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BUNDESTAG/4991: Heute im Bundestag Nr. 192 - 16.04.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 192
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 16. April 2015, Redaktionsschluss: 14.00 Uhr

1. Neuer Grünen-Vorstoß zu Staatsangehörigkeit
2. Projektförderung zum Thema Asyl begehrt
3. Programm zur kulturellen Bildung
4. Bilanz zum Afghanistan-Einsatz


1. Neuer Grünen-Vorstoß zu Staatsangehörigkeit

Inneres/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dringt auf eine "Verwirklichung des Geburtsrechts im Staatsangehörigkeitsrecht". Nach einem Gesetzentwurf der Fraktion (18/4612), der am Donnerstag kommender Woche erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, soll ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit durch die Geburt im Inland erwerben, "wenn ein Elternteil rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat". Zugleich soll die sogenannte Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsrecht abgeschafft werden.

In der Begründung verweist die Fraktion darauf, dass ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit bislang nur dann durch Geburt in der Bundesrepublik erwerbe, wenn mindestens ein Elternteil ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt und seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Außerdem gelte "grundsätzlich - wenn auch inzwischen eingeschränkt - die Optionspflicht, nach der sich ein Deutscher mit ausländischen Eltern bis zum 23. Lebensjahr zwischen seiner deutschen und seiner anderen Staatsangehörigkeit entscheiden muss".

Weiter argumentieren die Abgeordneten, dass das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht auch nach der Reform von 1999 maßgeblich von dem Abstammungsprinzip geprägt sei, das den Erwerb der Staatsangehörigkeit grundsätzlich an die Staatsangehörigkeit der Eltern knüpft. "Da im Zuge der Globalisierung Menschen immer mobiler werden, deutsche Staatsangehörige mithin Deutschland verlassen und Angehörige anderer Staaten nach Deutschland einwandern, führt das Abstammungsprinzip zu einer zunehmenden Divergenz zwischen der Bevölkerung, die dauerhaft in Deutschland lebt und der deutschen Staatsgewalt unterworfen ist, und dem wahlberechtigten Staatsvolk, von dem sich die demokratische Legitimität der Staatsgewalt ableitet", heißt es in der Vorlage. Mit der angestrebten Neuregelung solle dem demokratischen Prinzip Rechnung getragen werden, "das eine Kongruenz zwischen den Inhabern politischer Herrschaft und den dauerhaft einer Herrschaft Unterworfenen anstrebt". Die Verwirklichung des Geburtsrechts im Staatsangehörigkeitsrecht stehe zudem "im Einklang mit der allgemein anerkannten Praxis in etlichen anderen Staaten, etwa den Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada".

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2. Projektförderung zum Thema Asyl begehrt

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/PK) Die Projektanträge zum Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der Europäischen Union sind nach Angaben der Bundesregierung in allen drei Schwerpunkten deutlich überzeichnet. Insgesamt wurde eine Fördersumme in Höhe von rund 75,4 Millionen Euro beantragt, wie die Regierung in ihrer Antwort (18/4540) auf eine Kleine Anfrage (18/4326) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schreibt.

Auf den Schwerpunkt "Asyl" entfallen demnach rund 33,5 Millionen Euro beantragte Mittel, auf den Schwerpunk "Integration/legale Zuwanderung" rund 34,5 Millionen Euro und auf den Punkt "Rückkehr" rund 7,4 Millionen Euro. Die Ausschreibungssummen liegen mit rund 8,3 Millionen Euro (Asyl), rund 8,9 Millionen Euro (Integration) und rund 5,8 Millionen Euro (Rückkehr) jeweils deutlich darunter.

Die Europäische Kommission habe das nationale Förderprogramm Deutschlands am 19. März 2015 genehmigt. Wie die Regierung weiter schreibt, hat nach Einschätzung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bereits eine Reihe von Projekten begonnen. Die Verteilung der Fördermittel auf die drei Schwerpunkte sei festgeschrieben. Eine Umschichtung wegen Überzeichnung sei in den Regularien nicht vorgesehen.

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3. Programm zur kulturellen Bildung

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antwort

Berlin: (hib/ROL) Das Programm "Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung", das es seit Anfang 2013 gibt, hat sich trotz anfänglicher Startschwierigkeiten gut entwickelt. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (18/4569) auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/4319) hervor. Das Programm, mit dem das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) außerschulische Maßnahmen der kulturellen Bildung für bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche fördert, wird von Verbänden und Initiativen umgesetzt. Die Maßnahmen würden im Rahmen von Bündnissen für Bildung mit mindestens drei lokalen Partnern durchgeführt.

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4. Bilanz zum Afghanistan-Einsatz

Auswärtiges/Antwort auf Große Anfrage

Berlin: (hib/AHE) Von Dezember 2001 bis Mitte 2014 haben Bundeswehrsoldaten insgesamt 132.573 Einsätze im Rahmen von ISAF (International Security Assistance Force) in Afghanistan geleistet. Dabei waren die 30.140 mehrfach in Afghanistan eingesetzten Soldaten im Durchschnitt etwa dreimal eingesetzt, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/4168) auf eine Große Anfrage der Fraktion Die Linke (18/2144) mit dem Titel "Krieg in Afghanistan - Eine Bilanz". Die einsatzbedingten Zusatzkosten - für Personal, Material, Infrastruktur und den deutschen Beitrag zu den gemeinsamen Nato-Kosten - beziffert die Bundesregierung für diesen Zeitraum auf rund 8,41 Milliarden Euro. Darüber hinaus habe der deutsche Beitrag zu den Nato-Infrastrukturmaßnahmen für ISAF im Rahmen des Nato-Sicherheits- und Investitionsprogramms bis einschließlich 2013 rund 289 Millionen Euro betragen.

Die Gesamtsumme der zwischen 2002 bis 2012 von Deutschland in Afghanistan investierten Mittel der Entwicklungszusammenarbeit belaufe sich auf 2,8 Milliarden Euro. Hinzu kämen insgesamt rund 290 Millionen Euro für Maßnahmen der humanitären Hilfe. Diese Summe umfasse Hilfen sowohl in Afghanistan als auch in Iran und Pakistan zur Unterstützung von durch diesen Konflikt betroffenen Menschen. Enthalten seien dabei auch Mittel in Höhe von rund 57 Millionen Euro für Maßnahmen des humanitären Minen- und Kampfmittelräumens, einschließlich Opferfürsorge, heißt es in der Antwort weiter. Zusätzlich habe die Bundesregierung für den Stabilitätspakt Afghanistan zwischen 2008 bis 2013 rund 873 Millionen Euro bereitgestellt. "Aktuelle Planzahlen für die Jahre 2014 und 2015 sind jeweils 180 Millionen Euro."

Nach dem Ende des ISAF-Einsatzes lebe der Großteil der afghanischen Bevölkerung in Regionen mit einer mindestens "ausreichend kontrollierbaren" Sicherheitslage, heißt es in der Antwort weiter. Nur in einigen abgelegenen Gebieten sei die Sicherheitslage "überwiegend nicht kontrollierbar", in wenigen lokal sehr begrenzten Gebieten "nicht kontrollierbar". Die Größenordnung der regierungsfeindlichen Kämpfer werde landesweit auf eine "niedrige fünfstellige Zahl" geschätzt. "Die mit Abstand größte Anzahl an Kämpfern ist den verschiedenen Gruppierungen und Netzwerken der Taliban-Bewegung unter ihrem geistigen Führer Mullah Omar zuzuordnen, die landesweit operiert", schreibt die Bundesregierung, die unter anderem auch Angaben zu den deutschen Opfern in Afghanistan macht: Neben den 54 im Einsatz getöteten Bundeswehrsoldaten seien seit 2001 drei entsandte Angehörige der deutschen Botschaft, ein ziviler Experte der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), ein Berater der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) "sowie rund zwanzig deutsche Staatsangehörige, die aus beruflichen, touristischen oder anderen Gründen nach Afghanistan gereist waren, in Afghanistan von Dritten getötet worden".

Die Bundesregierung geht in ihrer Antwort auf eine Reihe von Entwicklungsindikatoren ein und gibt - bei allen nach wie vor großen Problemen in der afghanischen Gesellschaft - dabei auch vorsichtig optimistische Einschätzungen: So liege laut Weltgesundheitsorganisation WHO die durchschnittliche Lebenserwartung in Afghanistan von Männern bei 58 Jahren und von Frauen bei 61 Jahren (Stand: 2012) - demgegenüber habe die durchschnittliche Lebenswartung im Jahre 2000 noch bei 45 Jahren gelegen. Nach WHO-Angaben hätten 57 Prozent der afghanischen Bevölkerung heute Zugang zu medizinischer Versorgung, laut afghanischem Gesundheitsministerium lag der Anteil 2002 noch bei neun Prozent. Nach afghanischen Angaben seien zudem aktuell 8,2 Millionen Kinder eingeschult, davon 3,3 Millionen Mädchen, was einer Quote von rund 40 Prozent entspreche. Im Jahr 2001 habe die Zahl der eingeschulten Kinder (ausschließlich Jungen) bei einer Million gelegen.

Trotz rückläufiger Tendenz bleibe die Zahl der afghanischen Flüchtlinge hoch, schreibt die Bundesregierung. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks UNHCR seien seit 2002 zwischen 4,7 und 5,7 Millionen Flüchtlinge freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt. Derzeit lebten noch etwa 1,7 Millionen registrierte Flüchtlinge in Pakistan und etwa eine Million registrierte Flüchtlinge im Iran. Hinzu kämen etwa 630.000 Binnenflüchtlinge innerhalb Afghanistans.

Neben den großen ökonomischen Herausforderungen für Afghanistan, die unter anderem im Zusammenhang mit Rechtsunsicherheit, weit verbreiteter Korruption und unzureichender Infrastruktur im Zusammenhang stehen würden, ist laut Antwort der Anbau von Opium nach wie vor ein großes Problem. So seien nach den Daten des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) im Jahr 2013 auf einer Fläche von etwa 209.000 Hektar Schlafmohn angebaut worden, der Ertrag habe bei rund 5.500 Tonnen Opium gelegen. Für das Jahr 2012 schätze UNODC den Gesamtwert der Opiumindustrie auf 14 Prozent des afghanischen Bruttoinlandsproduktes. Für das Jahr 2002 werde geschätzt, dass der Exportwert des Opiums 120 Prozent des Gesamtexports Afghanistans ausgemacht habe, 2008 seien es 178 Prozent und 2012 noch 67 Prozent gewesen. UNODC selbst mahne allerdings zur Vorsicht bei den eigenen Statistiken zu diesem Thema, weil die Erhebung der Zahlen sowie die Berechnung mit vielen Unsicherheiten verbunden seien.

Die Debatte zur Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Linksfraktion steht kommenden Donnerstag, 23. April, auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 192 - 16. April 2015 - 14.00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. April 2015

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