraktion Die Linke sieht ihre Kleine Anfrage (17/8832) zum Umgang mit Gesundheitskosten infolge von Piercings und anderen Eingriffen aus ästhetischen Gründen in der Antwort der Bundesregierung (17/9213) für nicht ausreichend beantwortet. Sie hat daher eine weitere Kleine Anfrage (17/9286) vorgelegt, in der sie von der Bundesregierung Antworten zum Thema Verfassungswidrigkeit der Regelung zum Selbstverschulden im Fünften Sozialgesetzbuch verlangt.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 187 - 18. April 2012 - 11:20 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. April 2012