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BUNDESTAG/3384: Heute im Bundestag Nr. 389 - 12.09.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 389
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 12. September 2012 Redaktionsschluss: 10:00 Uhr



1. NSU-Ausschuss dringt auf Aufklärung der MAD-Befragung von Mundlos
2. Finanzausschuss empfängt chinesische Delegation
3. Bundesregierung gegen finanzielle Anreize bei Transplantationen
4. Im Bundestag notiert: Ablehnung von Projekten gegen Rechtsextremismus
5. Im Bundestag notiert: Auftritte der Bundeswehr in der Öffentlichkeit
6. Im Bundestag notiert: Unterstützungsleistungen im Inland im Rahmen der Amtshilfe
7. Im Bundestag notiert: Auflösung der Westeuropäischen Union

1. NSU-Ausschuss dringt auf Aufklärung der MAD-Befragung von Mundlos

2. Untersuchungsausschuss (Rechtsterrorismus)

Berlin: (hib/KOS) Der Untersuchungsausschuss, der Pannen und Fehlgriffe bei den Ermittlungen zu der dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) angelasteten Mordserie durchleuchten soll, dringt weiter auf die umfassende Aufklärung des mysteriösen Versuchs, den mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Mundlos während dessen Bundeswehrzeit 1995 als geheimdienstlichen Informanten zu gewinnen. Nach der Vernehmung Ulrich Birkenheiers, des Präsidenten des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), kündigte der Gremiumsvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) am Dienstagabend zu diesem Zweck für Oktober eine bislang nicht geplante ganztätige Sitzung des Ausschusses an. Näher prüfen wollen die Abgeordneten dabei auch den Wirrwarr über den Umlauf der Akte zu der Mundlos-Befragung bei fünf Geheimdienstbehörden und dem Verteidigungsministerium. Dieses undurchsichtige Hin und Her des Dokuments hatte dazu geführt, dass der Anwerbeversuch des späteren NSU-Mitglieds Mundlos erst jetzt aufgrund einer Anfrage des Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele an die Regierung dem Ausschuss bekannt wurde, was bis Dienstagabend bei den Parlamentariern mehrfach zu heller Empörung geführt hat.

Im Oktober sollen die Zeugen einschließlich Birkenheiers, der am Dienstag nach einer spontanen Einbestellung durch den Ausschuss zunächst hinter verschlossenen Türen befragt wurde, öffentlich angehört werden. Nach seiner Vernehmung bestritt Birkenheier die Angaben mehrerer Abgeordneter, wonach es aufgrund der Einsicht in die bisher zu diesem Fall vorliegenden Unterlagen 1995 einen Anwerbeversuch des MAD bei Mundlos gegeben habe, der damals in seiner Kaserne wie mehrere andere Soldaten durch rechtsextremistisches Verhalten aufgefallen sein soll, etwa durch das Hören entsprechender Skinhead-Musik. Der erst seit Juli dieses Jahres amtierende Chef des Bundeswehr-Geheimdiensts bestätigte zwar, dass Mundlos gefragt worden sei, ob er etwa Anschlagspläne aus dem gewalttätigen rechtsextremistischen Spektrum mitteilen wolle. Laut Birkenheier hätte jedoch der Verfassungsschutz, an den man den Fall abgegeben habe, über eine eventuelle Informantentätigkeit von Mundlos entscheiden müssen, der bald nach der Befragung aus der Bundeswehr ausgeschieden sei. Mundlos lehnte im Übrigen eine Zusammenarbeit mit Geheimdiensten ab.

Laut Birkenheier vernichtete der MAD die Papiere über den Kontakt mit Mundlos gemäß den gesetzlichen Vorschriften nach fünf Jahren, unterrichtete aber nach der Befragungsaktion den Verfassungsschutz auf Bundesebene sowie in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt über diesen Vorgang. Aus den Ausführungen Birkenheiers wie mehrerer Abgeordneter ergibt sich, dass im März 2012 durch eine Anfrage des sächsischen Verfassungsschutzes an den MAD erste Hinweise auf die Dokumente über die Befragung von Mundlos auftauchten. Es dauerte jedoch bis Ende August, bis schließlich beim Bundesamt für Verfassungsschutz ein Doppel der Akte von 1995 ans Licht kam.

Der Ausschuss zeigte sich auch am Dienstagabend nach der Anhörung Birkenheiers noch "wütend" (Grünen-Obmann Wolfgang Wieland), dass man nicht schon im März über den geheimdienstlichen Kontakt zu Mundlos informiert wurde. Edathy: "Wenn irgendwo der Name Mundlos auftaucht, müssen doch die Alarmglocken schrillen." Unions-Sprecher Clemens Binninger sagte, nach dieser "heilsamen Erfahrung" sollte allen Beteiligten klar sein, wie man sich im Falle von brisanten Akten gegenüber dem Ausschuss zu verhalten habe. Wegen des undurchsichtigen Umgangs mit den Papieren über die Befragung von Mundlos "dürften jetzt Verschwörungstheorien ins Kraut schießen", warnte Eva Högl (SPD). Linken-Obfrau Petra Pau appellierte an alle Verantwortlichen, gegenüber dem Bundestagsgremium künftig "die nötige Sensibilität zu entwickeln". Laut FDP-Sprecher Hartfrid Wolff wurde erneut deutlich, dass die Kooperation zwischen den Sicherheitsbehörden verbessert werden müsse. Wieland betonte, der Ausschuss benötige nicht nur alle vorhandenen Unterlagen, "wir wollen auch eine Zusammenstellung der vernichteten Akten haben".

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2. Finanzausschuss empfängt chinesische Delegation

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Deutschland sei "fest entschlossen, den Euro zu retten. Ich bin auch überzeugt, dass dies gelingt", erklärte der Abgeordnete Volker Wissing (FDP) am Dienstag Abend bei einem Gespräch von Mitgliedern des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages mit einer Delegation des Finanz- und Wirtschaftsausschusses des Nationalen Volkskongresses der Volksrepublik China. Wissing war im Juni dieses Jahres Leiter einer Delegation des Finanzausschuss gewesen, die in China unter anderem Peking, Shanghai und Hongkong besucht hatte.

Gegenüber der siebenköpfigen Delegation aus der Volksrepublik China versicherte Wissing, die deutschen Abgeordneten seien "als Freunde empfangen" worden und hätten bleibende und hochinteressante Eindrücke mitgenommen. Es sei auch sehr erfreulich, dass China großes Interesse an einem stabilen Euroraum habe. "Es ist gut und wichtig, dass wir uns mit unseren Freunden austauschen", sagte Wissing. Er versicherte zugleich, dass Deutschland zu zeitlich begrenzten Hilfen für die Euroländer bereit sei, die Probleme hätten. Diese Länder müssten aber Strukturreformen vornehmen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Das seien "harte Auflagen", gegen die es auch Widerstände gebe, aber die Regierungskoslition halte diese Strategie für richtig. Es gebe inzwischen erste Erfolge, sagte Wissing mit Blick auf Portugal und Irland. Man sei entschlossen, auch größere Volkswirtschaften wie Italien und Spanien zu stabilisieren.

Der Leiter der chinesischen Delegation, Gao Quiang, stellvertretender Vorsitzender des Finanzausschusses des Nationalen Volkskongresses der Volksrepublik China, verwies auf die weit reichenden Auswirkungen der europäischen Schuldenkrise. Auch China sei davon betroffen. Sein Land habe Interesse an einer angemessenen Lösung der Probleme in Europa und vertraue darauf, dass der Euro lange Bestand haben werde und in seinem Wert konstant bleibe. Zugleich kritisierte Gao Quiang eine zu starke Kreditfinanzierung von Staatshaushalten. Ein solches Verhalten wirke sich auf eine Volkswirtschaft negativ aus.

Die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen seien auf einem guten Pfad, sagte Gao Quiang. Er warnte allerdings davor, leichtsinnig Sanktionen gegen die eine oder andere Seite im Handel zu verhängen. Die Delegation aus der Volkrepublik China führte außerdem ein Gespräch mit Mitgliedern des Haushaltsausschusses.

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3. Bundesregierung gegen finanzielle Anreize bei Transplantationen

Gesundheit/Antwort

Berlin: (hib/AS) Die Zahl vorgenommener Transplantationen soll nach Auffassung der Bundesregierung keine finanziellen Vorteile für den Arzt bringen. In einer Antwort (17/10551) auf eine Kleine Anfrage (17/10461) von Bündnis 90/Die Grünen schreibt die Regierung, dass die "an die Anzahl von durchgeführten Transplantationen geknüpfte Zahlung von Boni aus Sicht der Bundesregierung nicht vertretbar" sei. Es solle vermieden werden, finanzielle Anreize zu schaffen, nach denen "aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus medizinisch nicht sachgerechte Entscheidungen getroffen" würden, mahnt die Regierung an. Gleichzeitig erklärt die Regierung, dass sie die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Prüfung und Überwachung bei Transplantationen für ausreichend hält. Die Position der dafür zuständigen Kommission, die gemeinsam vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der Bundesärztekammer und der Deutschen Krankenhausgesellschaft verantwortet wird, sei durch die am 1. August 2012 eingetretene gesetzliche Verankerung der Kommission weiter gestärkt worden. Seitdem sei etwa im Gesetz vorgeschrieben, dass Verstöße gegen das Transplantationsgesetz (TPG) an die zuständigen Behörden der Länder gemeldet und entsprechende Unterlagen zur Verfügung gestellt werden müssten. Im Sommer 2012 war durch Medienberichte bekannt geworden, dass Ärzte in Göttingen und Regensburg Daten gefälscht haben sollen, um ihren Patienten schneller Spenderorgane zu besorgen.

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4. Im Bundestag notiert: Ablehnung von Projekten gegen Rechtsextremismus

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Die Linke erkundigt sich nach der Ablehnung von Projekten gegen Rechtsextremismus im Rahmen des Bundesprogramms "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" im Landkreis Saarlouis. In ihrer Kleinen Anfrage (17/10529) verweist sie auf Anträge des Vereins "Aktion3. Welt Saar" und des "Saarländischen Flüchtlingsrates" auf Fördergelder vom 28. Februar und 4. Juni 2011. Diese Anträge seien zwar offiziell noch immer nicht beschieden. Allerdings sei den Antragstellern eine Ablehnung angekündigt worden. Die Fraktion will von der Bundesregierung unter anderem wissen, ob sie Einfluss darauf nehmen wird, dass beide Antragsteller einen Bescheid erhalten, um Planungs- und Rechtssicherheit zu haben.

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5. Im Bundestag notiert: Auftritte der Bundeswehr in der Öffentlichkeit

Verteidigung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Die Linke verlangt Auskunft über Veranstaltungen und andere Auftritte der Bundeswehr in der Öffentlichkeit im vierten Quartal des Jahres 2012. In ihrer Kleinen Anfrage (17/10526) erkundigen sie sich unter anderem nach Beteiligungen der Bundeswehr an Messen und Ausstellungen, Informationsveranstaltungen an Schulen, Hochschulen und Jobcentern sowie nach öffentlichen Gelöbnissen und Zapfenstreichen.

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6. Im Bundestag notiert: Unterstützungsleistungen im Inland im Rahmen der Amtshilfe

Verteidigung/Antwort

Berlin: (hib/AW) Die Bundeswehr hat im zweiten Quartal des Jahres 2012 in 14 Fällen Unterstützungsleistungen im Inland im Rahmen der Amtshilfe erbracht. Dies teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/10477) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/10385) mit. Vom 1. April bis 30. Juni seien zudem 19 Sanitätseinsätze im Rahmen protokollarischer Anlässe bei obersten Bundesbehörden und Verfassungsorganen geleistet und neun Unterstützungsleistungen für Dritte erbracht worden.

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7. Im Bundestag notiert: Auflösung der Westeuropäischen Union

Auswärtiges/Unterrichtung

Berlin: (hib/TIL) Die Auflösung der Westeuropäischen Union (WEU) ist Gegenstand einer Unterrichtung durch die Bundesregierung (17/10594). Seit dem 30. Juni 2011 gebe es die Organisation nicht mehr. Schon 2011 habe es nur noch eine Arbeitsgruppe zur Auflösung gegeben. Die letzte WEU-Versammlung habe sich laut Bundesregierung ebenfalls mit der Auflösung beschäftigt und verabschiedete drei sogenannte "Vermächnisberichte" zu den Themen "Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik", "Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik" und "Fähigkeiten".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 389 - 12. September 2012 - 10:00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. September 2012