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BUNDESTAG/4692: Heute im Bundestag Nr. 557 - 05.11.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 557
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 05. November 2014, Redaktionsschluss: 14.05 Uhr

1. Initiative für Langzeitarbeitslose
2. Zustimmung zur Bahn-Finanzierung



1. Initiative für Langzeitarbeitslose

Ausschuss für Arbeit und Soziales

Berlin: (hib/CHE) Die Bundesregierung will Langzeitarbeitslose besser unterstützen und plant deshalb bereits für das kommende Jahr spezielle Förderprogramme. Dies kündigte die Bundesministerin für Arbeit und Soziales Andrea Nahles (SPD) am Mittwochvormittag im Ausschuss für Arbeit und Soziales an. Sie betonte ausdrücklich, dass es derzeit vor allem darum gehe, einen gesellschaftlichen Dialog mit verschiedensten Interessenvertretern zu eröffnen. Noch gebe es keinen Gesetzentwurf. Die Ministerin zeigte sich überzeugt, dass der hohe Sockel der Langzeitarbeitslosen von rund einer Million Menschen durch arbeitsmarktpolitische Instrumente gesenkt werden könne. "Ein Drittel aller Arbeitslosen sind Langzeitarbeitslose und die müssen eine passgenauere Hilfe bekommen." Derzeit fehle vielerorts ein gutes "Profiling" durch die Jobcenter, oft seien die Profile der Langzeitarbeitslosen nicht mehr aktuell, so dass sie nicht adäquat vermittelt werden könnten. Sie kritisierte außerdem den mancherorts "skandalösen Umgang" mit Schuldner- und Suchtberatungsstellen, die zu oft schlecht ausgestattet seien oder einfach geschlossen würden. "Es gibt jedoch kein Patentrezept für alle, da es sich nicht um eine homogene Gruppe handelt", führte Nahles aus.

Sie kündigte zum einen an, die Betreuung der Langzeitarbeitslosen zu intensivieren. So sollen 1.000 Stellen in den Jobcentern, die bisher für das auslaufende Bundesprogramm "Perspektive 50plus" bewilligt waren, künftig für die Betreuung von Langzeitarbeitslosen eingesetzt werden. Diese sollen aufgrund haushaltspolitischer Spielräume zunächst bis 2018 befristet sein. Diese sogenannten Aktivierungszentren sollen 2015 starten und 2016 dann voll einsatzfähig sein. Eine entsprechende Qualifizierungsoffensive der Bundesagentur für Arbeit sorge dafür, dass die Mitarbeiter gut auf ihre Aufgabe vorbereitet würden, so Nahles. Sie kündigte weiter ein ESF-Bundesprogramm für Menschen ohne Berufsabschluss an, für das von 2015 bis 2019 rund 900 Millionen Euro zur Verfügung stehen sollen. Mit dem Programm sollen 33.000 Menschen, vor allem durch Lohnkostenzuschüsse an die Arbeitgeber und ein begleitendes Coaching im Job, gefördert werden. Drittens will das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ein Programm für öffentlich geförderte Beschäftigung auflegen. Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen und solche, die mit Kindern zusammenleben, sollen auf diese Weise eine Chance für soziale Teilhabe in sinnvollen Tätigkeiten bekommen. Hier sind Lohnkostenzuschüsse von bis zu 100 Prozent für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und ein stufenweiser Einstieg in Arbeit geplant. Als viertes Projekt kündigte Nahles einen Ausbau der Gesundheitsberatung und von Präventionsmaßnahmen für Arbeitslose an. In diesem Zusammenhang sollten auch Integrationsprojekte grundsätzlich allen Menschen mit Behinderung offen stehen, auch Menschen mit psychischen Erkrankungen.

Die Linke kritisierte, dass ein ESF-Programm für 33.000 Menschen nicht ausreiche, wenn man bedenke, dass über 500.000 Menschen keinen Berufsabschluss besitzen. Die Fraktion kritisierte auch Eingliederungszuschüsse als wenig wirkungsvoll, zudem gebe es hier große "Mitnahmeeffekte". Die Grünen verwiesen darauf, dass die angekündigten 1.000 Stellen keine zusätzlichen Stellen seien, sondern anderswo eingespart würden. Die Union betonte, man könne die Zahl der Langzeitarbeitslosen nur bei einer guten Konjunktur abbauen. Nun müsse es darum gehen, die Qualität und Effizienz der Vermittlung deutlich zu verbessern.

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2. Zustimmung zur Bahn-Finanzierung

Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur/Anhörung

Berlin: (hib/MIK) Die geplante Fortschreibung der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV II) zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn AG (DB AG) wird von den meisten Experten begrüßt. Dies wurde am Mittwochvormittag bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur deutlich.

Die bisherige LuFV I ist das zentrale Instrument zur Finanzierung von Investitionen zum Erhalt des Schienennetzes. Sie umfasst derzeit ein Volumen von drei Milliarden Euro pro Jahr, wozu der Bund etwa 2,5 Milliarden Euro und die Eisenbahninfrastrukturunternehmen eine halbe Milliarde Euro beisteuern. Die Laufzeit der ersten LuFV reichte ursprünglich von 2009 bis 2013 und wurde um zwei Jahre verlängert.

Die LuFV II soll ab dem 1. Januar 2015 eine Laufzeit von fünf Jahren haben. Der Bundeszuschuss soll nach dem Entwurf in dieser Zeit durchschnittlich mehr als 3,3 Milliarden Euro jährlich betragen. Zudem enthält laut Verkehrsministerium die LuFV II unter anderem zusätzliche Dividendenzahlungen der DB AG an den Bund in Höhe von insgesamt 2,2 Milliarden Euro.

Für Matthias Pippert von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ist die bisherige LuFV I "unstrittig unterdotiert". Deshalb begrüßt die EVG in ihrer Stellungnahme die mit der LuFV II vorgesehene höhere Mittelausstattung als "längst überfälligen Schritt". Zudem werde mit dem vorgesehenen Abschluss der LuFV II eine ausreichende Planungssicherheit für die Infrastrukturfinanzierung für zumindest fünf Jahre gesichert. Dies sei eine unverzichtbare Voraussetzung für eine demographiefeste Personalplanung seitens der Infrastrukturunternehmen einerseits und einen menschenwürdigen und wertschätzenden Personaleinsatz andererseits. Er geht davon aus, dass wegen der besseren Finanzausstattung auch mehr Personal gebraucht werde.

Volker Kefer, DB AG, geht davon aus, dass mindestens 1.500 Personen zusätzlich eingestellt werden müssen. Er betonte, dass mit der LuFV II jeder Euro, den die DB AG in der Infrastruktur verdiene, letztendlich in Erhaltungsmaßnahmen investiert würde.

Für Dirk Flege (Allianz pro Schiene) ist die LuFV II geeignet, die Schienenwege des Bundes in qualitativ hochwertigem Zustand zu erhalten und zu verbessern. Damit die zur vollständigen Finanzierung der LuFV II erforderlichen Dividendenziele auch tatsächlich erreicht werden können, müsse die LuFV II durch eine Verkehrspolitik des Bundes flankiert werden, die die Wettbewerbsfähigkeit des Schienenverkehrs insgesamt stärke, forderte er in seiner schriftlichen Stellungnahme.

Professor Ronald Pörner vom Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) begrüßte ebenfalls, dass das bewährte Instrument nun als LuFV II mit einigen Verbesserungen fortgeführt werden solle. Dazu sei besonders die deutlich höhere Finanzausstattung zu zählen. Es blieben aber auch weiterhin Schwächen vor allem bei der Erfassung und Bewertung des Netzzustandes.

Kritischer sieht Axel Zentner vom Bundesrechnungshof (BRH) die Pläne. Die LuFV II enthalte in einzelnen Punkten Verbesserungen gegenüber der LuFV I. "Dies sind jedoch meist Detailänderungen", heißt es in seiner Stellungnahme. Dagegen halte der BRH substanzielle Verbesserungen für erforderlich, damit das Finanzierungsverfahren auch den Interessen des Gesetzgebers, des Eigentümers und des Zuwendungsgebers Bund gerecht werde. Der aktuelle Entwurf der LuFV II ist aus Sicht des BRH haushalts- und zuwendungsrechtlich bedenklich und zu einseitig auf die unternehmerischen Interessen der DB AG ausgerichtet. Vor diesem Hintergrund empfiehlt der BRH die notwendigen Verbesserungen so im Vertrag zu verankern, dass die Interessen des Bundes gewahrt seien. So solle beispielsweise ein "Sonderprogramm Brückensanierung" aufgelegt werden.

Für Professor Christian Böttger (Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin) sind die Zahlungsströme in der LuFV II so gestaltet, dass die DB AG praktisch keine eigenen Mittel mehr in die Eisenbahninfrastruktur investiere. Die Neuregelung sichere zwar die Verwendung der Gewinne der Infrastruktursparten für den Erhalt der Infrastruktur, im Gegenzug dürfe die DB AG ihren Eigenanteil für Ersatzinvestitionen von bisher 500 Millionen Euro auf 100 Millionen Euro pro Jahr reduzieren. Damit werde die DB AG auf der Ebene des Free Cash Flow über die Laufzeit bis 2019 um zwei Milliarden Euro entlastet und könne diese Mittel beliebig für andere Investitionen nutzen. "Die Motivation für diese Änderung ist unverständlich, sie liegt meines Erachtens nicht im Interesse der Eisenbahn in Deutschland", schreibt er in seiner Stellungnahme.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 557 - 5. November 2014 - 14.05 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2014