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BUNDESTAG/3960: Heute im Bundestag Nr. 360 - 26.06.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 360
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 26. Juni 2013 Redaktionsschluss: 15:15 Uhr

1. Verjährungsfristen bei Steuerhinterziehung werden nicht verlängert
2. DGB-Chef Sommer warnt vor Übergreifen der Euro-Krise
3. Grüne fordern höhere Rente für jüdische Zuwanderer
4. Im Bundestag notiert: Berufsverlauf von Menschen mit Behinderungen
5. Im Bundestag notiert: Datenschutzprobleme im Rechtsbereich des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II)
6. Im Bundestag notiert: Optimiertes Meldeverfahren in der sozialen Sicherung



1. Verjährungsfristen bei Steuerhinterziehung werden nicht verlängert

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Die Verjährungsfristen bei Steuerhinterziehung werden nicht angehoben. Der Finanzausschuss lehnte am Mittwoch mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP einen vom Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf (17/13664) ab, der eine Verlängerung der Verjährungsfrist in allen Fällen auf zehn Jahre gefordert hatte. Für den Entwurf stimmten die SPD-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, während sich die Linksfraktion enthielt.

In seiner Begründung hatte der Bundesrat darauf hingewiesen, dass in nicht besonders schweren Fällen von Steuerhinterziehung die Steuerfestsetzungsverjährung in der Regel zehn Jahre, die Strafverfolgungsverjährung aber fünf Jahre betrage. Nicht zuletzt im Hinblick auf die zahlreichen seit 2010 aufgedeckten Steuerhinterziehungsfälle im Zusammenhang mit ausländischen Vermögensanlagen sollten alle Steuerstraftaten möglichst gleich lang strafrechtlich geahndet werden können, hatte der Bundesrat gefordert.

Der Sprecher der CDU/CSU-Fraktion argumentierte mit der allgemeinen strafrechtlichen Verjährung von fünf Jahren. Wenn jetzt in allen Fällen von Steuerhinterziehung die Verjährungsfrist erhöht werde, sei dies ein Wertungswiderspruch und ein Verstoß gegen die Verhältnismäßigkeit. Die SPD-Fraktion argumentierte für den Entwurf mit dem Hinweis, Steuerstraftaten müssten wirksam bekämpft werden, und das Steueraufkommen müsse erhöht werden. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schloss sich der SPD-Argumentation an. Die FDP-Fraktion warnte davor, aus Emotionen heraus die strafrechtliche Verjährung zu ändern. Der Gesetzgeber müsse rational handeln, und die Rechtsordnung müsse in sich stimmig sein. Auch die Linksfraktion hatte Bedenken. Es gebe einen Zielkonflikt, wenn Betrug an einem Privaten nach fünf Jahren verjähre und der Betrug am Staat erst nach zehn Jahren.

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2. DGB-Chef Sommer warnt vor Übergreifen der Euro-Krise

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Berlin: (hib/PST) Nach einer Reihe von Gesprächen mit Spitzenvertretern der Wirtschaft war zum Abschluss der Legislaturperiode der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, zu Gast im Wirtschaftsausschuss. Es wurde eine außerordentlich freundliche Begegnung, die der Ausschussvorsitzende Ernst Hinsken (CSU) mit den Worten beendete: "Starke Gewerkschaften sind die Grundlage dafür, dass wir sozialen Frieden in Deutschland haben."

Sommer lobte die Politik und die Sozialpartner dafür, es in dieser Legislaturperiode "miteinander geschafft" zu haben, die Lehman-Brothers-Krise "einigermaßen zu bewältigen". Dies sei ein "großer Erfolg unseres deutschen Modells der Sozialen Marktwirtschaft" gewesen, "möglicherweise der größte nach dem Krieg". Möglich sei dies auch gewesen, weil "die Sozialpartnerschaft funktioniert". Die Gewerkschaften seien in regelmäßigem Gesprächskontakt mit den Wirtschaftsverbänden, sagte Sommer den Ausschussmitgliedern.

In der nächsten Legislaturperiode werde es, unabhängig von den Mehrheitsverhältnissen, eine wichtige Aufgabe sein, das "Gut Tarifautonomie" zu "achten, schützen und weiterzuentwickeln", mahnte Sommer. In der Tendenz nehme die Tarifbindung in der deutschen Wirtschaft ab. Der neue Bundestag und die neue Bundesregierung sollten sich um Instrumente bemühen, die Tarifbindung wieder zu erhöhen und die Tarifautonomie zu stärken.

Mit noch größerem Nachdruck mahnte Sommer zusätzliche Anstrengungen an, um die "Krise in Europa zu bändigen". Gelinge das nicht, werde sie "auch nach Deutschland durchschlagen". Sommer warb für einen von den europäischen Gewerkschaften erarbeiteten "Marshall-Plan" für die Euro-Zone. Dieser habe das "Ziel, privates Kapital zu mobilisieren".

In dem Gespräch erfuhr der DGB-Vorsitzende für viele seiner Anliegen Zustimmung aus allen Fraktionen. So erklärte der Sprecher der FDP-Fraktion ausdrücklich: "Ich glaube, dass wir starke Gewerkschaften brauchen." Allerdings argumentierte er gegen einen allgemeinen Mindestlohn und warb für das Koalitionsmodell branchen- und regionalspezifischer Mindestlöhne. Sommer bestand allerdings auf einer "klaren Unterlinie" von 8,50 Euro, auf der dann unterschiedliche Tariflöhne aufbauen könnten.

Positiv reagierte Sommer dagegen auf den Appell aus der FDP-Fraktion, neue Technologien zu unterstützen, um "die Wertschöpfungskette in Deutschland zu erhalten". Er sei jetzt über 60 und könne die Floskel von "Chancen und Risiken" nicht mehr hören, erklärte Sommer. "Für mich ist technischer Fortschritt erst mal Fortschritt."

Auf den Appell aus der CDU/CSU-Fraktion, er möge "flexible Arbeitsmarkt-Instrumente" wie Leiharbeit "differenzierter sehen", antwortete Sommer, er habe "nichts gegen Leiharbeit". Sie werde aber zunehmend genutzt, um "die Tarifautonomie zu unterlaufen". Um solchen "Missbrauch zu verhindern", brauche es eine gesetzliche Regelung. Gleiches gelte für Werkverträge. Gegen sie könne "niemand sinnvollerweise" sein. Würden sie aber eingesetzt, um Tarifverträge und die Sozialversicherungspflicht zu unterlaufen, dürfe man das "nicht zulassen".

Sommer warb für einen vom DGB und der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) gemeinsam vorgelegten Gesetzentwurf zur Stärkung der Tarifbindung, den die Politik bisher nicht aufgegriffen habe. Mit diesem Verweis beantwortete er auch eine Frage aus der Fraktion Die Linke, wie er die Tarifautonomie stärken wolle.

Auf Fragen aus den Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, wie er dem Problem von Splittergewerkschaften in manchen Branchen begegnen wolle, hielt sich der DGB-Vorsitzende mit Rufen nach dem Gesetzgeber zurück. Manchmal seien die Arbeitgeber selbst schuld, weil sie Kleinstgewerkschaften gefördert hätten, um die Großen zu schwächen. Sommer setzt darauf, durch Gespräche zwischen Gewerkschaften zur Kooperation zu kommen. Dafür gebe es inzwischen erfolgreiche Beispiele.

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3. Grüne fordern höhere Rente für jüdische Zuwanderer

Arbeit und Soziales/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen setzt sich für die rentenrechtliche Gleichstellung von jüdischen Zuwanderern aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion mit Spätaussiedlern ein. In ihrem Gesetzentwurf (17/14107) fordert sie, Berufsjahre, die die jüdischen Zuwanderer in ihren Herkunftsländern zurückgelegt haben, vollständig in die Berechnung der Rente nach dem Fremdrentengesetz (FRG) mit einzubeziehen. Übersiedler und Spätaussiedler aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion erhielten schon jetzt eine Rente nach dem FRG, in die die Arbeitsjahre aus ihren Herkunftsländern mit einbezogen werden. Jüdische Zuwanderer seien dagegen oft auf Grundsicherung angewiesen und von Ansprüchen aus dem FRG ausgeschlossen, obwohl auch sie aus Verantwortung gegenüber der deutschen Geschichte aufgenommen worden sind, beklagen die Grünen.

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4. Im Bundestag notiert: Berufsverlauf von Menschen mit Behinderungen

Arbeit und Soziales/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/CHE) Die Integration von Behinderten in den Arbeitsmarkt steht im Mittelpunkt einer Kleinen Anfrage (17/13903) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Abgeordneten wollen unter anderem wissen, in welchem Umfang die Bundesagentur für Arbeit den Berufsverlauf von Menschen mit Behinderungen nach Beendigung einer Maßnahme der beruflichen Rehabilitation erfasst und ob dieser Umfang aus Sicht der Regierung ausreichend ist. Außerdem fragen sie nach der Entwicklung der Leistungen zur Teilhabe und der reha-spezifischen Maßnahmen außerhalb von Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation.

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5. Im Bundestag notiert: Datenschutzprobleme im Rechtsbereich des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II)

Arbeit und Soziales/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/CHE) Für Datenschutzprobleme im Rechtsbereich des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) interessiert sich die Fraktion Die Linke. In einer Kleinen Anfrage (17/14039) fragt sie unter anderem danach, welche Maßnahmen die Bundesregierung eingeleitet hat, um Datenschutzprobleme in diesem Bereich zu verhindern und warum es keine Statistik über die am häufigsten genannten Datenschutzverstöße in den Jobcentern gibt.

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6. Im Bundestag notiert: Optimiertes Meldeverfahren in der sozialen Sicherung

Arbeit und Soziales/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Die Linke hat eine Kleine Anfrage (17/14042) zu dem Projekt "Optimiertes Meldeverfahren in der sozialen Sicherung" (OMS) gestellt. Unter anderem will sie wissen, ob die erste Projektphase von OMS bereits abgeschlossen und auf welchem Stand die Projektarbeit derzeit ist. Darüber hinaus interessiert sie sich für die Ergebnisse der Arbeitsgruppe "Informationssicherheit und Datenschutz" und fragt nach der Beteiligung der Privatwirtschaft im Vergleich zu gewerkschaftlichen Akteuren.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 360 - 26. Juni 2013 - 15:15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2013