Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

BUNDESTAG/3413: Heute im Bundestag Nr. 418 - 26.09.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 418
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 26. September 2012 Redaktionsschluss: 17:05 Uhr

1. Wirtschaft will Vorsteuerabzug bei Bildungsleistungen nicht verlieren
2. Grüne für Übertragung ehebezogener Regelungen auf Lebenspartner ab August 2001
3. Regierung berichtet über Erkenntnisse zu Ku-Klux-Klan-Gruppen in Deutschland
4. Regierung empfiehlt längerfristiges Engagement in fragilen Staaten



1. Wirtschaft will Vorsteuerabzug bei Bildungsleistungen nicht verlieren

Finanzausschuss (Anhörung)

Berlin: (hib/HLE) In der öffentlichen Anhörung zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013 (17/10000) ist Kritik an der von der Bundesregierung geplanten Freistellung von Bildungsleistungen von der Umsatzsteuer geübt worden. Davon betroffene Unternehmen würden die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges verlieren. "Entgegen der Intention des Gesetzgebers würde die Neuregelung vielfach zu einer Verteuerung von Bildungsleistungen führen, da die erhöhten Kosten an den Endverbraucher weitergegeben würden", klagte die Bundessteuerberaterkammer am Mittwoch in ihrer Stellungnahme. Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft warnten vor "Mehraufwand sowohl finanzieller als auch administrativer Art". Auch Privatschulen wären vom Wegfall des Vorsteuerabzugs betroffen. Ziel der Regelung ist die Anpassung des nationalen Rechts an das europäische Mehrwertsteuerrecht.

Zwar sollen reine Bildungsleistungen umsatzsteuerfrei sein, jedoch gilt dies nach dem Entwurf nicht für Leistungen zur Freizeitgestaltung. Der Musikwissenschaftler Andreas Bertheau (Universität Potsdam) äußerte daher in seiner schriftlichen Stellungnahme die Befürchtung, dass private Musikschulen in Zukunft 19 Prozent Mehrwertsteuer von ihren Kunden zusätzlich zu den Kursgebühren verlangen müssten. "Die Marktsituation ermöglicht es nicht, die Umsatzsteuer auf die Eltern der in der Regel minderjährigen Schülerinnen und Schüler umzulegen", so Bertheau. Laut Professor Karl-Georg Loritz besteht in der Umsatzsteuerfrage jedoch noch Spielraum, den der Gesetzgeber ausnützen könne.

Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft lobten in einer gemeinsamen Stellungnahme das angestrebte Ziel, die Aufbewahrungsfristen zu verkürzen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass im Steuerrecht Unterlagen, die bisher zehn Jahre lang aufbewahrt werden mussten, nur noch acht Jahre aufbewahrt werden müssen. Ab 2015 soll diese Frist auf sieben Jahre verkürzt werden. Nach Ansicht der Wirtschaftsverbände handelt es sich um eine "dringend notwendige Maßnahme. "Die Einhaltung der geltenden Aufbewahrungsfristen stellt für die Unternehmen eine hohe Belastung dar", so die Wirtschaftsverbände. Sie begründeten dies damit, dass alte EDV-Systeme und Software über unverhältnismäßig lange Zeiträume bereitgehalten werden müssten. Auch die Bundessteuerberaterkammer begrüßte die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen als "positives Signal an die Unternehmen, Bürokratie abbauen zu wollen". Der Deutsche Steuerberaterverband sprach sich sogar für eine einheitliche Reduzierung der Aufbewahrungspflicht auf fünf Jahre aus. Dagegen lehnte die Deutsche Steuer-Gewerkschaft in ihrer Stellungnahme die Fristverkürzung ab: "Neben einer unnötigen Erschwernis strafrechtlicher Ermittlungen wären mit den Novellierungen ab dem Jahr 2015 Steuerausfälle in Höhe von einer Milliarde Euro verbunden, die für die öffentlichen Haushalte nicht verkraftbar sind."

Auch die Regelung, den Wehrsold und das Dienstgeld für freiwillig Wehrdienstleistende steuerfrei zu lassen, weitere Bezüge der freiwillig Wehrdienstleistenden wie den Wehrdienstzuschlag und besondere Zuwendungen wie die unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung dagegen steuerpflichtig zu machen, stießen auf Kritik. Nach dem Gesetzentwurf soll ferner das für den Bundesfreiwilligendienst gezahlte Taschengeld steuerfrei gestellt werden. Weitere Bezüge wie die unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung sollen steuerpflichtig sein. Die Bundessteuerberaterkammer schlug in ihrer Stellungnahme eine andere Lösung vor: Wenn freiwilliger Wehrdienst und Bundesfreiwilligendienst als Dienst an der Allgemeinheit verstanden und steuerlich attraktiver werden sollten, dann könnte auch ein besonderer Freibetrag eingeführt werden. Wenn man sich dabei am Übungsleiterfreibetrag orientiere, würde in vielen Fällen kein Einkommen zu versteuern sein, obwohl grundsätzlich eine Steuerpflicht bestehe.

Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein kritisierte scharf eine Vorschrift, die vorsieht, Organisationen die Gemeinnützigkeit zu entziehen, wenn sie in Verfassungsschutzberichten als extremistisch eingestuft würden. "Am Urteilsvermögen der Nachrichtendienste bestehen mehr Zweifel als zuvor", erklärte ein Sprecher des Anwaltvereins, der die Änderung als verfassungswidrig einstufte.

*

2. Grüne für Übertragung ehebezogener Regelungen auf Lebenspartner ab August 2001

Inneres/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/STO) Die Rückwirkung der Übertragung ehebezogener Regelungen im öffentlichen Dienstrecht auf Lebenspartnerschaften soll nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf den 1. August 2001 ausgeweitet werden. Dazu hat die Fraktion einen Gesetzentwurf (17/10769) vorgelegt, der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestages steht.

In der Vorlage verweisen die Abgeordneten darauf, dass das Bundesverfassungsgericht seit 2009 in vier Entscheidungen die Ungleichbehandlung von Eingetragenen Lebenspartnerschaften und der Ehe wegen der Unvereinbarkeit mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes ("Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.") beanstandet habe. Zudem habe das Gericht entschieden, dass die Ungleichbehandlung seit dem Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes verfassungswidrig sei und deswegen rückwirkend behoben werden müsse.

Wie es in dem Entwurf weiter heißt, erfolgte die Ende 2010 beschlossene Übertragung ehebezogener Regelungen im öffentlichen Dienstrecht auf Lebenspartnerschaften rückwirkend ab dem 1. Januar 2009. Die Begrenzung der Rückwirkung auf dieses Datum sei mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juni 2012 für verfassungswidrig erklärt worden. Demnach sei der Gesetzgeber verpflichtet, rückwirkend zum Zeitpunkt der Einführung des Instituts der Lebenspartnerschaft mit Wirkung zum 1. August 2001 eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, die allen "Beamten, die ihre Ansprüche auf Familienzuschlag zeitnah geltend gemacht haben, einen Anspruch auf Nachzahlung des Familienzuschlags ab dem Zeitpunkt seiner erstmaligen Beanspruchung einräumt". Diese Verpflichtung sei analog auf alle ehebezogenen Regelungen im öffentlichen Dienstrecht zu übertragen.

*

3. Regierung berichtet über Erkenntnisse zu Ku-Klux-Klan-Gruppen in Deutschland

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Der Bundesregierung sind aus den vergangenen 30 Jahre Erkenntnisse über ehemalige oder noch existierende Gruppen des Ku Klux Klan (KKK) in Deutschland bekannt. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (17/10688) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/10568) zum "rassistischen Geheimbund Ku Klux Klan in Deutschland" hervor. Danach wurde eine in Baden-Württemberg ansässige Sektion des deutschen KKK am 1. Oktober 2000 gegründet. Nach ihrer Auflösung Ende 2002 seien keine Aktivitäten dieser Sektion mehr festgestellt worden, schreibt die Regierung.

Gegen den Gründer der "European White Knights Of The Burning Cross" (Europäische weiße Ritter des brennenden Kreuzes) in Berlin, Peter B., wurden laut Bundesregierung seit 2007 Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft Berlin "wegen Verstoßes gegen das Verbot des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Volksverhetzung und Nötigung gegen zwei Aussteiger" geführt, Die Ermittlungen führten den Angaben zufolge zu einer Verurteilung von Peter B. zu einer Geldstrafe.

Wie es in der Antwort weiter heißt, wurde im Jahr 2011 die "weiße Ku-Klux-Klan-Bruderschaft der Teutonischen Ritter - Orden der Teutonischen Ritter" als regionale Gruppierung in Nordrhein-Westfalen bekannt. Zudem habe es im Jahr 2011 Anhaltspunkte für eine in Mecklenburg-Vorpommern agierende KKK-Sektion gegeben.

*

4. Regierung empfiehlt längerfristiges Engagement in fragilen Staaten

Auswärtiges/Unterrichtung

Berlin: (hib/BOB) Gegenüber fragilen Staaten stellt sich die Bundesregierung "grundsätzlich" auf die Notwendigkeit eines längerfristigen Engagements ein. Wie aus einer entsprechenden Unterrichtung durch die Bundesregierung (17/10732) hervorgeht, sollen dabei die nötigen Ressourcen in einem "angemessenen Verhältnis" zu den angestrebten Zielen stehen. Unabhängig vom Einzelfall seien Schlüsselfähigkeiten und Kernkompetenzen des deutschen Engagements gegenüber fragilen Staaten zu definieren, heißt es weiter. Bei krisenhaften Zuspitzungen in unsicheren Staaten sei es entscheidend, die Expertise aller relevanten Ressorts schnell zu bündeln. Als gelungenes Beispiel dafür nannte die Regierung die im November 2010 einberufene "Sudan Task Force".

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 418 - 24. September 2012 - 17:05 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2012