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BUNDESTAG/3877: Heute im Bundestag Nr. 277 - 16.05.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 277
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 16. Mai 2013 Redaktionsschluss: 16:40 Uhr

1. John plädiert für Stiftung zur Dokumentation rechtsextremer Gewalt
2. SPD fordert Konsequenzen aus dem 14. Kinder- und Jugendbericht
3. SPD fordert neue Impulse in der Integrationspolitik
4. SPD fordert Gleichstellung von Frauen in Kunst, Kultur und Medien



1. John plädiert für Stiftung zur Dokumentation rechtsextremer Gewalt

2. Untersuchungsausschuss (Rechtsterrorismus)

Berlin: (hib/KOS) Für die Schaffung einer Stiftung zum Gedenken an die dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) angelastete Mordserie und zur Dokumentation rechtsextremer Gewalt plädiert Barbara John. Vor dem Untersuchungsausschuss, der Fehlgriffe und Pannen bei den Ermittlungen zu der Erschießung von neun türkisch- oder griechischstämmigen Kleinunternehmern und einer Polizistin durchleuchten soll, erklärte die Ombudsfrau für die Opfer und Opferangehörigen am Donnerstagnachmittag, diese Einrichtung solle auch die vielen Unterlagen dieses Bundestagsgremiums zu Auswertungs- und Weiterbildungszwecken archivieren. Als "kühnen Gedanken" bezeichnete sie ihre Idee, eine solche Institution vielleicht an den Verfassungsschutz oder an ein Ministerium anzubinden, wobei die Stiftung und ihre Mitarbeiter natürlich unabhängig und frei bleiben müssten. In ein solches Modell sollten auch Angehörige von Opferfamilien integriert werden.

John äußerte sich bei der letzten öffentlichen Sitzung des Ausschusses, die in Form einer Anhörung mit fünf Sachverständigen stattfand. Bei diesem Hearing wollten die Abgeordneten erste Erkenntnisse für Konsequenzen gewinnen, die sie aus ihren Recherchen über die Ursachen des Versagens der Sicherheitsbehörden im Umgang mit der Mordserie ziehen wollen. Diese Schlussfolgerungen sollen Teil des Abschlussberichts werden, dessen Vorstellung für Ende August geplant ist. Für Anfang September ist eine Plenardebatte bei einer Sondersitzung des Bundestags vorgesehen.

Für John ist das behördliche Versagen beim Umgang mit der Mordserie die Folge eines Zusammenspiels struktureller und persönlich-fachlicher Faktoren. Strukturelle Defizite wie eine unzureichende Zusammenarbeit zwischen den Polizei- und Verfassungsschutzinstanzen ließen sich durch interne Qualitätsstandards und Controlling abmildern, so John. Anders verhalte es sich bei persönlich-fachlichen Aspekten wie fehlender Selbstkritik oder Duckmäusertum. Um hier Fortschritte zu erzielen, bedürfe es zunächst einer Studie, die persönliche Einstellungen und Verhaltensweisen der Mitarbeiter in den Behörden analysiert, sagte die Sachverständige. Zu Johns Vorschlägen gehört auch die Schaffung einer unabhängigen Clearing- und Beschwerdestelle für polizeiliches Fehlverhalten. Auf diesem Weg könne Selbstkritik bei der Polizei ebenfalls gefördert werden.

Bernd Wagner von der Aussteiger-Initiative "Exit" plädierte dafür, gegenüber dem Rechtsextremismus neben Aufklärung und Repression auch die Strategie der "De-Radikalisierung" zu betreiben. Man müsse versuchen, diese Szene zu beeinflussen und Rechtsradikale aus diesem Milieu "abzusaugen". Diesen Leuten müsse man die Möglichkeit eröffnen, ihre Ideologie zu hinterfragen. Wagner verwies darauf, dass es "Exit" in nicht wenigen Fällen gelungen sei, Rechtsextremisten zum Ausstieg zu bewegen.

Jürgen Funk, bei der schleswig-holsteinischen Polizei für die Ausbildung des mittleren Dienstes zuständig, erläuterte den Abgeordneten, dass die angehenden Polizisten schon heute für einen spezifischen Umgang mit ausländerfeindlicher Kriminalität geschult würden. So bemühe man sich um die Vermittlung interkultureller Kompetenz. Es fänden auch gemeinsame Seminare mit Amnesty International statt. Man wolle zudem, wie der Sachverständige darlegte, unter Zuwanderern Interessenten für den Eintritt in den Polizeidienst gewinnen. Mittlerweile gebe es in Schleswig-Holstein bereits rund 130 solche Beamte. Auch wenn die "Grundrichtung der Ausbildung" stimme, meinte Funk, so sei es sicher sinnvoll, deren Inhalte auf der Basis der im Untersuchungsausschuss gewonnenen Erkenntnisse zu überprüfen.

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2. SPD fordert Konsequenzen aus dem 14. Kinder- und Jugendbericht

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Antrag

Berlin: (hib/AW) Die SPD-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, die Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen zu verbessern und entsprechende Konsequenten aus dem 14. Kinder- und Jugendbericht zu ziehen. In ihrem Antrag (17/13473) spricht sie sich unter anderem für die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz, die Anpassung der deutschen Gesetzgebung an die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen und die Einrichtung einer Ombudsstelle mit eigenen Rechten und eigenem Etat zur Umsetzung der Konvention aus. Zur Verwirklichung der Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen im Bildungssystem müsste zudem der flächendeckende Ausbau von Ganztagsschulen vorangetrieben, die kulturelle und politische Bildung gestärkt und die Schulsozialarbeit an jeder Schule eingeführt werden.

Zudem fordert die SPD die Regierung auf, gemeinsam mit den Bundesländern die Umsetzung der Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit einer Behinderung voranzutreiben.

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3. SPD fordert neue Impulse in der Integrationspolitik

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Antrag

Berlin: (hib/AW) Die SPD-Fraktion hat ein umfangreiches Maßnahmenpaket in den Bereichen frühkindliche Bildung, Schulbildung, Berufsausbildung und Arbeitsleben, Städtebauförderung und Gesundheitswesen zur besseren Integration von Migranten in die deutsche Gesellschaft vorgelegt. In ihrem Antrag (17/13483) fordert sie unter anderem die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft für Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren werden. Die bisherige Optionspflicht, nach der sich Migrantenkinder ab Vollendung des 18. Lebensjahres für eine der beiden Staatsbürgerschaften entscheiden muss, soll entfallen. Geändert werden soll auch das Aufenthaltsrecht durch die Einführung einer stichtagunabhängigen Bleiberechtsregelung. Die Sozialdemokraten fordern zudem den Ausbau der frühkindlichen Bildung und der Ganztagsschulen, eine bedarfsgerechte Sprachförderung, die Einführung eines Schüler-Bafögs und einen Rechtsanspruch auf Förderung zum Nachholen eines Schulabschlusses. Ebenso müssten Programme aufgelegt werden, um den Übergang von der Schule in die Ausbildung zu erleichtern. Verbesserungen will die SPD auch bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und bei der Integration älterer und arbeitsloser Migranten in den Arbeitsmarkt.

Nach dem Willen der SPD soll auch das Programm "Soziale Stadt" wiederbelebt und die Städtebauförderung mit 700 Millionen Euro jährlich ausgestattet werden. Die Gesundheitsvorsorge wollen die Sozialdemokraten stärker zielgruppenspezifisch ausrichten, um die Zugangsbarrieren für Menschen mit Migrationshintergrund abzubauen.

Nach Ansicht der SPD profitiert Deutschland als Einwanderungsland von einer "bunten Gesellschaft voller Potenziale und Talente". Eine moderne Integrationspolitik müsse als Querschnittsaufgabe fast aller politischen Ressorts betrieben werden. Der Begriff "Integration" müsse langfristig überwunden und durch den "selbstverständlichen gesellschaftspolitischen Anspruch auf Teilhabe an Gesellschaft, Bildung und Arbeit" ersetzt werden.

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4. SPD fordert Gleichstellung von Frauen in Kunst, Kultur und Medien

Kultur und Medien/Antrag

Berlin: (hib/AW) Die SPD-Fraktion fordert von der Bundesregierung konkrete Maßnahmen, um die Gleichstellung von Frauen in den vom Bund geförderten Institutionen, Programmen und Projekten im Kunst-, Kultur- und Medienbereich umzusetzen. In ihrem Antrag (17/13478) spricht sie sich unter anderem dafür aus, eine verpflichtende Ausstellungszahlung für bildende Künstlerinnen und Künstler sowie Fotografinnen und Fotografen in die entsprechenden Förderkriterien aufzunehmen. Beim Ankauf von Kunstwerken durch die Bundesrepublik müssten zudem Künstlerinnen stärker berücksichtigt werden. Ebenso soll die Vergabe von Stipendien, Fördermitteln und Projekten durch Gremien und Jurys der vom Bund finanzierten Institutionen, Programme und Projekte stärker unter dem Aspekt der Gleichstellung von Frauen erfolgen. Die Sozialdemokraten fordern von der Regierung zudem Vorschläge, wie die Künstlersozialkasse "stabil und zukunftsfest" ausgestaltet werden kann, und wie das Urhebervertragsrecht entwickelt werden kann, um eine angemessene Vergütung für die Verwertung künstlerischer und kreativer Arbeit zu ermöglichen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 277 - 16. Mai 2013 - 16:40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Mai 2013