Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/4970: Heute im Bundestag Nr. 171 - 26.03.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 171
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 26. März 2015, Redaktionsschluss: 16.20 Uhr

1. Internetbranche übt Kritik
2. Neue Grundlage für DIMRG
3. Linke will 200.000 geförderte Stellen
4. Menschenrechtsrat stärken
5. Leitfaden zur Teilhabe behinderter Menschen
6. Grüne fragen nach Lebensleistungsrente


1. Internetbranche übt Kritik

1. Untersuchungsausschuss (NSA)

Berlin: (hib/KOS) Deutliche Kritik am Umgang staatlicher Instanzen mit der geheimdienstlichen Überwachung des Internets übte am Donnerstag vor dem zur Durchleuchtung des NSA-Spähskandals eingesetzten Untersuchungsausschuss Klaus Landefeld vom Vorstand des deutschen Internetverbands eco. Es mangele an "klaren Standards" für die Umsetzung der von der G-10-Kommision genehmigten Ausforschung der Telekommunikation, weshalb die letztlich angezapften Datenströme größer werden könnten als die "Abhörmasse", die formell zur Auswertung freigegeben sei. Beim weltweit größten Internetknoten DE-CIX, der von eco in Frankfurt betrieben wird, "tun wir alles, um einen Zugriff durch ausländische Nachrichtendienste zu verhindern", betonte der Zeuge. Von dessen Befragung erhofften sich die Abgeordneten Erkenntnisse über das geheimdienstliche Ausspionieren von Datenumschlagplätzen im Internet.

Der Ausschuss soll die vom Whistleblower Edward Snowden aufgedeckte Ausspähung der Telekommunikationsdaten von Millionen Deutschen durch den US-Geheimdienste NSA sowie durch Dienste anderer Staaten erhellen. Dabei prüfen die Parlamentarier auch, ob der Bundesnachrichtendienst (BND) in diesen Skandal verwickelt ist. Dem BND ist es verboten, Informationen über Deutsche, an die er im Zuge seiner Auslandsspionage als "Beifang" gelangt, Partnern zu überlassen: Diese "G-10-Daten" von "Grundrechtsträgern" gelten als besonders geschützt - so die aus Artikel 10 der Verfassung abgeleiteten Fachbegriffe. Artikel 10 garantiert das Fernmeldegeheimnis. Die G-10-Kommission des Bundestags muss Überwachungsaktivitäten des BND wegen der damit verbundenen Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis genehmigen. Liegt eine "G-10-Genehmigung" vor, so müssen Internetfirmen die entsprechende BND-Operation unterstützen.

Landefeld, aus dessen Sicht das G-10-Gesetz "veraltet" ist, kritisierte das Vorgehen der G-10-Kommission bei der Begrenzung der Datenmenge, die auszuforschen dem BND erlaubt ist. Der BND darf im Rahmen der "strategischen Fernmeldeaufklärung" höchstens 20 Prozent der avisierten Datenströme ausspionieren. Allerdings bezieht sich das 20-Prozent-Limit nicht auf die Datenmenge, die durch ein Internetkabel geschickt wird, sondern auf die Kapazität der Leitung, durch die der Transport erfolgt. Der Zeuge wies darauf hin, dass diese Kapazität immer nur zu einem Teil genutzt werde, so dass der BND letztlich weit mehr als 20 Prozent der Daten zu erfassen vermöge, die durch ein Kabel fließt. Landefeld: "Das ist wohl nicht das, was man sich unter der Beschränkung der Fernmeldeaufklärung vorstellt."

Für die Internetwirtschaft sei es schwierig, klagte der Manager, beim Thema Überwachung auf staatlicher Seite Ansprechpartner zu finden. "Es hat uns auch sehr verwundert", dass man im Wirtschafts- und Justizministerium nach Snowdens Enthüllungen kaum über Erkenntnisse zu diesen Vorgängen verfügt habe.

Zu einer Ausspähung des Internetknotens DE-CIX durch ausländische Geheimdienste sagte der 46jährige, eine hundertprozentige Sicherheit könne es nicht geben. Ein Ausspionieren des DE-CIX, an den weltweit rund 700 Firmen angeschlossen sind, sei aber kaum vorstellbar. Der Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg (CDU) fragte, ob man im verschachtelten System des DE-CIX irgendwo unbemerkt ein Abhörgerät anbringen könne. Dies sei technisch prinzipiell möglich, erläuterte der Zeuge, "doch das würde auffallen, man kann bei uns nicht einfach eine fremde Technik installieren". Und selbst wenn dies gelingen sollte, so müsse zusätzlich noch ein Kabel zur Ausleitung der abgegriffenen Datenströme zum DE-CIX gelegt werden, und das könne nicht unbemerkt geschehen. Landefeld unterstrich, dass beim eco-Internetknoten die Daten in "hochsicheren Rechenzentren"mit einer mehrstufigen Zugangskontrolle lagerten. Ob Geheimdienste die Datenströme mit Hilfe von Trojanern anzapfen könnten, wenn sie sich unter einer Legende beim DE-CIX als normaler Kunde anmeldeten, wollte Sensburg wissen. Auch für diesen Fall "ergreifen wir Gegenmaßnahmen" wie etwa spezielle Kontrollen von Zählerständen bei der Datenübermittlung, sagte Landefeld: "Wir denken uns ständig neue Bedrohungsszenarien aus."

*

2. Neue Grundlage für DIMRG

Menschenrechte/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/AS) Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMRG) erhält eine gesetzliche Grundlage. Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD haben dazu einen Gesetzentwurf (18/4421) eingebracht, der am Freitagmorgen im Plenum debattiert wird. Darin werden im Sinne der Pariser Prinzipien der Vereinten Nationen die Rechtsstellung und die Aufgaben des Instituts geregelt. Das DIMRG war im Jahr 2001 nach einem einstimmigen Beschluss des Bundestags (14/4801) gegründet worden. Das Gesetz gilt als Voraussetzung dafür, dass das DIMRG seinen A-Status beibehalten kann. Dieser Status ermöglicht dem DIMRG unter anderem ein Rederecht bei den Sitzungen des UN-Menschenrechtsrates und gibt darüber Auskunft, wie unabhängig die Beobachtung der Menschenrechte in einem Land erfolgen kann. Die Pariser Prinzipien, die im Jahr 1993 verabschiedet worden waren, empfehlen den Staaten die Errichtung einer Nationalen Menschenrechtsorganisation und stellen dafür verschiedene Kriterien auf. Die Institute erhalten je nach Ausgestaltung einen A-, B- oder C-Status. Er wird vom International Coordinating Commitee (ICC) überwacht und alle fünf Jahre in einem Akkreditierungsverfahren überprüft.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass das DIMRG den Status eines eingetragenen Vereins erhalten soll. Seine Aufgabe ist die Information über die Lage der Menschenrechte im In- und Ausland, wobei das Institut laut Gesetzentwurf auch eine vergleichende Perspektive einnehmen kann. Nach Möglichkeit soll das Menschenrechtsinstitut die Bundesregierung auch bei der Erstellung von Berichten über die Lage der Menschenrechte in Drittstaaten informieren. Einmal jährlich wird es in Zukunft einen Bericht vorlegen, zudem der Bundestag Stellung nehmen soll. Das Kuratorium und die Mitgliederversammlung sollen dabei die Pluralität der verschiedenen Vertreter im Bereich der Menschenrechte wiederspiegeln, die ebenfalls von den Pariser Prinzipien gefordert wird. Der Gesetzentwurf sieht ebenfalls vor, dass die Finanzierung des DIMRG in Zukunft nicht mehr aus den Haushalten verschiedener Ministerien erfolgt, sondern durch den Deutschen Bundestag erfolgt.

*

3. Linke will 200.000 geförderte Stellen

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Die Linke macht sich in einem Antrag (18/4449) für ein Programm "für gute öffentlich geförderte Beschäftigung" stark. Sie verweist darin auf die konstant hohe Zahl der Langzeitarbeitslosen, die bisher kaum von der guten wirtschaftlichen Konjunktur profitierten. Es gebe trotzdem zu wenige Arbeitsplätze, Arbeitslose würden zu wenig gefördert und Arbeitgeber würden Langzeitarbeitslosen aufgrund von Vorurteilen oft keine Chance geben, kritisiert die Fraktion. Vor diesem Hintergrund seien die 10.000 Stellen des geplanten Programms "Soziale Teilhabe" unzureichend, heißt es in dem Antrag.

Die Linke fordert dagegen einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor mit 200.000 Stellen für alle Erwerbslosen, die länger als ein Jahr arbeitslos sind. Die Beschäftigung soll sich an den Bedürfnissen der Erwerbslosen und an den regionalen Gegebenheiten ausrichten und bei Bedarf sollen die Beschäftigten auch während der Tätigkeit individuell unterstützt werden. Die neu zu schaffenden Arbeitsplätze sollen voll sozialversicherungspflichtig sein und tariflich, mindestens jedoch nach Mindestlohn bezahlt werden. Sie sollen auf drei bis fünf Jahre begrenzt sein. Außerdem soll es sich um zusätzliche Beschäftigung handeln, die keine Arbeitsplätze verdrängt. Der Bund soll die Grundfinanzierung sicherstellen, indem er Gelder, die derzeit zur Finanzierung der Arbeitslosigkeit verwendet werden, in den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor umleitet. Dazu gehören nach den Vorstellungen der Linken das Arbeitslosengeld II, die Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) sowie die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge. "Diese Gelder der passiven Arbeitsmarktpolitik müssen in Mittel für aktive Arbeitsmarktmaßnahmen umgewandelt werden können", fordert Die Linke.

*

4. Menschenrechtsrat stärken

Menschenrechte/Antrag

Berlin: (hib/AS) Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen soll gestärkt werden. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert die Bundesregierung in einem Antrag (18/4430) auf, sich im Rahmen der Budgetverhandlungen in der VN-Generalversammlung für eine Erhöhung der Mittel für die Menschenrechtsarbeit einzusetzen. Der Beitrag für das Hochkommissariat für Menschenrechte soll nach dem Willen der Grünen ebenfalls erhöht werden.

In ihrer Begründung schreibt die Fraktion, dass der Menschenrechtsrat ein wesentlicher Akteur im Bereich des internationalen Menschenrechtsschutzes sei. Gerade in der Vergangenheit habe der Menschenrechtsrat länderspezifische Resolutionen etwa zu Syrien oder der Ukraine verabschiedet, bei denen der UN-Sicherheitsrat zunächst nicht aktiv geworden sei. Laut seiner Gründungsresolution (A/RES/60/251) hat der Menschenrechtsrat die Aufgabe, Menschenrechte und Grundfreiheiten zu schützen. Er befasst sich mit Menschenrechtsverletzungen und gibt entsprechende Empfehlungen ab. Seit 2012 ist Deutschland zum zweiten Mal Mitglied des Gremiums, dessen Vorsitz im Jahr 2015 der deutsche Botschafter Joachim Rücker übernommen hat.

*

5. Leitfaden zur Teilhabe behinderter Menschen

Arbeit und Soziales/Antwort

Berlin: (hib/JOJ) Im Rahmen der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) erstellt die Bundesregierung derzeit einen Leitfaden zur "konsequenten Einbeziehung der Belange behinderter Menschen in die Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Vorhaben der Ministerien". Das teilt sie in ihrer Antwort (18/4359) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/4178) zum Thema Umsetzung der UN-BRK und Partizipation von Menschen mit Behinderungen mit. Zuständig für den Leitfaden ist das Bundesministerium Arbeit und Soziales, beteiligt werden die Focal Points der Bundesministerien zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und die Schwerbehindertenvertretungen der Bundesministerien.

Künftig solle anhand dieses Leitfadens frühzeitig erkannt werden, welche Auswirkungen für Behinderte im Vergleich zu Menschen ohne Behinderung zu erwarten seien, schreibt die Bundesregierung. Zudem beinhalte der Leitfaden "praktische Hilfen" für die Beteiligung von Behindertenorganisationen. Die von der Linksfraktion vorgeschlagene einheitliche Übersetzung des englischen Wortes "participation" als "Partizipation", lehnt die Bundesregierung ab. Sie versteht den deutschen Begriff Teilhabe als übergeordneten Begriff. Den unterschiedlichen Inhalten der UN-BRK würde der Begriff Partizipation nicht gerecht werden, schreibt die Bundesregierung weiter.

*

6. Grüne fragen nach Lebensleistungsrente

Arbeit und Soziales/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat eine Kleine Anfrage (18/4365) zur solidarischen Lebensleistungsrente gestellt. Eine solche hatten Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag als Mittel zur Verhinderung von Altersarmut vereinbart. Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung nun unter anderem wissen, wann diese Rente umgesetzt werden soll, welche Ziele sie verfolgt und an welche Bedingungen sie geknüpft ist.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 171 - 26. März 2015 - 16.20 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. März 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang