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BUNDESTAG/3830: Heute im Bundestag Nr. 230 - 24.04.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 230
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 24. April 2013 Redaktionsschluss: 17:15 Uhr

1. Stromnetzausbau wird beschleunigt
2. WADA plant Ausweitung der Sperren für Doping-Betrüger
3. Ausschuss lehnt Antrag der Linksfraktion zum "sozialen Tourismus" ab
4. Die Linke fordert Bundestagsantrag auf NPD-Verbot
5. SPD fordert CO2-Zertifikate kurzfristig aus dem Handel zu nehmen



1. Stromnetzausbau wird beschleunigt

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Berlin: (hib/HLE) Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den Weg für den beschleunigten Ausbau der Elektrizitätsnetze frei gemacht. In seiner Sitzung am Mittwoch stimmte das Gremium mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP sowie mit den Stimmen der SPD-Fraktion dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze (17/12638) nach Vornahme einiger Änderungen zu. Änderungsanträge der Opposition wurden abgelehnt. Während die Fraktion die Linke den Gesetzentwurf ablehnte, enthielt sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Stimme.

Mit dem beschleunigten Ausbau der Stromnetze soll auf die Strukturveränderungen durch die Energiewende reagiert werden. Angesichts des zügigen Ausbaus der erneuerbaren Energien und der sukzessiven Abschaltung der verbleibenden Kernkraftwerke müsse der im Norden Deutschlands erzeugte Strom aus Windenergieanlagen und neuen konventionellen Kraftwerken zu den Verbrauchsschwerpunkten im Süden und Westen Deutschlands geleitet werden heißt es in dem Entwurf. Darin wird für insgesamt 36 Planungen für den Bau von Höchstspannungsleitungen die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgestellt. "Um das Verfahren zur Realisierung der Vorhaben zu beschleunigen, wird weiterhin eine Rechtswegverkürzung herbeigeführt", schreibt die Regierung. Künftig gibt es mit dem Bundesverwaltungsgericht nur noch eine Instanz für Rechtsstreitigkeiten mit Bezug auf Vorhaben des Bundesbedarfsplans. Für die Realisierung der in den Bundesbedarfsplan aufgenommenen Vorhaben werden Kosten in Höhe von schätzungsweise zehn Milliarden Euro entstehen, schreibt die Bundesregierung. Dabei seien Mehrkosten für Erdkabel noch nicht berücksichtigt.

Ein Vertreter des Bundesrates hatte zuvor einen Gesetzentwurf der Länder (17/11369) vorgestellt, der das Ziel hat, den Vorrang der Erdverkabelung beim Ausbau der Stromnetze deutlicher als bisher im Energiewirtschaftsrecht zum Ausdruck zu bringen. In ihrem Entwurf schreiben die Länder, obwohl die Erdverkabelung unter bestimmten Voraussetzungen die Vorzugsvariante sei, werde dies von den Vorhabenträgern in Frage gestellt. Man wolle den Vorrang für die Erdverkabelung im 110-Kilovolt-Bereich, erklärte der Vertreter des Bundesrates und verwies auf die Proteste gegen den Bau von Freileitungen. Ohne Akzeptanz der Bevölkerung werde es jedoch keine Energiewende und keine Leitungen geben, sagte er auf Fragen der Fraktion Die Linke nach Bürgerprotesten. Der Gesetzentwurf des Bundesrates wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt, während die drei Oppositionsfraktionen dafür stimmten.

Ein Sprecher der CDU/CSU-Fraktion bezeichnete die jetzige Regelung für die Erdverkabelung im 110-Kilovolt-Bereich als ausreichend. Die FDP-Fraktion stellte besonders heraus, dass verbindliche Netzverknüpfungspunkte beschlossen worden seien. Die Erdverkabelung sah die Fraktion als Ausnahmemöglichkeit an, weil es dadurch zu Eingriffen in die Natur komme. Außerdem müsse der Netzausbau finanzierbar bleiben.

Die SPD-Fraktion verlangte, den Investitionsstau beim Leitungsbau aufzulösen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erkannte qualitative Fortschritte. Allerdings sei bei der Erarbeitung nicht auf den verstärkten Ausbau der Windenergie im Süden und auf den Ausbau der Bioenergie eingegangen worden. Schwerer wiege, dass die Erdverkabelung auf zwei Pilotprojekte beschränkt bleibe. Und die Rechtswegeverkürzung auf eine Instanz werde nichts bringen.

Der Ausschuss lehnte mit Koalitionsmehrheit drei Oppositionsanträge ab. So wollte die SPD-Fraktion den Netzausbau bürgerfreundlich und zukunftssicher gestalten (17/12681), und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wollte den Ausbau der Übertragungsnetze durch eine Deutsche Netzgesellschaft und finanzielle Bürgerbeteiligung (17/12518) voranbringen. Die SPD-Fraktion verlangte zudem Änderungen an der Anreizregulierungsverordnung (17/12214), um die Strom-Versorgungssicherheit in Deutschland zu stärken.

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2. WADA plant Ausweitung der Sperren für Doping-Betrüger

Sportausschuss

Berlin: (hib/HAU) In den neu überarbeiteten Regelungen der Welt-Antidoping-Agentur (WADA) ist eine vierjährige Sperre für Doping-Betrüger vorgesehen. Das sagte WADA-Justiziar Olivier Niggli am Mittwochnachmittag vor dem Sportausschuss. Im neuen WADA-Code sei eine flexiblere Handhabung der Sanktionen gegen die Athleten geplant. Handle es sich aber um vorsätzlichen Betrug, so Niggli, könne "in Abhängigkeit von der verwendeten Substanz" eine vierjährige Sperre verhängt werden.

Aus Sicht der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) ist ein solches Strafmaß "unverhältnismäßig", wie die Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann vor dem Ausschuss deutlich machte. Die NADA-Chefin kritisierte zugleich, dass in dem Entwurf des neuen WADA-Codes der Schutz von Minderjährigen nicht ausdrücklich festgeschrieben sei und der Prävention zu wenig Raum gegeben werde. Auch die Verkürzung des Zeitrahmens von 18 auf 12 Monate, indem ein Athlet drei Verstöße (Strikes) gegen die Meldepflichten haben darf, bevor ein Verfahren der Nationalen Anti-Doping-Agenturen eingeleitet werden muss, bewertet die NADA-Vorstandsvorsitzende kritisch. Zudem forderte sie Verbesserungen beim Datenschutz. "Der Code ist in der derzeitigen Form nicht mit deutschem Recht vereinbar", sagte Gotzmann.

Was den Datenschutz und den Strafrahmen angeht, so teilten die Abgeordneten die Skepsis der NADA. Die Veröffentlichung von Meldedaten der Sportler in Drittstaaten sei nicht erforderlich und unverhältnismäßig, hieß es. Eine vierjährige Sperre wiederum könne als Berufsverbot betrachtet werden und somit gegen das Grundgesetz verstoßen.

WADA-Justiziar Niggli machte deutlich, dass es bei dem Code um ein weltweit geltendes Regelwerk gehe. "Wir versuchen, soviel wie möglich an Datenschutz zu berücksichtigen", sagte er. Einige Forderungen seien jedoch unrealistisch. "Wir können nicht akzeptieren, dass keine Daten von den Sportlern mehr erhoben werden dürfen", stellte Niggli klar. Auch die Skepsis hinsichtlich der Vierjahres-Sperre teilte er nicht. Das Zivilrecht lasse auch in anderen Bereichen Berufsverbote zu, sagte er und verwies auf Ärzte, denen die Approbation entzogen wird oder Rechtsanwälte, die ihre Zulassung verlieren können. "Das müsste mit deutschem Recht vereinbar sein", urteilte der WADA-Vertreter.

Niggli ging auch auf weitere geplante Änderungen im WADA-Code ein. So sollen künftig die Kontrollverfahren effizienter sein und die Ressourcen intelligent verwendet werden. Konkret bedeute dies, dass speziell nach den für die bestimmte Sportart relevanten Wirkstoffen gesucht werden solle. Was die Finanzierung angeht, so erwarte die WADA eine Erhöhung des europäischen Beitrages, die es in den vergangenen zwei Jahren mit Verweis auf die wirtschaftliche Situation nicht gegeben habe. "Wir hoffen auf eine stetige Erhöhung in der Zukunft", sagte Niggli. Was die Frage nach einer Verfolgung von Doping-Tätern durch die Sportsgerichtsbarkeit versus der staatlichen Verfolgung angeht, so sprach sich der WADA-Justiziar für ein paralleles Vorgehen aus. Die Sportgerichtsbarkeit, so Niggli, habe den Vorteil, dass man zu schnelleren Urteilen gelangen könne, als es in Strafverfahren der Fall sei. Zugleich könnten aber die Möglichkeiten der staatlichen Verfolgung von Vorteil sein. Sein Fazit lautete daher: Die Sportgerichtsbarkeit sollte Vorrang vor staatlicher Verfolgung haben.

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3. Ausschuss lehnt Antrag der Linksfraktion zum "sozialen Tourismus" ab

Tourismusausschuss

Berlin: (hib/JBB) Mit den Stimmen der CDU/CSU hat der Tourismusausschuss in der Ausschusssitzung am Mittwoch einen Antrag (17/11588) der Fraktion Die Linke zum sozialen Tourismus abgelehnt. Die Linke stimmte für den Antrag, SPD und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich. In dem Antrag "Reisen für alle - Für einen sozialen Tourismus" fordert die Linksfraktion die Bundesregierung auf, ein für fünf Jahre ausgelegtes Programm für sozialen Tourismus vorzulegen. Das Programm soll sich dabei am globalen Ethikkodex für den Tourismus orientieren, den tourismuspolitischen Leitlinien der Bundesregierung entsprechen und die Hinweise des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses berücksichtigen.

Mit ihrem Antrag wolle die Linke ein Signal senden, dass sich der Ausschuss auch mit den Segmenten der Tourismuswirtschaft beschäftige, die Menschen mit wenig Geld sowie Kindern und Jugendlichen Urlaubsmöglichkeiten anböten, sagte ein Vertreter der Fraktion. Ein Vertreter der CDU/CSU begründete die Ablehnung damit, dass der Appell zuerst an die Länder gehen müsste. Viele der im Antrag erwähnten Maßnahmen seien nicht Aufgabe des Bundes. Ebenso begründete die FDP ihre Abstimmung. Wichtiger wäre es, die grundlegenden Ursachen dafür, dass Menschen mit wenig Geld keinen Urlaub machen könnten, anzugehen, indem man für Wirtschaftswachstum sorge. Ein Vertreter der SPD-Fraktion sagte, der Ansatz des Antrages sei zwar zu unterstützen, in der genauen Ausarbeitung aber gebe es Differenzen. Dies sahen die Grünen ähnlich. Ein Vertreter der Fraktion sagte, man teile zwar die Analyse des Antrags, dessen Schlussfolgerungen aber seien nicht immer ganz richtig.

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4. Die Linke fordert Bundestagsantrag auf NPD-Verbot

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Der Bundestag soll nach dem Willen der Fraktion Die Linke beim Bundesverfassungsgericht beantragen, die Verfassungswidrigkeit der NPD festzustellen und ihre Auflösung sowie die Einziehung ihres Vermögens zugunsten der Bundesrepublik zu gemeinnützigen Zwecken anzuordnen, ebenso wie ein Verbot von Ersatzorganisationen für die NPD. Dies geht aus einem Antrag der Fraktion (17/13231) hervor, der am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht.

In der Begründung verweist die Fraktion darauf, dass die Innenministerien der Länder mit großer Mehrheit übereingekommen seien, beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Verbot der NPD zu stellen. Ferner äußert sie sich unter Bezug auf die Materialsammlungen der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern und "weiteren Erkenntnissen" überzeugt, "dass es sich bei der NPD um eine verfassungswidrige Partei handelt, die in aktiv-kämpferischer, aggressiver Weise versucht, die zentralen Werte der Verfassungsordnung außer Kraft zu setzen und eine der Nazidiktatur ähnliche Herrschaftsordnung zu errichten".

Die NPD sei die wichtigste rechtsextremistische Kraft in Deutschland, heißt es in der Vorlage weiter. Die "von ihr ausgehende Bedrohung für die Verfassungsordnung" erstrecke sich nicht nur auf ihre originäre Rolle als Partei, die bei Wahlen kandidiert und in Kommunal- und Landesparlamenten vertreten ist. Sie diene zugleich "als Sammelpunkt, Rückgrat und organisatorische Stütze militanter Nazikameradschaften". Mitglieder, Funktionäre und Mandatsträger der NPD ließen in ihren Reden, Artikeln und Aktionen keinen Zweifel daran, dass sie die zentralen Werte des Grundgesetzes nicht akzeptieren. "Sie hetzen gegen Migrantinnen und Migranten und propagieren eine völkische Blut- und Boden-Politik, die sich gegen das Prinzip der Unverletzlichkeit der menschlichen Würde richtet, weil sie Migrantinnen und Migranten beziehungsweise Nichtdeutsche als Menschen zweiter Klasse sieht", schreiben die Abgeordneten. Die NPD knüpfe "an die Volkstumsvorstellungen der Nazis an, deren Verbrechen sie konsequent leugnet beziehungsweise grob verharmlost". Auch damit stelle sich die NPD "in diametralen Gegensatz zum Grundgesetz, bei dem es sich um einen Gegenentwurf zur NS-Herrschaft handelt".

Der "Angriff auf die Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes" ist der Fraktion zufolge "in der Materialsammlung der Verfassungsschutzbehörden, aber auch in den Publikationen antifaschistischer Initiativen umfassend dokumentiert". Aus öffentlich zugänglichen Quellen ergebe sich eindeutig, dass das Hauptziel der NPD "nicht nur darin besteht, einzelne Bestimmungen des Grundgesetzes zu ändern, sondern in der Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, mithin der Demokratie selbst". Eine Beteiligung des Bundestages am Verbotsverfahren ist nach den Worten der Abgeordneten "die folgerichtige Konsequenz aus der Erkenntnis, dass die NPD einen Angriff auf die Demokratie führt, der letztlich auf die Existenz des Bundestages selbst in seiner Eigenschaft als frei gewähltes Parlament der Bundesrepublik Deutschland zielt".

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5. SPD fordert CO2-Zertifikate kurzfristig aus dem Handel zu nehmen

Umwelt/Antrag

Berlin: (hib/AS) Deutschland soll die EU-Kommission bei ihrem Vorschlag unterstützen, CO2-Zertifikate vorübergehend aus dem Emissionshandel zu nehmen. Das fordert die SPD-Fraktion in einem Antrag (17/13193). Zur Begründung schreibt die SPD, dass der EU-Emissionshandel seine Funktion als Leitinstrument des europäischen Klimaschutzes verloren habe. Überschüssige Zertifikate vom Markt zu nehmen sei daher nur eine "kurzfristige Rettungsmaßnahme". Es wäre "konsequent", Unternehmen für die Jahre 2020 bis 2030 eine mittel- und langfristige Perspektive aufzuzeigen, die diese in ihre Investitionsentscheidungen einbeziehen könnten. Der Vorschlag der EU-Kommission, die Zertifikate kurzfristig herauszunehmen, löse die bestehenden Probleme nicht. Sie sei aber durchaus ein "Schritt mit Signalwirkung".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 230 - 24. April 2013 - 17:15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. April 2013