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BUNDESTAG/3409: Heute im Bundestag Nr. 414 - 26.09.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 414
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 26. September 2012 Redaktionsschluss: 12:35 Uhr

1. Reformbedarf beim Verfassungsschutz betont
2. Neue Statistik-Pflichten für die Industrie
3. Fracking: Gutachten will kein "absolutes Verbot", sieht aber großes Gefahrenpotenzial
4. Fernbuslinienverkehr soll liberalisiert werden
5. Agrarausschuss lehnt Antrag auf kurzfristige Novellierung des Gentechnikgesetzes ab
6. Niebel verteidigt Entwicklungsetat 2013 als "Rekordhaushalt"
7. Flaggenrechtsgesetz soll geändert werden
8. Koalition will "Schienenbonus" abschaffen
9. Bundestag unterrichtet über Erklärungen zum ESM-Vertrag vor



1. Reformbedarf beim Verfassungsschutz betont

Innenausschuss

Berlin: (hib/STO) Der Innenausschuss hat sich am Mittwochvormittag mit dem Verfassungsschutzbericht 2011 befasst. Unter dem Eindruck der Fehlgriffe bei den Ermittlungen zu der dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) angelasteten Mordserie an neun türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern sowie einer Polizistin verwiesen dabei Vertreter der Koalitions- und der Oppositionsfraktionen auf Reformbedarf im Bereich des Verfassungsschutzes. Der neue Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, nannte als Reformpunkte unter anderem die Führung von V-Leuten und die Aktenführung. Zugleich betonte er, dass bei allem Reformbedarf die Funktionsfähigkeit seines Amtes gewährleistet sein müsse. Wichtig sei eine starke parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste.

Die CDU/CSU-Fraktion betonte, Maaßen bei seiner Arbeit unterstützen zu wollen. Deutschland brauche den Verfassungsschutz des Bundes und der Länder, argumentierte sie. Man werde aber Strukturen verändern müssen.

Die SPD-Fraktion plädierte für eine "gebotene Erneuerung" im Bereich des Verfassungsschutzes. Auch solle der Verfassungsschutz mehr als bisher mit der Zivilgesellschaft zusammenarbeiten, mahnte sie.

Die FDP-Fraktion wünschte dem BfV-Präsidenten Erfolg bei seinen Reformbemühungen. Es sei notwendig, das BfV zu erhalten und wieder aufzurichten. Zugleich warb die Fraktion für eine Stärkung der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste.

Die Fraktion Die Linke sah das BfV in einer "Legitimationskrise" und vermisste selbstkritische Äußerungen des Amtes. Sie erkundigte sich zudem nach der Zukunft des V-Leute-Systems.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betonte, man brauche eine starke parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes. Auch müssten sich die Nachrichtendienste auf ihre "Kerngeschäfte" wie die Bekämpfung des gewalttätigen Extremismus konzentrieren.

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2. Neue Statistik-Pflichten für die Industrie

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Berlin: (hib/HLE) Um das Ausmaß der konjunkturellen Dynamik besser einschätzen zu können, soll das System der monatlichen Konjunkturindikatoren um das Merkmal "Auftragsbestand" erweitert werden. Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie stimmte am Mittwoch dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Statistik im Produzierenden Gewerbe (17/10493) zu. Für den Gesetzentwurf votierten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP sowie die Fraktion Die Linke, während sich die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen enthielten. Für die Konjunkturstatistiken des Verarbeitenden Gewerbes wurden bisher nur die neu erteilten Aufträge, aber keine Stornierungen gemeldet. Da Stornierungen von Aufträgen als ein Indiz für eine konjunkturelle Abschwächung angesehen werden, werden sie in Zukunft über das Merkmal Auftragsbestand mit erfasst. Bei den 13.300 betroffenen Unternehmen werde es nur zu einer geringen Mehrbelastung kommen, begründete die Regierung die Erweiterung der Statistik, die vom Bundesrat wegen "gravierender zusätzlicher Belastungen" für Betriebe und Statistische Ämter abgelehnt worden war. Um den Ländern entgegenzukommen, beschloss der Ausschuss auf Initiative der Koalitionsfraktionen, das Inkrafttreten des Gesetzes von 2013 auf 2014 zu verschieben.

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3. Fracking: Gutachten will kein "absolutes Verbot", sieht aber großes Gefahrenpotenzial

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Berlin: (hib/AS) Ein "absolutes Verbot" von Fracking bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten ist nicht erforderlich, es ist aber mit Risiken für die Trinkwassergewinnung verbunden. Das ist das Ergebnis einer vom Bundesumweltministerium (BMU) in Auftrag gegebenen Studie, die die Parlamentarische Staatssekretärin im BMU, Ursula Heinen-Esser (CDU), am Mittwochvormittag im Umweltausschuss des Bundestages vorstellte. "Das Gutachten hat uns hervorragende Denkanstöße gegeben", erklärte die Staatssekretärin. In der Studie des Gutachterkonsortiums wird unter anderem vorgeschlagen, bestehende Wissenslücken durch beispielhafte Erkundigungen zu schließen und bei Bohrungen eine obligatorische Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen. Heinen-Esser führte weiter aus, dass laut Gutachten noch keine biologisch abbaubaren Fracking-Substanzen entwickelt worden seien und die Experten bei dieser Art von Erdgasbohrungen weiterhin erhebliche Gefahrenpotenziale über und unter Tage sehen. Beim Fracking werden unter hohem Druck Wasser und Chemikalien durch ein Bohrloch in den Untergrund verpresst, um Gas zu gewinnen. "Unkonventionelle Lagerstätten" bedeuten, dass dort das Gas so im Gestein gebunden ist, dass es nicht von alleine zum Bohrloch strömen kann, sondern herausgepresst werden muss. Dabei werden Stoffe eingesetzt, die nach Meinung von Experten das Grund- und Trinkwasser gefährden können.

Der Vertreter der CDU/CSU erkundigte sich, ob sich das Gutachten nur auf Fracking oder auch auf die Geothermie beziehe und fragte nach der Rechtsgrundlage für sogenannte beispielhafte Erkundungen. Die Bundesregierung erklärte daraufhin, dass sich das Gutachten nur auf die Frage des Frackings beziehe. Die SPD betonte, dass das Gutachten die vorliegenden Anträge der Opposition bestätige und lobte nochmals ausdrücklich ein vom Land Nordrhein-Westfalen zu diesem Thema erstelltes Papier. Gleichzeitig fragten die SPD wie die Grünen nach einem möglichen Zeitplan für ein gesetzliches Regelwerk zum Thema Fracking, in der insbesondere die Frage der Umweltverträglichkeitsprüfung geklärt werde solle. Die Staatssekretärin Heinen-Esser erklärte, dass es zu diesem Thema bereits eine Reihe von Gesprächen gegeben habe und noch geben werde, sie aber noch kein konkretes Datum für einen Kabinettsbeschluss nennen könne. Die FDP lobte das Gutachten ebenfalls, da es wichtige und wertvolle Anstöße gebe. Die Linke wies darauf hin, dass es hieße, dass Fracking-Bohrungen von "klar zu erfüllenden Entscheidungskriterien" abhängig gemacht werden sollten, es solche Kriterien aber noch gar nicht gebe. Gleichzeitig wies sie in diesem Zusammenhang auch auf die Problematik der Zementierung hin. Auch die Grünen äußerten sich positiv zu dem vorgelegten Gutachten, da dieses ihre Position noch einmal gestärkt habe. Hinsichtlich des fehlenden Zeitplanes für einen Kabinettsbeschluss, erklärten die Grünen, dass die Frage des Frackings möglicherweise auch im Bundesrat geprüft werden müsse, um eine Vereinheitlichung von verschiedenen Praktiken in den Ländern zu erreichen.

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4. Fernbuslinienverkehr soll liberalisiert werden

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Berlin: (hib/MIK) Der Fernbuslinienverkehr soll liberalisiert werden. Einem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung personenbeförderungsrechtlicher Vorschriften (17/8233) stimmte der Verkehrsausschuss am Mittwochvormittag in geänderter Fassung mit großer Mehrheit zu. Dagegen votierte lediglich die Linksfraktion.

Mit einem umfangreichen gemeinsamen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP sowie der SPD und Bündnis 90/Die Grünen wurde klargestellt, dass die Beförderung von Personen zwischen zwei Haltestellen unzulässig ist, wenn der Abstand zwischen diesen Haltestellen nicht mehr als 50 Kilometer beträgt oder zwischen diesen Haltestellen Schienenpersonennahverkehr mit einer Reisezeit bis zu einer Stunde betrieben wird. Außerdem wurde festgelegt, dass im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) der eigenwirtschaftliche Betrieb Vorrang haben soll. Insgesamt soll zudem besser auf die Belange behinderter Fahrgäste eingegangen werden. Außerdem soll es weder gegenüber den Eisenbahnen noch gegenüber anderen Fernbuslinien einen Konkurrenzschutz geben.

Die Sprecher der vier Fraktionen, die den gemeinsamen Änderungsantrag erarbeitet hatten, sprachen von einem "guten Kompromiss" für alle Beteiligten. Dies sei "ein guter Tag" sowohl für den ÖPNV als auch für gewerbliche Unternehmen. So würden bewährte Marktstrukturen nicht in Frage gestellt. Die Abgeordneten hofften, dass nach der Zustimmung durch den Bundestag am Donnerstag auch der Bundesrat "zügig" zustimmen werde.

Die Linksfraktion sprach sich gegen den Kompromiss. Sie kritisierten vor allem, dass der eigenwirtschaftliche Betrieb im ÖPNV Vorrang haben solle. Ihren Antrag (17/7487), mit dem gefordert wurde, den Buslinienverkehr nicht zu liberalisieren, lehnte der Ausschuss mit den Stimmen aller anderen Fraktionen ab. Ebenso ging es einem Änderungsantrag und einem Entschließungsantrag der Fraktion zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, in denen die gleiche Zielrichtung verfolgt wurde.

Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion (17/7046) zur Änderung personenbeförderungs- und mautrechtlicher Vorschriften (17/7046) wurde für erledigt erklärt.

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5. Agrarausschuss lehnt Antrag auf kurzfristige Novellierung des Gentechnikgesetzes ab

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Berlin: (hib/EIS) Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat am Mittwochvormittag mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP bei Enthaltung der SPD die Forderung der Fraktion Die Linke abgelehnt, kurzfristig einen Entwurf zur Novelle des Gentechnikgesetzes vorzulegen, um die Imkerei wirksamer vor Verunreinigungen durch gentechnisch veränderte Pollen zu schützen. Anlass für den Antrag (17/9985) der Linksfraktion war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der es Imkern nicht mehr gestattet, Honig zu verkaufen, der transgene Pollen enthält. "Trotzdem haben Imker nach einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kein Recht auf Schutzmaßnahmen", hieß es aus der Linksfraktion. Diese Rechtssituation sei nicht haltbar. Die SPD-Fraktion kritisierte ebenfalls, dass die sich abzeichnende Aufweichung der Nulltoleranzpolitik - das Verbot, Bestandteile gentechnisch veränderter Pflanzen aufgrund fehlender Zulassung in der EU in Verkehr zu bringen - seitens der EU-Kommission problematisch sei. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen pflichtete bei, dass aufgrund der aktuellen Lage die "Imker der Agrogentechnik ungeschützt ausgesetzt sind".

Der Vorschlag, die Pollen rechtlich aus der Liste der Zutaten herauszunehmen, löst aus Sicht der Grünen das grundsätzliche Problem nicht. Für Pollen gelten bislang die lebensmittelrechtlichen Anforderungen wie für Lebensmittelzutaten und müssen deshalb auf einer Zutatenliste ausgewiesen werden. Die FDP begründete, dass "Pollen im Honig keine Zutat sind, weil sie nicht durch menschliches Zutun in den Honig gelangen". Würden Pollen nicht mehr als Zutaten betrachtet, könne die Wirkung des Urteils des EuGH rückgängig gemacht werden. "Wir wollen Rechtssicherheit", hieß es seitens der Liberalen. "Das passiert, wenn wir den Weg der EU-Kommission gehen." Deshalb lehnte die FDP den Antrag der Linken ab. Die CDU/CSU sah ebenfalls nicht den Handlungsbedarf, den die Linksfraktion anmahnte, weil "keine Gefährdung für die Bienen und keine Risiken für den Menschen bestehen", weil der Pollenanteil unter den Grenzwerten liege. Dies sei wissenschaftlich untermauert. Die Fraktion mahnte die Notwendigkeit einer Lösung des Problems an und betonte, dass ein generelles Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen nicht durchgesetzt werden könne, "weil es laut EuGH nicht verboten werden kann". Ein Vertreter der Regierung erklärte, dass zur Zeit "keine Gefährdung vorliegt". Ein Eintrag durch transgene Pollen in deutschen Honig könne ausgeschlossen werden, weil derzeit nur 0,8 Hektar Versuchsfläche mit gentechnisch veränderte Organismen, die dafür in Frage kämen, in Deutschland ausgewiesen seien. Außerdem wären die Imker nach Gesetzeslage schon jetzt nicht schutzlos, denn sie könnten auf Grundlage des gültigen Gentechnikgesetztes Vorsorgepflichten und das Prinzip der guten fachlichen Praxis geltend machen.

Zulassung in der EU in Verkehr zu bringen - seitens der EU-Kommission problematisch sei. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen pflichtete bei, dass aufgrund der aktuellen Lage die "Imker der Agrogentechnik ungeschützt ausgesetzt sind". Der Vorschlag, die Pollen rechtlich aus der Liste der Zutaten herauszunehmen, löst aus Sicht der Grünen das grundsätzliche Problem nicht. Für Pollen gelten bislang die lebensmittelrechtlichen Anforderungen wie für Lebensmittelzutaten und müssen deshalb auf einer Zutatenliste ausgewiesen werden. Die FDP begründete, dass "Pollen im Honig keine Zutat sind, weil sie nicht durch menschliches Zutun in den Honig gelangen". Würden Pollen nicht mehr als Zutaten betrachtet, könne die Wirkung des Urteils des EuGH rückgängig gemacht werden. "Wir wollen Rechtssicherheit", hieß es seitens der Liberalen. "Das passiert, wenn wir den Weg der EU-Kommission gehen." Deshalb lehnte die FDP den Antrag der Linken ab. Die CDU/CSU sah ebenfalls nicht den Handlungsbedarf, den die Linksfraktion anmahnte, weil "keine Gefährdung für die Bienen und keine Risiken für den Menschen bestehen". Der Pollenanteil liege unter den Grenzwerten. Dies sei wissenschaftlich untermauert. Die Fraktion mahnte die Notwendigkeit einer Lösung des Problems an und betonte, dass ein generelles Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen nicht durchgesetzt werden könne, "weil es laut EuGH nicht verboten werden kann". Ein Vertreter der Regierung erklärte, dass zur Zeit "keine Gefährdung vorliegt". Ein Eintrag durch transgene Pollen in deutschen Honig könne ausgeschlossen werden, weil derzeit nur 0,8 Hektar Versuchsfläche mit gentechnisch veränderte Organismen, die dafür in Frage kämen, in Deutschland ausgewiesen seien. Außerdem wären die Imker nach Gesetzeslage schon jetzt nicht schutzlos, denn sie könnten auf Grundlage des gültigen Gentechnikgesetztes Vorsorgepflichten und das Prinzip der guten fachlichen Praxis geltend machen.

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6. Niebel verteidigt Entwicklungsetat 2013 als "Rekordhaushalt"

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Berlin: (hib/AHE) Der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel (FDP), hat den Etatentwurf für sein Ressort im Jahr 2013 als "vierten Rekordhaushalt in Folge" verteidigt. "Wir haben einen Aufwuchs und das ist ein entscheidender Erfolg, den ich nicht kleinreden lassen möchte", sagte Niebel am Mittwoch im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Im Gegensatz zu anderen Einzeletats im Bundeshaushalt würden die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit nicht zurückgefahren. Das sei angesichts der Herausforderungen in der Finanz- und Wirtschaftskrise in Europa alles andere als selbstverständlich. Gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung würden zusätzliche Mittel in Höhe von rund 670 Millionen Euro als öffentliche Entwicklungshilfe bereitgestellt, betonte Niebel. Deutschland sei zudem nach OECD-Angaben der weltweit zweitgrößte Geber in der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit.

Vertreter der Oppositionsfraktionen kritisierten, dass die Bundesrepublik das UN-Millenniumsentwicklungsziel nicht mehr erreichen werde, bis 2015 mindestens 0,7 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung für die Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen. Nach Angaben des Minister liegen die Ausgaben für diese sogenannten ODA-Mittel derzeit bei rund 0,4 Prozent.

Eine Vertreterin der SPD-Fraktion forderte konkrete Auskunft von Niebel, wie das 0,7-Prozent-Ziel dennoch eingehalten werden könne. Ein Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sagte, bei einem Realaufwuchs des Etats im Vergleich zum laufenden Haushaltsjahr 2012 um 37,5 Millionen Euro müsse man "inflationsbereinigt" eher von einem "Nullwachstum" sprechen. Vertreter der Koalitionsfraktionen verwiesen hingegen darauf, dass nur wenige EU-Länder 2013 ihre Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit erhöhen würden. Die Fraktion Die Linke äußerte die Befürchtung, dass künftig mit Verweis auf Schuldenbremse und Fiskalpakt ohnehin nicht mehr Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit bereitgestellt würden.

Niebel sprach sich für neue Wege bei Krediten für Entwicklungs- und Schwellenländer aus: So könnten Rückzahlungen aus alten Krediten in einen Sonderfonds fließen. Mit den Mitteln aus einem solchen "Schwellenländerfonds"- Niebel nannte hier eine Größenordnung von rund 600 Millionen Euro - könnten neue "großvolumige Kredite" für die Entwicklungsfinanzierung abgesichert werden. Der Fonds wäre somit ein Instrument, dem 0,7 Prozent-Ziel näher zu kommen.

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7. Flaggenrechtsgesetz soll geändert werden

Verkehr und Bau/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/MIK) Das Flaggenrechtsgesetz und die Schiffsregisterverordnung, sollen geändert werden. Dies sieht ein Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP (17/10772) vor, der am Donnerstag erstmals im Bundestag beraten wird.

Die Ausflaggung soll danach nur dann genehmigt werden, wenn dafür ein Ausgleich durch den begünstigten Reeder geleistet wird. Der Ausgleich soll in erster Linie in der Aufrechterhaltung der ausgeflaggten Schiffe als Ausbildungsplatz bestehen, heißt es in dem Gesetzentwurf. Ausnahmsweise könne statt des Unterhaltes eines Ausbildungsplatzes ein entsprechender Ablösebetrag gezahlt werden. Die Zahlung des Ablösebetrages erfolge zweckgebunden an eine private Einrichtung.

Das Flaggenrechtsgesetz geht von einer Pflicht zur Führung der Bundesflagge aus, schreiben die Fraktionen. Aber auch das Führen einer anderen Nationalflagge, das Ausflaggen, sei rechtlich zulässig. Dies führe jedoch zu einem Nachteil für den maritimen Standort. Bleibe ein ausgeflaggtes Schiff in gewissen rechtlich erheblichen Beziehungen zum Inland, führe dies wegen der eigentlich beabsichtigten Gesamtgeltung der deutschen Rechtsordnung zu einem Ungleichgewicht und damit zu einem nicht unerheblichen Nachteil für den maritimen Standort. Unmittelbar festmache könne man diesen Nachteil daran, dass Ausbildungsplätze für seefahrtsbezogene Berufe der Wirtschaft entzogen würden. Die Ausflaggung soll daher zukünftig so gestaltet werden, dass dadurch entstehende Nachteile für den Schifffahrtsstandort ausgeglichen werden.

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8. Koalition will "Schienenbonus" abschaffen

Verkehr und Bau/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/MIK) Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP wollen den sogenannten Schienenbonus abschaffen. Dies sieht ihr Gesetzentwurf (17/10771) zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vor, der am Donnerstag erstmals im Bundestag beraten wird.

Der "Schienenbonus" besagt, dass der Geräuschschutzpegel bei der Bahn 5 Dezibel (A) geringer sein darf als beim Straßenlärm. Er beruht laut Gesetzentwurf auf sozialwissenschaftlichen Studien, die in den 1970/80er erstellt wurden und folge der damaligen Annahme, dass Schienenlärm als weniger belastend wahrgenommen werde als Straßenlärm.

Diese Annahme sei angesichts der hohen Zuwächse beim Schienengüterverkehr weder sachgerecht noch zeitgemäß, schreiben die Fraktionen. Vielmehr habe sich der Schienenverkehrslärm inzwischen zu einem zentralen Umweltproblem entwickelt. Deshalb solle der Schienenbonus für Schienenwege, deren Planfeststellungsverfahren nach Inkrafttreten der nächsten Änderung des Bundesschienenverkehrswegeausbaugesetzes und des dazugehörigen Bedarfsplans eröffnet werden, nicht mehr angewendet werden.

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9. Bundestag unterrichtet über Erklärungen zum ESM-Vertrag vor

Haushalt/Unterrichtung

Berlin: (hib/MIK) Die Bundesregierung hat den Entwurf einer Einseitigen Erklärung Deutschlands sowie den Entwurf der Gemeinsamen Erklärung zur Ratifizierung des Vertrages vom 2. Februar 2012 zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) als Unterrichtung (17/10767) vorgelegt. Damit werde das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum 12. September 2012 im Bezug zur Haftungsbeschränkung sämtlicher Zahlungsverpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland sowie zur umfassenden Unterrichtung des Bundestages und des Bundesrates umgesetzt.

Es sei vorgesehen, dass diese Erklärung nach Billigung durch das Bundeskabinett heute völkerrechtlich bindend von den Vertragsstaaten in Brüssel angenommen wird. Anschließend werde sie dem Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union als Depositar des ESM-Vertrages notifiziert. Es sei geplant, dass Deutschland unmittelbar nach Beschluss und Notifizierung der Gemeinsamen Erklärung den ESM-Vertrag ratifiziert und damit den ESM in Kraft setzt, heißt es in der Unterrichtung.

Da mit der Erklärung lediglich der Inhalt ESM-Vertrages klargestellt werde und sich die vorgenommene Fassung vollständig im Rahmen der von Bundesregierung und Bundestag vertretene Auslegung bewege und diese bestätige, ist nach Auffassung der Bundesregierung keine erneute Zustimmung durch Bundestag und Bundesrat notwendig.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 414 - 26. September 2012 - 12:35 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2012