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BUNDESTAG/3356: Heute im Bundestag Nr. 361 - 10.08.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 361
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 10. August 2012 Redaktionsschluss: 13:40 Uhr

  1. Regierung: Virtuelle Versammlungen sind verfassungsrechtlich keine "Versammlungen"
  2. Seit 2007 zwei Personen mit Asylanerkennung in Italien an die Türkei ausgeliefert
  3. Weitere Vorteile und Erleichterungen für palästinensischen Mission denkbar
  4. Bundesregierung: Situation im ukrainischen Strafvollzugssystem ist mangelhaft
  5. Im Bundestag notiert: Beschaffungsmengen von Papieren
  6. Im Bundestag notiert: Gedenktag für die Opfer von Vertreibung
  7. Im Bundestag notiert: Energieversorgung
  8. Im Bundestag notiert: Energieeffizienzfonds
  9. Im Bundestag notiert: Rechtsverordnung zu abschaltbaren Lasten
10. Im Bundestag notiert: Netzausbau



1. Regierung: Virtuelle Versammlungen sind verfassungsrechtlich keine "Versammlungen"

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Virtuelle Versammlungen etwa im Internet sind "mangels Körperlichkeit" im verfassungsrechtlichen Sinne keine "Versammlungen". Dies schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/10379) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/10271) zur Frage, ob sich Initiatoren von "Onlinedemonstrationen" auf das Demonstrationsrecht berufen können.

Die Fragesteller verweisen in der Vorlage darauf, dass das Bundeskriminalamt (BKA) laut Medienberichten im Juni 2012 die Wohnungen von mehr als 100 Personen durchsucht und Computer sowie andere Ausrüstung beschlagnahmt habe. Ihnen werde vorgeworfen, an einer "virtuellen Protestaktion" gegen die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) teilgenommen zu haben, heißt es in der Kleinen Anfrage. Die Website der Gema sei hierfür am Abend des 17. Dezember 2011 "von den Demonstranten mit Denial-of-Service-Anfragen (DoS) besucht" worden.

In ihrer Antwort erläutert die Bundesregierung, dass das BKA wegen des Verdachts der Computersabotage zum Nachteil der Gema ermittelt habe. Die Ermittlungstätigkeiten des BKA umfassten den Angaben zufolge die Einholung von Bestandsdatenauskünften zu den in Rede stehenden IP-Adressen und die Aufbereitung des Ermittlungskomplexes zur Abgabe an die zuständigen Landesdienststellen. Nach Abschluss dieser Ermittlungen beim BKA im April 2012 seien die Verfahren an die jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften in 14 Bundesländern zur weiteren Bearbeitung und Ermittlung abgegeben worden. Die Ermittlungen richteten sich laut Regierung gegen Anschlussinhaber von 106 IP-Adressen. In keinem der 106 Fälle habe das BKA Durchsuchungsmaßnahmen vorgenommen.

Wie die Bundesregierung weiter erläutert, kann bei einer Nutzung von Computerprogrammen zur Herbeiführung einer "Denial of Service-Attacke" eine Strafbarkeit wegen Computersabotage in Betracht kommen. Bei einer solchen Attacke werden die Dienste eines Servers den Angaben zufolge "durch eine Vielzahl von Anfragen derart belastet, dass dessen Aufnahme- und Verarbeitungskapazität nicht ausreicht und somit der Zugang für berechtigte Kontaktaufnahmen mit dem Server blockiert oder zumindest erschwert wird".

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2. Seit 2007 zwei Personen mit Asylanerkennung in Italien an die Türkei ausgeliefert

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Der Bundesregierung sind seit 2007 insgesamt elf Auslieferungsverfahren bekannt geworden, in denen durch deutsche Stellen über die Auslieferung von Personen an die Türkei zu entscheiden war, die in einem Drittstaat Asyl genossen. In zwei Fällen, in denen den Verfolgten Asyl in Italien zuerkannt worden war, kam es zu einer Auslieferung, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/10400) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/10283) schreibt.

Danach kam es in den verbleibenden neun Fällen nicht zu einer Auslieferung. Diese Fälle betrafen laut Vorlage Asylanerkennungen in der Schweiz (in einem Fall davon gleichzeitig auch eine Asylanerkennung in Italien), in Frankreich, in Belgien und in Großbritannien.

Soweit es zu einer Auslieferung an die Türkei kam, sei grundsätzlich zu berücksichtigen, dass nach deutschem Recht "sowohl eine inländische als auch eine ausländische Asylanerkennung Indizwirkung entfaltet, die zuständigen unabhängigen Gerichte in ihrer Zulässigkeitsentscheidung und die Bundesregierung in ihrer Bewilligungsentscheidung aber nicht bindet". Die Besonderheiten des Einzelfalls seien zu berücksichtigen. In einem Fall sei Gegenstand der Auslieferung keine politisch motivierte Straftat gewesen. In dem anderen Fall habe das zuständige Oberlandesgericht unter Berücksichtigung des in Italien gewährten Asylstatus des Verfolgten die Auslieferung für zulässig erklärt. Die Bundesregierung habe die Auslieferung anschließend bewilligt und zugleich umfangreiche Zusicherungen zur Sicherung der Rechte des Verfolgten von der Türkei eingefordert, die auch abgegeben worden seien.

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3. Weitere Vorteile und Erleichterungen für palästinensischen Mission denkbar

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/BOB) Die Aufwertung der palästinensischen Vertretung in Deutschland zur "Palästinensischen Mission" und die Berechtigung, den Botschaftertitel zu führen, ist nach Auffassung der Bundesregierung Ausdruck der Wertschätzung für die Leistung beim Aufbau der Institutionen eines zukünftigen palästinensischen Staates. Das macht sie in der Antwort (17/10409) auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/10306) deutlich. Die Aufwertung sei ein politischer Akt und impliziere keine staatliche Anerkennung. Das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen könne daher keine Anwendung finden. Gesondert davon prüft die Bundesregierung nach eigenen Worten derzeit Art und Umfang möglicher weiterer Vorteile und Erleichterungen für die Mission und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

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4. Bundesregierung: Situation im ukrainischen Strafvollzugssystem ist mangelhaft

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die Situation im ukrainischen Strafvollzugssystem ist nach Angaben der Bundesregierung "trotz aller Verbesserungen nach wie vor insgesamt mangelhaft". In ihrer Antwort (17/10174) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/9933) betont die Bundesregierung zugleich, sich weiterhin mit Nachdruck im bi- und multilateralen Rahmen für den Menschenrechtsschutz der ehemaligen ukrainischen Ministerpräsidentin Julija Tymoschenko und anderen oppositionellen Häftlingen sowie die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention einzusetzen.

Wie die Bundesregierung in der Vorlage erläutert, hatten die EU-Botschaften in Kiew untereinander vereinbart, die Prozesse gegen Tymoschenko sowie gegen ihren früheren Innenminister Juri Luzenko und ihren ehemaligen geschäftsführenden Verteidigungsminister Valeri Iwaschtschenko zu beobachten. Der Prozess des inzwischen amnestierten ehemaligen ersten stellvertretenden Justizministers der ehemaligen Regierung Tymoschenko, Jewhen Kornijtschuk, sei ebenfalls beobachtet worden. "Die Prozessbeobachtung verstärkte den Anschein selektiver, politisch motivierter Justiz gegen ehemalige hohe ukrainische Regierungsangehörige", heißt es in der Antwort weiter.

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5. Im Bundestag notiert: Beschaffungsmengen von Papieren

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen möchte wissen, wie hoch die Beschaffungsmengen von Papieren in den Jahren 2010 und 2011 in den einzelnen Bundesministerien und den nachgeordneten Behörden sowie beim Bundespresseamt waren. Ferner erkundigen sich die Abgeordneten in einer Kleinen Anfrage (17/10243) unter anderem danach, wie hoch dabei der Anteil von Recyclingpapier war.

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6. Im Bundestag notiert: Gedenktag für die Opfer von Vertreibung

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die Bundesregierung kommt derzeit der Prüfbitte des Bundestages nach, "wie dem Anliegen, den 5. August zum bundesweiten Gedenktag für die Opfer von Vertreibung zu erheben, Rechnung getragen werden kann". Dabei werde sie "angesichts der aktuellen Diskussion alle Argumente sorgfältig abwägen", schreibt die Regierung in ihrer Antwort (17/10408) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/10295). Darin verweist sie darauf, dass die Proklamation nationaler Gedenktage nach der bisherigen Staatspraxis nicht ihr, sondern dem Bundespräsidenten auf der Grundlage entsprechender Anregungen der Bundesregierung obliegt.

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7. Im Bundestag notiert: Energieversorgung

Wirtschaft und Technologie/Antwort

Berlin: (hib/MIK) Aus den Erfahrungen anderer EU-Mitgliedstaaten mit abschaltbaren Lasten im Bereich der Energieversorgung können nur teilweise Anleihen für eine entsprechende Regelung in Deutschland gezogen werden. Dies schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/10417) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/10234). Unter abschaltbare Lasten wird die temporäre Abschaltung energieintensiver Unternehmen verstanden. Dies könnte laut Fraktion ein wichtiger Baustein innerhalb der Energiewende sein und zur Netzstabilität beitragen.

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8. Im Bundestag notiert: Energieeffizienzfonds

Wirtschaft und Technologie/Antwort

Berlin: (hib/MIK) Aus dem Energieeffizienzfonds sind bis Ende 2011 insgesamt 9,4 Millionen Euro abgeflossen. Das sind rund 10,4 Prozent der insgesamt zur Verfügung stehenden 90 Millionenen Euro. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (17/10362) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/10332) hervor. Dabei gingen allein 4,5 Millionen Euro in Projekte der "Energetischen Vorbildfunktion des Bundes".

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9. Im Bundestag notiert: Rechtsverordnung zu abschaltbaren Lasten

Wirtschaft und Technologie/Antwort

Berlin: (hib/MIK) Mit der Rechtsverordnung zu abschaltbaren Lasten befindet sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie derzeit noch in der Ressortabstimmung. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (17/10418) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/10260) hervor. Im Mittelpunkt der Gespräche würden Fragen zur Ausgestaltung des Vergütungsmechanismus stehen, heißt es weiter. Angestrebt werde ein Inkrafttreten der Verordnung zum 1. Januar 2013.

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10. Im Bundestag notiert: Netzausbau

Wirtschaft und Technologie/Antwort

Berlin: (hib/MIK) Die Bundesregierung will bis Ende dieses Jahres dem Bundestag einen Entwurf eines Bundesbedarfsplangesetzes zum Netzausbau vorlegen. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (17/10419) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/10261) hervor. Basis dafür werde der von der Bundesnetzagentur vorzulegende Entwurf eines Bedarfsplans sein, heißt es weiter. Der Zeitpunkt für das Inkrafttreten des Gesetzes sei vom parlamentarischen Verfahren abhängig.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 361 - 10. August 2012 - 13:40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. August 2012