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BUNDESTAG/3496: Heute im Bundestag Nr. 501 - 07.11.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 501
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 7. November 2012 Redaktionsschluss: 14:25 Uhr

1. Ausschuss verabschiedet Gesetz zum Betreuungsgeld
2. Umweltausschuss billigt Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie über Industrieemissionen
3. Ökologische Besteuerung von Dienstwagen umstritten
4. Experten für Abschaffung des "Schienenbonus"
5. Im Bundestag notiert: Bezirksschornsteinfegermeister



1. Ausschuss verabschiedet Gesetz zum Betreuungsgeld

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Berlin: (hib/AW) Der Familienausschuss hat am Mittwoch den Weg für das Betreuungsgeld frei gemacht. Er verabschiedete nach einer mitunter sehr emotional geführten Debatte den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP (17/9917) in leicht geänderter Fassung gegen das geschlossene Votum der Oppositionsfraktionen SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Der Bundestag wird am Freitag abschließend über den Gesetzentwurf beraten und abstimmen. Nicht enthalten im Gesetzentwurf sind jedoch die Änderungen, auf die sich CDU/CSU und FDP auf dem Koalitionsgipfel am vergangenen Wochenende geeinigt hatten. So soll das Betreuungsgeld um monatliche Prämien von jeweils 15 Euro erhöht werden, wenn es von den Beziehern für die spätere Ausbildung der Kinder oder für die private Altersvorsorge angespart wird. Diese Erweiterungen des Betreuungsgeldes, die das Bundeskabinett am Mittwoch Vormittag beschlossen hat, sind in einem zweiten Gesetzentwurf (17/11315) fixiert, über den der Bundestag ebenfalls am Freitag in erster Lesung beraten wird.

Eingeführt werden soll das umstrittene Betreuungsgeld ab August 2013. Dann sollen Eltern, die ihre ein- und zweijährigen Kinder nicht in einer staatlich geförderten Betreuungseinrichtung betreuen lassen, zunächst 100 Euro monatlich und ab August 2014 dann 150 Euro monatlich erhalten. Der gleichzeitige Bezug von Elterngeld und Betreuungsgeld soll ausgeschlossen sein. Dass heißt, dass Elternpaare, die alle 14 Monate der Elternzeit in Anspruch nehmen, frühestens ab dem 15. Lebensmonates ihres Kindes das Betreuungsgeld in Anspruch nehmen können.

Bei den Oppositionsfraktionen stieß das Betreuungsgeld erneut auf massive Kritik. "Unsinn bleibt Unsinn", bemängelten die Sozialdemokraten. Auch durch das Erweiterungsgesetz über das Bildungssparen und die private Altersvorsorge werde das Betreuungsgeld nicht besser. Scharf griffen sie die Angeordnete aus den Reihen der Union und der FDP an, die sich stets gegen die neue staatliche Leistung ausgesprochen hatten und dem Gesetz nun doch zustimmen wollen. Vor allem die FDP sei durch den "absurden Kuhhandel: Betreuungsgeld gegen Abschaffung der Praxisgebühr" umgestimmt worden. Diesem Vorwurf hielt die FDP entgegen, dass sie ihr Ziel, das Betreuungsgeld durch eine Bildungskomponente zu erweitern, durchgesetzt habe. Dies sei ein Kompromiss und kein Kuhhandel. Auch die Union verteidigte das Betreuungsgeld erneut. In den Erweiterungen seien auch Kritikpunkte der Opposition aufgenommen worden. Diese müsse jetzt eigentlich zustimmen können. Über kein Gesetzesvorhaben in dieser Legislaturperiode sei so gründlich und ausgiebig beraten worden.

Die Linksfraktion erneuerte ihre Kritik, dass das Betreuungsgeld auf Leistungen nach dem zweite Sozialgesetzbuch angerechnet werden soll. Schließlich habe die Koalition stets von einer Anerkennung einer Erziehungsleistung gesprochen. Wenn man die Eltern nicht nach Einkommen separieren wolle, dann müssten auch Hartz-IV-Bezieher in den vollen Genuss des Betreuungsgeldes kommen. Die Grünen verwiesen auf die "schlechten" Erfahrungen, die man in Norwegen mit dem Betreuungsgeld gemacht habe. Dort werde es jetzt wieder abgeschafft. Und auch in Thüringen seien die Auswirkungen des dort bereits vor Jahren eingeführten Betreuungsgeldes katastrophal. Rund 30 Prozent weniger Kinder würden in der Folge einen Kindergarten besuchen.

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2. Umweltausschuss billigt Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie über Industrieemissionen

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Berlin: (hib/AS) Der Umweltausschuss hat am Mittwoch den Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie der Europäischen Union über Industrieemissionen (17/10486) angenommen, der am Donnerstag vom Plenum beschlossen werden soll. Die EU-Richtlinie über Industrieemissionen (Industry Emissions Directive IED) regelt die Vermeidung und Verminderung von Emissionen des Industriesektors in Luft, Wasser und Boden und musste innerhalb von zwei Jahren nach ihrem Inkrafttreten am 6. Januar 2011, in nationales Recht umgesetzt werden.

Die CDU/CSU-Fraktion hob bei der Diskussion über die Umsetzung der Richtlinie hervor, dass es sich bei der IED-Richtlinie um ein umfassendes Regelwerk handele, mit dem europaweit hohe, umweltrechtliche Schutzstandards umgesetzt würden, "wie wir ihn in Deutschland schon kennen". Dies trage zu gleichen Wettbewerbsbedingungen in der Europäischen Union bei. Man habe sich dabei dafür entschieden, das Europarecht eins zu eins umzusetzen und "nicht noch etwas draufzusetzen", sagte der Vertreter der CDU/CSU. Er wies darauf hin, dass in den vorgelegten Änderungsanträgen auch verschiedene Anliegen des Bundesrates mit aufgenommen worden seien.

Die SPD sagte, dass sie ihre Zustimmung nur bei dem Änderungsantrag zum Wasserhaushaltsgesetz habe geben können. Sie kritisierte, dass insgesamt die Chancen für eine faktische Verbesserung des Umweltschutzes etwa für die Energieeffizienzsteigerung nicht genutzt worden seien. "Wir haben eine Vorreiterrolle, die wir nicht aufgeben sollten", sagte die SPD-Abgeordnete.

Nach Ansicht der FDP ist die IED-Richtlinie eine "Erfolgsgeschichte" und die Harmonisierung der Vorschriften begrüßenswert. "Umweltschutz", sagte der FDP-Vertreter, "kann nur mit und nicht gegen die Industrie gemacht werden".

Dem widersprach der Abgeordnete der Linken. Bei der IED gehe es nicht darum, die Kosten für die Industrie zu senken, sondern es müsse die Gesundheit der Bevölkerung geschützt werden. Als positiv bewertete er, dass bei der IED das Prinzip der am besten-verfügbaren-Technik (BVT) angewandt werde. Allerdings gebe es darüber keine Kontrolle. Wenn aber nicht kontrolliert werde, würde man die Regelungen nicht einbehalten. Außerdem kritisierte Die Linke, dass es in dem Gesetzentwurf an klaren Definitionen fehle und es viele "dehnbare Formulierungen" gebe.

Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sagte, dass nach ihrer Auffassung eine der wichtigsten Richtlinien der Energiewende "nur ungenügend vorangetrieben" werde. So lege beispielsweise die technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft) zwar einen hohen Anspruch fest, bestimmte Festlegungen würden aber gleichsam unterlaufen. Kritisch äußerte sich die Abgeordnete auch über fehlende Maßnahmen für eine Verbesserung der Energieeffizienz: "Das ist ein großer Sündenfall mit Blick auf das, was wir erreichen müssen", sagte sie.

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3. Ökologische Besteuerung von Dienstwagen umstritten

Finanzausschuss/Öffentliches Fachgespräch

Berlin: (hib/HLE) Der Verkehrsclub in Deutschland (VCD) unterstützt die Bestrebungen der Linksfraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Besteuerung von privat genutzten Dienst- und Firmenwagen stärker an ökologischen Kriterien auszurichten. Dagegen lehnten Steuerexperten und Automobilbranche in einem öffentlichen Fachgespräch des Finanzausschusses am Mittwoch dieses Ansinnen mit dem Hinweis ab, ökologische Komponenten würden nicht in das Ertragsteuerrecht gehören.

Grundlage des Fachgesprächs war ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/8462), in dem gefordert wird, den Anteil der steuerlich geltend zu machenden Abschreibungen von Firmenwagen mit steigendem Ausstoß von Kohlendioxid zu verringern. Die steuerliche Behandlung bei privater Nutzung von Dienstwagen soll so geändert werden, dass sich die Besteuerung mit steigendem Kohlendioxid-Ausstoß erhöht. Auch die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (17/9149), steuerliche Vorschriften für die Nutzung von Firmen- und Dienstwagen in Zukunft an ökologischen Kriterien auszurichten. Anreize zum Kauf klimafreundlicherer Firmenwagen seien angesichts des größeren Anteils an den Neuzulassungen, der überdurchschnittlich hohen Kohlendioxid-Emissionen sowie der Bedeutung für den Gebrauchtwagenmarkt besonders dringlich.

Der VCD wies darauf hin, dass Fahrzeuge mit aufwändigen Spritspartechnologien und alternativen Antrieben teilweise erheblich teurer seien als vergleichbare herkömmliche Modelle. Wollten Dienstwagenfahrer heute entsprechende Fahrzeuge auswählen, müssten sie mit einer höheren Besteuerung des privaten Nutzungsanteils rechnen. "Dieser Nachteil würde durch eine ambitionierte Spreizung der Steuersätze in Abhängigkeit vom Kohlendioxid-Ausstoß nicht nur ausgeglichen, sondern würde auch einen Anreiz setzen, vermehrt diese Modelle zu wählen", argumentierte der VCD in seiner Stellungnahme.

Dagegen verwies die Bundessteuerberaterkammer auf drohende Mehrbelastungen der Firmen- und Dienstwagennutzer. Besteuert werde heute nicht nur der geldwerte Vorteil aus der Privatnutzung mit monatlich einem Prozent des Listenpreises. Auch die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte seien mit 0,03 Prozent des Listenpreises pro Monat und Entfernungskilometer zu besteuern. "Auch hier müssten gegebenenfalls die vorgesehenen Modifizierungen nach Kohlendioxid-Gehalt greifen und würden wohl zu erheblichen Mehrbelastungen führen", warnte die Organisation.

Der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine wandte sich gegen den Begriff "Dienstwagenprivileg". Dienstwagen würden regelmäßig für Berufsgruppen mit Auswärtstätigkeit zur Verfügung gestellt, die das Fahrzeug für ihre Arbeit benötigen würden. Ein Privileg liege nicht vor: "Vielmehr ist dieser Lohnbestandteil gegenüber Barlohn sogar nur eingeschränkt nutzbar. Er steht nicht zur freien Verwendung zur Verfügung." Der Verband warnte vor einer Umstellung, wie von den Oppositionsfraktionen gefordert: "Im Ergebnis ist festzuhalten, dass für Arbeitnehmer eine erhebliche Mehrbelastung an Steuern und Sozialabgaben entsteht, wenn deren Arbeitgeber keine Fahrzeuge mit geringerem Verbrauch unter dem Referenzwert zur Verfügung stellen."

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) äußerte sogar "schwerwiegende steuer- und wirtschaftspolitische Bedenken" und warnte davor, Umweltanforderungen in das Ertragssteuerrecht aufzunehmen. Außerdem hätten sich die durchschnittlichen Kohlendioxid-Emissionen von Firmenwagen 2011 im Vergleich zum Vorjahr mit fünf Prozent wesentlich stärker als bei privaten Neuzulassungen (2,8 Prozent) reduziert.

Für Michael Thöne (Finanzwissenschaftliches Forschungsinstitut der Universität zu Köln) "steuern Steuern immer". Dies gelte gerade für den Umweltbereich. Er stellte in seiner Stellungnahme die geltende Ein-Prozent-Regelung einen Verstoß gegen die horizontale und vertikale Steuergerechtigkeit dar. Ökonomisch gleiches werde nicht gleich besteuert, und "Besserverdiener" würden Steuerprivilegien nutzen, die "Normalverdienern" viel seltener zugänglich seien.

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4. Experten für Abschaffung des "Schienenbonus"

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Anhörung)

Berlin: (hib/MIK) Die geplante Abschaffung des sogenannten Schienenbonus wird von den Experten begrüßt. Dies wurde am Mittwochmittag bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zum Thema Schienenverkehrslärm deutlich. Grundlage der Anhörung waren ein Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (17/10771) und ein Antrag der beiden Fraktionen, Schienenlärm wirksam zu reduzieren(17/10780). Deshalb soll nach den Vorstellungen der Koalition der Schienenbonus nicht mehr angewendet werden. Dieser besagt, dass der Schallpegel bei der Bahn fünf Dezibel (A) geringer sein darf als beim Straßenlärm. Damit sind Lärmschutzmaßnahmen an Schienenwegen erst dann gesetzlich erforderlich, wenn der Beurteilungspegel für Straßenverkehrslärm um fünf Dezibel (A)überschritten wird.

Roland Diehl, Sprecher der IG Bohr (Interessengemeinschaft Bahnprotest an Ober- und Hoch-Rhein), bezeichnete den Gesetzentwurf als einen ersten wichtigen, längst überfälligen Schritt zur Lösung des zentralen Umweltproblems "Schienenverkehrslärm". Das es so weit hätte kommen können, liege zum Großteil an der jahrzehntelangen Privilegierung des Schienenlärms. Die technischen Voraussetzungen zur Umstellung auf leiseres Material sei seit vielen Jahren gegeben. Allein aus wirtschaftlichen Erwägungen sei die Umsetzung nicht vorangetrieben worden. Diehl bedauerte es, dass die Waggonhalter noch einige Jahre geschont werden sollten. Gesundheit und Leben von Bürgern dürfe nicht an die betriebliche Kalkulation von Wirtschaftsunternehmen gekoppelt werden. Waggonhalter sollten nicht entscheiden dürfen, ob es sich für sie rechne, "Menschen zu quälen".

Auch Michael Jäckers-Cüppers, Deutsche Gesellschaft für Akustik, begrüßte die Absicht, den Schienenbonus abzuschaffen. Er kritisierte jedoch die vorgesehene Stichtagsregelung. Er forderte, den Schutz vor Verkehrslärm auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen. Weiter begrüßte er die Einführung der lärmabhängigen Trassenpreise als Anreizinstrument zur Umrüstung der Güterwagen.

Professor Markus Hecht von der Technischen Universität Berlin ist ebenfalls für die Abschaffung des Schienenbonus. Zur Kostensenkung sollte jedoch auch der Lärm an der Quelle statt am Ausbreitungsweg gemindert werden. Diese Art der Lärmminderung sei um 30 Prozent billiger als Maßnahmen am Ausbreitungsweg.

Ulrich Möhler, Möhler und Partner Ingenieure AG, schlug vor, den Schienenbonus nur für Güterzüge entfallen zu lassen. Dies habe zur Folge, dass faktisch der Schienenbonus bei sämtlichen Strecken mit Güterverkehr insgesamt entfalle. Damit würde auch die Notwendigkeit zur Umrüstung der Güterzüge unterstrichen.

Professor Willy Spannowsky von der Technischen Universität Kaiserslautern schlug vor, dass der Schienenbonus mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des vorgesehenen Gesetzes für Vorhaben entfallen solle, bei denen ein Planfeststellungsverfahren noch nicht eingeläutet worden sei. Nach seiner Meinung werde eine Stichtagsregelung stets mit dem Effekt verbunden sein, dass die Vorhabenträger ihre Pläne zur Durchführung des Planfeststellungsverfahrens vor dem gesetzten Stichtag einreichen würden.

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5. Im Bundestag notiert: Bezirksschornsteinfegermeister

Arbeit und Soziales/Unterrichtung

Berlin: (hib/VER) Der Bund werde die Kosten der Abwicklung des bestehenden Zusatzversorgungssystems für Bezirksschornsteinfegermeister "über Jahrzehnte mit hohem finanziellen Engagement übernehmen". Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zu der Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf zur Neuordnung der Altersversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister (17/10749), die sie als Unterrichtung (17/10962) in den Bundestag eingebracht hat. Darin weist die Regierung die Befürchtungen der Länderkammer zurück, die Neuregelungen würden zum Teil zu unzumutbaren Härten für die Betroffenen führen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 501 - 7. November 2012 - 14:25 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2012